Ressourcenraub in Syrien: Die Vereinigten Staaten als Öldealer für Israel?
von Zlatko Percinic
Syriens Präsident Baschar al-Assad beschuldigte jüngst die USA, Erdöl, das eigentlich seinem Land gehört, zu stehlen und es an die Türkei zu verkaufen. Er stellte fest, dass Washington lediglich die Terrorgruppierungen abgelöst hat, die die syrischen Ölfelder während des Krieges besetzt hielten und sich so durch den illegalen Verkauf größtenteils finanziert haben.
Zur Erinnerung: US-Präsident Donald Trump gab vor einem Jahr überraschenderweise bekannt, dass er sämtliche Truppen aus Syrien abziehen und damit einen Teil seines Wahlversprechens umsetzen werde. Diese Ankündigung sorgte für einen Aufschrei der Entrüstung und führte zum Rücktritt von Verteidigungsminister James Mattis und dem vorzeitigen Ausscheiden des Sonderbeauftragten für die Anti-IS-Allianz Brett McGurk. Auf Druck des Establishments ruderte Trump zurück und meinte dann, dass eine "kleine Friedenstruppe" für einen "unbestimmten Zeitraum" im Land verbleiben werde.
Kurz vor dem türkischen Einmarsch nach Nordsyrien im Oktober zogen die USA ihre Truppen dann doch ab, nur um sie am Ende die Ölfelder der Provinz Deir ez-Zor besetzen zu lassen. Dieser flagrante Verstoß gegen das Völkerrecht wurde vom Westen stillschweigend hingenommen, während Russland wie schon zuvor beim Islamischen Staat (IS) mit Satellitenbildern den Raubzug dokumentierte. Generalmajor Igor Konaschenkow, Sprecher des Verteidigungsministeriums, bezichtigte die USA sogar des "staatlichen Banditentums".
Aber wer hat Trump dazu gebracht, die Ölfelder zu besetzen und an wen verkaufen die USA das gestohlene Öl tatsächlich?
Einen Hinweis auf diese Frage gab der US-Präsident selbst, als er sagte, dass ihn Israel und Jordanien aus unterschiedlichen Gründen dazu drängten, die Truppen nicht aus Syrien abzuziehen. Trump sprach auch offen aus, was bei nahezu allen US-Interventionen stets hinter vorgehaltener Hand als Grund gemunkelt wird:
Ich liebe Öl. Wir werden das Öl behalten.
Das mit dem "Öl behalten" ist allerdings nicht ganz korrekt. Der US-Verteidigungsminister rückte später das Bild zurecht und präzisierte, dass Washington verhindern wolle, dass weder Syrien das eigene Öl fördern und verkaufen kann, noch Russland. Da die Ausbeutung durch US-Konzerne selbst in den Vereinigten Staaten als ein Ding der Unmöglichkeit betrachtet wurde, öffnete es für andere Akteure Möglichkeiten. Akteure wie Mordechai "Moti" Kahana, der als US-israelischer Doppelstaatsbürger hervorragende Kontakte zu den Regierungen beider Länder pflegt.
Kahana gründete erst im Januar 2019 das Unternehmen Global Development Corporation (GDC), das er nach eigenen Angaben als "erstklassigen Energiebroker" bewirbt. Die Adresse von GDC ist dieselbe wie die erst im November 2018 ins Leben gerufene Kahana Farm, wo er eine Art Reiterhof und Rinderzucht in Randolph im Bundesstaat New Jersey betreibt. Sein Vermögen machte er aber zuvor mit dem Verkauf seiner Onlineplattform "Automoti" an den Mietwagenriesen Hertz, worüber man Gebrauchtwagen kaufen und verkaufen konnte. Über Erfahrungen im Energiebereich verfügte Kahana nicht.
Das hinderte ihn aber nicht daran, gleichzeitig mit der Gründung von GDC einen Vertrag mit dem Syrischen Demokratischen Rat (SDC) zu schließen, dem politischen Flügel der kurdischen SDF-Milizen. Laut der Veröffentlichung der libanesischen Zeitung Al-Akhbar datiert der Vertrag auf den 21. Januar 2019, mit welchem die Kurden GDC als exklusiven Broker "in allen Angelegenheiten, die mit dem Verkauf von Öl zusammenhängen, das im Besitz von SDC ist" beauftragt haben.
Das war nur vier Wochen, nachdem Donald Trump angekündigt hatte, sämtliche Truppen aus Syrien abziehen zu wollen. Hätte er seiner Ankündigung auch Taten folgen lassen, wären die Ölfelder die "im Besitz" der Kurden waren, früher oder später zum rechtmäßigen Eigentümer, dem syrischen Staat, zurückgeführt worden.
Als Al-Akhbar die Vertragskopie im Juli veröffentlichte, dementierte der sogenannte Syrische Demokratische Rat die Existenz einer solchen Vereinbarung und warf der Zeitung, die der Hisbollah nahesteht, Fälschung vor. Auch Kahana distanzierte sich umgehend davon, gab aber zu, dass er nicht möchte, "dass dieses Öl den Iran oder das Assad-Regime erreicht." Sein einziges Ziel sei es, dass Syrien "demokratisch, frei und in guter nachbarschaftlicher Beziehung zu Israel lebt."
Vier Monate später revidierte Kahana seine Aussage gegenüber der renommierten Zeitung Los Angeles Times. Plötzlich gab er sich und sein Unternehmen GDC als Vertreter der Kurden in Sachen Ölverkäufe aus und zeigte der Times sogar den Vertrag, den er und die SDC zuvor in Abrede stellten. Das war allerdings, nachdem die USA die Ölfelder besetzten und für die Kurden absicherten.
Während sich Mordechai Kahana als einfacher Geschäftsmann präsentiert, ist er ein ausgebildeter Pilot a.D. und Offizier der israelischen Luftwaffe. In Syrien ist er seit mindestens dem Jahr 2012 aktiv. So organisierte und finanzierte er beispielsweise den berühmt gewordenen "Besuch" des mittlerweile verstorbenen US-Senators John McCain bei "moderaten Rebellen" in Aleppo. Einer davon war der "Kannibalen Dschihadist" Khaled al-Hamad, der sich dabei filmen ließ, wie er das Herz eines syrischen Soldaten aß.
"Moti" war auch der führende Kopf hinter dem Projekt "Caesar". Ein syrischer Überläufer wurde in die USA gebracht, wo er Bilder von angeblich systematischer Folter in den Gefängnissen unter Regierungskontrolle veröffentlichte. Ob Kahana sogar der "Case Officer" (was als Sachbearbeiter oder Führungsoffizier übersetzt werden kann - Anm. d. Red.) ist, von dem Professor David Crane sprach, der "Caesar" in die USA gebracht haben soll, ist nicht belegt. Auf jeden Fall zeigten unabhängige Untersuchungen der 55.000 Bilder, dass es sehr viele Unstimmigkeiten in den Behauptungen rund um die Foltervorwürfe und dem, was man auf den Bildern tatsächlich sieht, gibt.
Nach eigenen Angaben "schmuggelte" er auch die "letzten Juden" aus Aleppo, um sie nach Israel zu bringen. Was er als "schmuggeln" bezeichnet, erwies sich im Nachhinein mehr als eine Art Entführung durch die selben "moderaten Rebellen", die von Kahana dafür beauftragt wurden. Gegenüber AFP und dem Jewish Chronicle machte er unterschiedliche und zum Teil gegensätzliche Aussagen, so dass es den Anschein hat, als ob die jüdischen Familien ihre syrische Heimat gar nicht verlassen wollten. Am Ende wurde dann sogar die Einreise für einen Teil der aus ihrer Heimat verschleppten Juden nach Israel verwehrt, weil die Jewish Agency sie für "nicht genügend jüdisch" hielt.
Was Mordechai Kahana in Syrien anwendet, wurde zuvor im Irak bereits getestet. Als der IS im Juni 2014 die Niniveh Provinz besetzte und damit einen Keil zwischen kurdische Gebiete und irakische Truppen schob, nutzten die Kurden die Gunst der Stunde und übernahmen am 12. Juni die Kontrolle über die Stadt Kirkuk. Mit der Stadt fielen ihnen auch die reichen Ölfelder in die Hände.
Bereits drei Tage später, am 15. Juni 2014, wandte sich Stephen Hadley, der ehemalige Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident George W. Bush, mit einer E-Mail an James Jeffrey, dem heutigen US-Sonderbeauftragen für Syrien. Die Besetzung der Niniveh Provinz durch den IS und die Übernahme Kirkuks durch die Kurden, stellten für ihn eine "interessante Möglichkeit" dar, die sich für die USA ausnutzen ließe.
Zusammen mit Brett McGurk – dem späteren US-Sonderbeauftragten der Anti-IS-Koalition – wollte Hadley sicherstellen, dass die Ölproduktion weiterläuft und über die Kirkuk-Ceyhan-Pipeline zum gleichnamigen türkischen Mittelmeerhafen geliefert wird. Und das obwohl die Pipeline durch Gebiete verläuft, die damals zu einem beachtlichen Teil vom IS kontrolliert wurden. Ein Jahr später meldete Israel, dass rund Dreiviertel des Ölbedarfs durch irakisches Öl – was einem Drittel des illegalen Exports entsprach – über den Hafen Ceyhan gedeckt werden. Zu den weiteren Großabnehmern gehörten Italien, Frankreich und Griechenland.
Ideologisch stehen sich alle Akteure nahe und sind in ihrem Wunsch, die Widerstandsachse Iran-Syrien-Hisbollah zu durchbrechen, vereint. Das Bindeglied spielt dabei die Denkfabrik Washington Institute for Near East Policy (WINEP), wo die Männer als Fellows und Experten auftreten. WINEP ist eigentlich ein Ableger der berüchtigten AIPAC-Lobbyorganisation, wohin sich im Jahr 1985 einige Mitarbeiter gerettet hatten, nachdem AIPAC in einen Spionageskandal für Israel ein Jahr zuvor verwickelt wurde. WINEPs Forschungsdirektor für Nahostpolitik, Patrick Clawson, machte im Jahr 2012 kein Geheimnis daraus, dass es eines "traditionellen" False-Flag-Angriffs bedarf, um einen Krieg gegen den Iran vom Zaun zu brechen.
Es geht natürlich auch ums Geschäft, wenn die USA Ölfelder besetzen oder die schützende Hand über den illegalen Export des "Schwarzen Goldes" legen. Die Reaktion von Brett McGurk nach Trumps Ankündigung, US-Truppen aus Syrien abzuziehen, hätten dessen jahrelange Involvierung in diesem Prozess gefährdet. Im Dezember 2018 musste er über die bevorstehende Vertragsunterzeichnung zwischen Mordechai Kahana und dem sogenannten Syrischen Demokratischen Rat gewusst haben, was dem Rücktritt eine völlig andere Wendung gibt. Wie zuvor im Irak, gibt es deshalb auch hier Grund zur Annahme, dass Israel durch diese illegalen und von den USA unterstützten Ölverkäufe profitiert.
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