Europa

Streit zwischen Griechenland und der Türkei: Außenminister Maas warnt vor Katastrophe

Seit Wochen eskaliert der Streit zwischen Griechenland und der Türkei um Seegebiete im Mittelmeer. Deutschland startet einen neuen Vermittlungsversuch. Außenminister Heiko Maas bekommt dabei zu spüren, wie tief und scheinbar unüberbrückbar die Gräben sind.
Streit zwischen Griechenland und der Türkei: Außenminister Maas warnt vor KatastropheQuelle: www.globallookpress.com © Felix Zahn / photothek.net via www.imago-images.de

Im Streit zwischen Griechenland und der Türkei um Seegebiete im Mittelmeer bleiben die Fronten auch nach einer Vermittlungsreise von Außenminister Heiko Maas verhärtet. Nach Gesprächen des SPD-Politikers in Athen und Ankara zeigten sich beide Seiten am Dienstag zwar grundsätzlich zum Dialog bereit, signalisierten aber kein konkretes Entgegenkommen. Stattdessen waren die öffentlichen Äußerungen der Außenminister Nikos Dendias und Mevlüt Çavuşoğlu von gegenseitigen Schuldzuweisungen geprägt.

Maas: Jeder noch so kleine Zündfunke kann zu einer Katastrophe führen

Der deutsche Außenminister Heiko Maas rief die beiden NATO-Partner eindringlich zu Kompromissen auf: 

Die Situation ist hoch riskant. Wer sich immer näher auf den Abgrund zubewegt, der kann irgendwann dann auch hinunterfallen.

Es seien nun dringend sichtbare Schritte zur Deeskalation notwendig. Die Lage im östlichen Mittelmeer habe sich zu einem Spiel mit dem Feuer entwickelt. "Jeder noch so kleine Zündfunke kann zu einer Katastrophe führen", so Maas.

Der Streit hatte sich an türkischen Erdgaserkundungen vor griechischen Inseln im östlichen Mittelmeer entzündet. Dort sucht derzeit das türkische Forschungsschiff Oruç Reis begleitet von Kriegsschiffen nach Gas. Ankara argumentiert, dass das Gebiet zum Festlandsockel der Türkei gehöre. Der Türkei sind aber die griechischen Inseln Rhodos und Kastelorizo vorgelagert, weshalb Griechenland das Seegebiet für sich beansprucht. Einen ähnlichen Konflikt gibt es um die Insel Zypern, vor deren Küste bereits große Erdgasvorkommen entdeckt wurden.

Griechischer Außenminister Dendias: Türkei  betreibt im Mittelmeer grenzenlosen Expansionismus

Der griechische Außenminister Dendias forderte nach seinem Gespräch mit Maas Sanktionen der Europäischen Union gegen die Türkei. Diese vertrete eine "neo-osmanische Ideologie" und betreibe im Mittelmeer "grenzenlosen Expansionismus", so Dendias. Griechenland werde seine Grenzen schützen, die auch die Grenzen der EU seien. Athen sei zwar zum Dialog bereit, aber nur unter der Bedingung, dass die Bedrohung durch die Türkei beendet werde.

Maas traf in Athen auch Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis. Man müsse nun zu einer verbindlichen und friedlichen Lösung der Streitfragen kommen, sagte er anschließend. Das sei nur durch ernsthafte und lösungsorientierte Gespräche zu erreichen. Dazu müssten aber zunächst alle destruktiven Aktionen beendet und Provokationen unterlassen werden.

Die Türkei wiederum machte Griechenland für das Scheitern der vorherigen Vermittlungsversuche verantwortlich. Çavuşoğlu warnte Athen:

Wenn Ihr einen falschen Schritt macht, dann werden wir diesmal ohne Bedenken tun, was nötig ist.

Die Türkei sei grundsätzlich zu Gesprächen bereit, aber nicht, wenn die andere Seite Vorbedingungen oder Maximalforderungen stelle. 

Der Streit gilt als extrem gefährlich. Selbst eine militärische Auseinandersetzung zwischen den beiden NATO-Bündnispartnern scheint möglich. Es kam bereits zu einem Zusammenstoß zwischen einem türkischen und einem griechischen Kriegsschiff. Die Lage war auch am Dienstag angespannt. Beide Seiten hielten Marinemanöver ab.

Verhaltene Sanktionen der EU – Furcht vor Auswirkungen auf die Zusammenarbeit in der Flüchtlingspolitik

Die Bundesregierung versucht seit Wochen, in dem Streit zu vermitteln. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) telefonierte mehrfach mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan und dem griechischen Staatschef Kyriakos Mitsotakis. Die Fortsetzung der gegenseitigen Provokationen konnte sie aber nicht verhindern. Zuletzt schloss Griechenland ein Abkommen mit Ägypten über Seegebietsgrenzen, was dazu führte, dass die Türkei auf den eigentlich schon geplanten Abzug ihres Forschungsschiffes verzichtete.

Das Verhältnis zur Türkei wird auch ein Thema bei einem Treffen der EU-Außenminister am Donnerstag und Freitag in Berlin sein. Die EU befindet sich in dem Konflikt in einer schwierigen Situation. Auf der einen Seite will sie Griechenland und dem ebenfalls betroffenen EU-Mitglied Zypern Beistand leisten. Auf der anderen Seite befürchten etliche Mitgliedsstaaten negative Auswirkungen auf die Zusammenarbeit in der Flüchtlingspolitik. Die EU ist bei der Eindämmung der illegalen Migration auf die Zusammenarbeit mit Ankara angewiesen.

Bislang reagierte die EU daher nur mit verhaltenen Sanktionen. Denkbar wären schärfere Maßnahmen. So könnte man zum Beispiel die Zollunion mit der Türkei auszusetzen. Maßnahmen dieser Art dürften aber nur offen diskutiert werden, falls keine der Vermittlungsbemühungen fruchten. Im Dialog könnten sich beide Seiten auf eine Festlegung von Seegebietsgrenzen verständigen oder auf eine Beilegung des Streits etwa vor dem Internationalen Gerichtshof.

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(dpa/rt)

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