Swetlana Tichanowskaja bittet EU um Nichtanerkennung der Präsidentschaftswahl in Weißrussland
Vor dem EU-Gipfel zur Situation in Weißrussland hat sich die frühere oppositionelle Präsidentschaftskandidatin Swetlana Tichanowskaja in einer Videobotschaft an die EU-Politiker gewandt. Auf Englisch rief sie die Staats- und Regierungschefs auf, die Ergebnisse der Präsidentschaftswahl vom 9. August nicht anzuerkennen:
Menschen, die in ihren Städten in ganz Weißrussland auf die Straße gingen, um ihre Wahl zu verteidigen, wurden vom Regime, das sich verzweifelt an die Macht klammert, brutal verprügelt, festgenommen und gefoltert. Hunderte wurden verletzt. Mindestens zwei Menschen kamen ums Leben. Das passiert jetzt mitten in Europa.
Хуанита Тихановская на английском языке😂 Это лютый позор. Лучше бы молчала. pic.twitter.com/2IPFk2EyhE
— Нетолерантный немец (@netoll_nemez) August 19, 2020
Tichanowskaja zufolge habe der amtierende Präsident Alexander Lukaschenko in den Augen des Volkes und der Welt jede Legitimität eingebüßt. Zwecks einer friedlichen Machtübergabe im Land habe sie den sogenannten Nationalen Koordinierungsrat von Belarus geschaffen, der unter anderem eine Neuwahl mit internationalen Beobachtern organisieren soll. Anschließend rief die Politikerin die Staats- und Regierungschefs der EU auf, das Aufwachen von Belarus zu unterstützen und zugleich die Souveränität des Landes und die Wahl des Volkes zu respektieren.
Zuvor hatte die EU wegen der Vorwürfe der Wahlfälschung in Weißrussland und nach der Polizeigewalt gegen Demonstranten Sanktionen gegen die Regierung von Lukaschenko auf den Weg gebracht. Die baltischen EU-Mitgliedsstaaten Estland, Lettland und Litauen riefen zu einer Neuwahl in der Republik Belarus auf.
Derzeit befindet sich Tichanowskaja in Litauen. Der Nationale Koordinierungsrat von Belarus zählt 70 Mitglieder, darunter oppositionelle Politiker, Künstler und Menschenrechtler. Präsident Lukaschenko hat die Gründung des Komitees am Dienstag scharf kritisiert. Ihm zufolge sei dies ein Versuch, die Macht im Land an sich zu reißen.
Proteste hatten in Weißrussland nach den Präsidentschaftswahlen am 9. August begonnen. Nach Angaben der Zentralen Wahlkommission in Minsk gewann der amtierende Staatschef Alexander Lukaschenko die Wahl mit 80,1 Prozent der Stimmen. Seine wichtigste Rivalin Swetlana Tichanowskaja konnte 10,12 Prozent der Stimmen auf sich vereinen, die weißrussische Opposition erkannte das Wahlergebnis jedoch nicht an. Die Polizei ging gegen Protestler mit Tränengas, Gummigeschossen und Blendgranaten vor. Nach Angaben des Innenministeriums wurden fast 7.000 Teilnehmer der nicht genehmigten Protestaktionen festgenommen. Hunderte Menschen, darunter 121 Sicherheitskräfte, erlitten dabei Verletzungen. In mehr als 90 Strafsachen wird ermittelt.
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