Auswärtiges Amt zur Kosovo-Armee: "Erkennen Recht zur Schaffung regulärer Streitkräfte an"
Ende 2018 gab das kosovarische Parlament grünes Licht für die Umwandlung der bisher für Katastrophenfälle vorgesehenen und leicht bewaffneten Kosovo-Sicherheitskräfte (KSF – Forca e Sigurisë së Kosovës) in reguläre Streitkräfte. Seither wird regional aber auch international kontrovers über die Bildung der sogenannten Kosovo-Armee gestritten.
Gleichzeitig mehren sich aktuell Berichte, wonach die Bundesregierung der Lieferung militärischer Güter zugestimmt habe. Letzteres brachte in Serbien das Fass zum Überlaufen. Der serbische Verteidigungsminister Aleksandar Vulin sprach angesichts mutmaßlicher deutscher Waffenlieferungen von einer Verletzung des Völkerrechtsrechts und der Bewaffnung albanischer "Terroristen".
Damit bezieht sich Vulin auf die Resolution 1244 des UN-Sicherheitsrats aus dem Jahr 1999, wonach auch die Bildung einer Kosovo-Armee nicht zulässig sei.
Die Bewaffnung des Militärs, die es laut Resolution 1244 nicht geben darf, ist eine Verletzung des Völkerrechts, die das deutsche Recht mit Füßen tritt, aber sie ist auch eine Botschaft an Serbien. (...) Den [albanischen] Shqiptar-Terroristen, deren Anführer in Den Haag wegen Kriegsverbrechen angeklagt wurden, Waffen zu geben und auf Frieden und Stabilität in der Region zu hoffen, ist entweder Heuchelei oder Wahnsinn", erklärte Vulin laut dem serbischen Verteidigungsministerium.
Auf der Bundespressekonferenz vom 29.07. griff RT-Redakteur Kani Tuyala die Debatte auf und bat um Stellungnahmen der Bundesregierung zur Bildung der Kosovo-Armee und zur mutmaßlichen Lieferung deutscher Waffen an das Kosovo. Offensichtlich wurden die Regierungssprecher allesamt auf dem falschen Fuß erwischt, denn zu beiden Fragen, wollte man die Antworten "nachreichen".
Und tatsächlich wurde diesmal nachgereicht – allerdings nur zur Frage der "Kosovo-Armee". Dennoch liefert die Stellungnahme des Auswärtigen Amts aufschlussreiche Einblicke in das regionale Selbstverständnis der Bundesrepublik. So erkenne man Kosovo nicht nur als unabhängigen Staat an, sondern räume diesem auch das Recht auf eigene Streitkräfte ein.
Die Bundesregierung hat Kosovo als unabhängigen Staat anerkannt. Auch das Recht der Republik Kosovo auf Schaffung regulärer Streitkräfte im Einklang mit den Bestimmungen der kosovarischen Verfassung wird von der Bundesregierung grundsätzlich anerkannt", heißt es zu Beginn im Nachtrag des Auswärtigen Amts.
Anlass zur Sorge sei das jedoch keineswegs, denn die Kosovo-Truppe werde sich immerhin aus sämtlichen Bevölkerungsteilen – also auch dem serbischen – zusammensetzen. Zudem würde die zu schaffende Armee einen "defensiven" Charakter erhalten.
Die in der kosovarischen Verfassung festgeschriebene multiethnische Zusammensetzung der Kosovo Security Force (KSF) ist gewährleistet. Die vollständige Umwandlung und Befähigung der KSF zur Aufgabenerfüllung defensiv ausgerichteter Streitkräfte soll am Ende eines längerfristigen Transitionsprozesses stehen", heißt es weiter.
Der serbische Präsident Aleksandar Vučić sah das zuletzt jedoch gänzlich anders. Eine Kosovo-Armee und die mutmaßliche Lieferung deutscher Waffen kommen ihm einem Spiel mit dem Feuer gleich, dem nur mit zusätzlicher, eigener Feuerkraft begegnet werden könne. So habe Serbien nun "bestimmte Initiativen" ergriffen, um zusätzliche Kampfflugzeuge zu erwerben. Zudem beschuldigte Vučić die USA und andere westliche Staaten, Serbiens NATO-Nachbarn und seine abtrünnige ehemalige Provinz Kosovo zu bewaffnen.
Die Amerikaner, Türken und Deutschen kümmern sich um ihr geliebtes Kind", erklärte Vučić mit Bezug auf das Kosovo.
Im Gespräch für die Lieferung zusätzlicher Waffensysteme nach Belgrad sollen China, Russland, aber auch die USA sein. Über die nun wieder zunehmenden regionalen Spannungen ist man sich nach eigener Aussage auch im Hause von Bundesaußenminister Heiko Maas bewusst.
Gleichwohl ist sich die Bundesregierung bewusst, dass die im Januar 2019 in Kraft getretenen Gesetze zur Transition der KSF zu Spannungen mit Serbien geführt haben. Auch deswegen hat die Bundesregierung immer deutlich gemacht, dass eine Weiterentwicklung der KSF nicht übereilt, sondern in einem inklusiven Prozess unter Einbeziehung der kosovo-serbischen Minderheit und in enger Konsultation mit Partnern, vor allem der NATO erfolgen sollte", beschwichtigt man im Auswärtigen Amt.
Anstoß nimmt Belgrad vor allem an der erwähnten mutmaßlichen Verletzung der UN-Resolution 1244 durch den Aufbau kosovarischer Streitkräfte. Seit dem 12. Juni 1999 steht das Kosovo aufgrund der entsprechenden Resolution des Sicherheitsrates unter der Verwaltung der UN. Zudem wurde durch diese der internationalen Kosovo-Friedenstruppe KFOR vor Ort das Mandat zur Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung übertragen.
Die Resolution des UN-Sicherheitsrats verpflichtet alle UN-Mitgliedsstaaten zur Wahrung der "Souveränität und Integrität der Bundesrepublik Jugoslawien" – deren Rechtsnachfolger Serbien ist.
Zur Resolution und deren Bedeutung für die Bildung einer Kosovo-Armee hat das Auswärtige Amt jedoch eine unmissverständliche Position, zählte die Bundesregierung doch zu den Ländern, die das Kosovo nach dessen einseitiger Ausrufung der Unabhängigkeit umgehend anerkannten.
Die KSF-Transition steht nicht im Widerspruch zur VN-Resolution 1244. Diese enthält zwar keine explizite Regelung zur Ausgestaltung (zukünftiger) bewaffneter Kräfte in Kosovo, widerspricht deren Errichtung aber auch nicht. Der Internationale Gerichtshof hat zudem in einem Gutachten vom 22.07.2010 festgestellt, dass die einseitige Unabhängigkeitserklärung des Kosovo im Jahr 2008 nicht im Widerspruch zum Völkerrecht steht und damit auch nicht gegen die VN-Resolution 1244 verstößt", weiß man im Auswärtigen Amt.
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Beim Internationalen Gerichtshof (IGH) handelt es sich um das Hauptrechtsorgan der Vereinten Nationen. Bei der Verlesung des Rechtsgutachtens erklärte der damalige IGH-Präsident Hisashi Owada:
Die Erklärung [der kosovarischen Unabhängigkeit, Anm. d. Red.] vom 17. Februar 2008 hat das allgemeine internationale Recht nicht verletzt.
Dies liege schlicht und ergreifend daran, dass das "internationale Recht" kein "Verbot von Unabhängigkeitserklärungen" kenne, fügte Owada hinzu.
Während sich Pristina also auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker für die Unabhängigkeit Kosovos beruft, besteht Belgrad auf der Unverletzlichkeit seiner Staatsgrenzen und erkannte die selbsterklärte Unabhängigkeit des Kosovo daher bis heute nicht an.
Es ist sicherlich kein Zufall, dass etwa Länder wie Spanien Kosovo bis heute nicht als unabhängig anerkennen, müsste Madrid doch befürchten, damit separatistischen Bestrebungen in den eigenen Ländergrenzen auftrieb zu geben. Bis heute ist die sogenannte Internationale Gemeinschaft, aber auch die Europäische Union in der Frage eines unabhängigen Kosovo gespalten.
Nach offiziellem Verständnis versteht sich die Bundesregierung als "Vermittler" zwischen Serben und Kosovaren, mit dem Ziel, den "Dialog" zu fördern.
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