Europa

"Fuchs im Hühnerstall" – Ausgerechnet BlackRock soll EU-Kommission bei Umweltfragen beraten

Just einer der weltweit größten Investoren in Banken und Unternehmen für fossile Brennstoffe wurde von der EU damit beauftragt, an möglichen neuen Umweltvorschriften für Banken mitzuarbeiten. Die Entscheidung sorgt wenig überraschend bei vielen für Unverständnis.
"Fuchs im Hühnerstall" – Ausgerechnet BlackRock soll EU-Kommission bei Umweltfragen beratenQuelle: Reuters © Lucas Jackson

Die EU-Kommission erklärte diese Woche, BlackRock habe mit seiner Bewerbung um den Auftrag acht andere Mitbewerber aus dem Feld geschlagen. Bei dem Auftrag handelt es sich konkret um eine Studie, die klären soll, wie die EU Umwelt-, Sozial- und Governance-Faktoren (ESG) am besten in die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) integriert werden können.

BlackRock ist der weltweit größte Investmentmanager mit einem verwalteten Vermögen von rund 6,4 Billionen Euro. Eine Untersuchung der unabhängigen Analyseorganisation InfluenceMap für die britische Tageszeitung Guardian ergab, dass BlackRock noch im Oktober 2019 Aktien von Unternehmen für fossile Brennstoffe im Wert von knapp 80 Milliarden Euro kontrollierte, die 3,27 Milliarden Barrel an Reserven an fossilen Brennstoffen besaßen.

BlackRock ist somit ein Top-Drei-Investor in allen acht der größten Ölfirmen der Welt und ein Top-10-Investor in den 12 systemisch wichtigsten Banken der Welt. Kein Wunder, dass die Entscheidung der EU-Kommission auf wenig Gegenliebe stößt. Katrin Ganswindt, eine Klima- und Energieaktivistin bei Urgewald, einer gemeinnützigen Umwelt- und Menschenrechtsorganisation, sagte gegenüber dem Guardian zu der Entscheidung:

BlackRock zum Berater der Europäischen Kommission für Umwelt-, Sozial- und Governance-Faktoren zu ernennen, scheint ein bisschen so, als würde man den Fuchs den Hühnerstall bewachen lassen. Abgesehen davon, dass sie der weltweit größte Investor in fossile Brennstoffe sind, gehören sie auch zu den führenden globalen Finanziers der Waffenindustrie.

Interessenkonflikt? Welcher Interessenkonflikt?

Und sie ergänzte: "Wir sind verblüfft, warum die Europäische Kommission nicht dachte, dass es bei dieser Wahl zu einem massiven Interessenkonflikt kommen würde." Die EU-Kommission lässt sich laut dem Guardian die Studie rund 550.000 Euro kosten. Ausführen soll den Auftrag die von BlackRock 2008 gegründete Financial Markets Advisory (FMA).

Die Entscheidungen der europäischen Bankenaufsichtsbehörden zu ESG-Fragen könnten jedoch erhebliche finanzielle Auswirkungen auf die Unternehmen haben, deren Aktien BlackRock hält. Beispielsweise könnte eine Lockerung der Beschränkungen für Bankkredite an Unternehmen, die schärfere Umweltauflagen ignorieren, sowohl den Ölgesellschaften als auch den Kreditgebern zugutekommen. BlackRock selbst wurde immer wieder kritisiert, weil das Unternehmen Fortschritte in Umweltfragen blockierte.

Eine Analyse des Guardian auf Basis von Daten der globalen Beratungsfirma Proxy Insight ergab, dass BlackRock 82 Prozent der klimabezogenen Aktionärsanträge bei den Unternehmen, deren Aktien es zwischen 2015 und 2019 verwaltete, ablehnte oder sich der Stimme enthielt. Im Januar 2020 kündigte BlackRock jedoch an, sich von Unternehmen zu trennen, die 25 Prozent oder mehr ihrer Einnahmen aus Kohle erzielten, und versprach, sein Stimmrecht zu nutzen, um Unternehmen zur Offenlegung von Klimarisiken zu zwingen.

Ein Sprecher der EU-Kommission sagte, der Auftrag sei "in vollständiger und strikter Übereinstimmung mit den geltenden EU-Vergabevorschriften vergeben worden, einschließlich der Vorschriften über die Eignung von Bietern und die Vermeidung potenzieller Interessenkonflikte".

EU-Kommission sieht kein Problem

Das Angebot von BlackRock sei besser als das der Konkurrenten und werde nur einen Beitrag zur politischen Entscheidungsfindung der EU darstellen, fügte der Sprecher hinzu. Ein Sprecher von BlackRock sagte, sein FMA-Arm funktioniere getrennt von der Investment-Management-Einheit:

Wir fühlen uns geehrt, dass BlackRock Financial Markets Advisory ausgewählt wurde, eine Analyse durchzuführen, um den Aktionsplan der Europäischen Kommission zur nachhaltigen Finanzierung zu informieren, wobei wir unser Fachwissen und unsere Fähigkeiten bei der Beratung von Kunden des öffentlichen Sektors zu strukturellen Trends, einschließlich des Übergangs zu einer kohlenstoffarmen Zukunft, einsetzen.

Doch bei den Kritikern überwiegt weiterhin die Skepsis. Die in Brüssel ansässige Organisation Finance Watch, "verurteilte" die "Inkohärenz" der Entscheidung. Es gebe einen "offensichtlichen Interessenkonflikt", so die gemeinnützige Organisation, wenn der größte Vermögensverwalter der Welt Empfehlungen zu einem Geschäftsfeld abgebe, auf dem er selber tätig sei.

Zudem schade die Auswahl von BlackRock den Bemühungen der EU, ein nachhaltiges Finanzwesen zu schaffen. Laut der Organisation zähle BlackRock zu den härtesten Kritikern des EU-Ansatzes zu nachhaltigen Finanzen sowie zu der neuen EU-Taxonomie. Die EU will bald über ein gemeinsames Klassifikationssystem verfügen, das Anreize für private Investitionen in nachhaltiges Wachstum bietet und zu einer klimaneutralen Wirtschaft beiträgt.

Der Finance-Watch-Geschäftsführer Benoît Lallemand sagte, dass BlackRock "ganz klar Richter in eigener Sache bei diesem Thema" sei, und forderte die EU auf, die Entscheidung zurückzunehmen.

Damit hat die in Sachen "Berateraffären" schon in Deutschland stark gebeutelte neue EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen nun auch eine "Berateraffäre" im europäischen Ausmaß. Auch wenn die Vorwürfe in diesem Fall andere sind.

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