Europa

Italien greift EU-Kommission an: EU braucht neuen "Marshallplan" gegen Corona-Krise

Die Corona-Krise führt in der EU zunehmend zu Streit über die richtigen wirtschaftlichen Maßnahmen. Während einige Länder Südeuropas, allen voran Italien, auf energischere Mittel drängen, verteidigt die deutsche EU-Kommissionspräsidentin einen konservativen Kurs.
Italien greift EU-Kommission an: EU braucht neuen "Marshallplan" gegen Corona-KriseQuelle: www.globallookpress.com © Daniel Kalker/dpa

Zwischen Italiens Wirtschaftsminister Roberto Gualtieri und der Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, kam es zum offenen Konflikt, nachdem von der Leyen erklärte, dass die EU nicht plane, "Corona-Anleihen" auszugeben, um den von der Epidemie besonders hart getroffenen Ländern zu helfen.

Die Worte der Kommissionspräsidentin waren ein Fehler, und ich bedaure, dass sie dies gesagt hat", erklärte der italienische Wirtschaftsminister am Samstag auf einer Pressekonferenz und betonte, dass Europa "einen großen Marshallplan" brauche, um seine Wirtschaft am Leben zu erhalten.

Der historische Marshallplan war ein vom damaligen US-Außenminister George C. Marshall angeregtes und von den USA mit mehr als 13 Milliarden Dollar gestartetes Wirtschaftshilfepaket, vordergründig zum Wiederaufbau Westeuropas nach den Verwüstungen des Zweiten Weltkriegs. Italien schlug vor, dass Brüssel sogenannte "Corona-Anleihen" (oder auch "Corona-Bonds") ausgeben sollte. Damit ist ein gemeinsames Schuldeninstrument gemeint, das die wirtschaftlichen Programme im Gefolge der Corona-Pandemie finanzieren soll, weil aufgrund von Quarantänemaßnahmen Unternehmen zur Schließung gezwungen und die europäischen Volkswirtschaften erheblich beeinträchtigt wurden.

In einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur erklärte die EU-Kommissionschefin, dass ihre Institution nicht plane, "Corona-Anleihen" auszugeben. Sie verwies stattdessen auf die Euro-Gruppe (Arbeitsgruppe der Finanz- oder Wirtschaftsminister der Staaten der Eurozone), die den Auftrag habe, "innerhalb von 14 Tagen mit Blick auf den Europäischen Stabilisierungsmechanismus (ESM) mehrere Vorschläge zu erarbeiten, die sie dann den Staats- und Regierungschefs wieder vorlegen muss". Der Ausdruck "Euro-Bonds" sei "eigentlich nur ein Schlagwort", sagte sie. Diese Option wurde auch von Bundeskanzlerin Angela Merkel verworfen, indem sie sagte, dass nur einige EU-Staaten diese Idee befürworten würden.

Diese Worte von der Leyens erregten Aufsehen – nicht nur in Rom, sondern auch im EU-Parlament selbst. Der Vorsitzende des EU-Parlaments David Sassoli bat die Kommissionspräsidentin um eine sofortige Klarstellung ihrer Haltung.

Italien ist derzeit innerhalb der EU am stärksten vom Coronavirus betroffen, mit fast 100.000 bestätigten Infektionsfällen und mehr als 10.000 Todesopfern. Am Samstag stellte Premierminister Giuseppe Conte ein 4,3 Milliarden Euro schweres Konjunkturpaket vor, das den lokalen Behörden und den Bürgern helfen soll, die wirtschaftlichen Folgen der Epidemie zu meistern.

Die Europäische Zentralbank (EZB) wiederum versprach, 750 Milliarden Euro für den Kauf von Anleihen auszugeben. Die Vertreter Italiens und auch Spaniens – das ebenfalls sehr unter der Corona-Krise zu leiden hat – bestanden jedoch darauf, dass ein gemeinsamer Ansatz der EU erforderlich sei.

Dies ist eine Krise, die die gesamte EU betrifft. Wir müssen einen großen Marshallplan für den Wiederaufbau formulieren", sagte Spaniens Premierminister Pedro Sánchez letzte Woche, nachdem der EZB-Plan veröffentlicht worden war.

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