Nahost

"Wir wollen keine Zaungäste sein": Kramp-Karrenbauer will europäische Sicherheitszone in Syrien

Taten statt Worte: Als letzte Möglichkeit, den geschwundenen Einfluss in der Region zu sichern, versucht Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer nun, eine Militärallianz in Nordsyrien unter Bundeswehr-Beteiligung zu schmieden.
"Wir wollen keine Zaungäste sein": Kramp-Karrenbauer will europäische Sicherheitszone in SyrienQuelle: www.globallookpress.com

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer will Bündnispartner in der NATO und Konfliktparteien in Nordsyrien für eine international kontrollierte Sicherheitszone gewinnen. Einen entsprechenden Vorschlag habe sie am Montag mit Kanzlerin Angela Merkel abgestimmt und westlichen Verbündeten unterbreitet, sagte die CDU-Vorsitzende der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Sie werde ihren Vorstoß am Rande des Treffens der NATO-Verteidigungsminister in Brüssel am Donnerstag und Freitag mit Amtskollegen besprechen.

Über eine mögliche Beteiligung der Bundeswehr müsse der Bundestag entscheiden. Dies werde das Verteidigungsministerium dann mit der Bundeswehr auch umsetzen, sagte Kramp-Karrenbauer in dem Interview anlässlich ihrer ersten 100 Tage im Amt. Heute schon sei man im Einsatz gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in der Ausbildung wie in der Luftraumüberwachung aktiv.

Wenn die Frage ist, wie wir den Kampf gegen den IS auch weiter fortsetzen, wird das Gegenstand solcher Beratungen sein, sagte sie.

Über die stärke der Militärpräsenz gibt in den Regierungskreisen unterschiedliche Meinungen. Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter hatte sich im Inforadio des RBB für den Aufbau einer humanitären Schutzzone ausgesprochen, die von 30.000 bis 40.000 Soldaten aus EU-Ländern abgesichert werden könnte. Außenminister Heiko Maas (SPD) sagte aber, es sei zu früh für solche Überlegungen. Kramp-Karrenbauer sagte, sie habe Maas per SMS über ihren Vorstoß informiert.

Angesichts der deutschen und europäischen Sicherheitsinteressen "ist ein Impuls und eine politische Initiative von Deutschland ausgehend für einen europäischen Vorstoß in der NATO sinnvoll", sagte die Ministerin. Bisher hätten sich Deutschland und die Europäer zu passiv verhalten, "wie Zaungäste", ergänzte Kramp-Karrenbauer.

Deswegen müssen wir auf Dauer Strukturen schaffen, die zum Beispiel eine freiwillige Rückkehr von Geflüchteten in diese Region auch möglich machen. Dann brauchen wir in dieser Region über die aktuelle Situation hinaus eine Lösung, die für Stabilität und Sicherheit steht. 

Eine Lösung "liegt in der Schaffung einer international kontrollierten Sicherheitszone unter Einbeziehung der Türkei und Russlands, mit dem Ziel, die Lage dort zu deeskalieren", sagte Kramp-Karrenbauer. Diese Lösung müsse deutlich machen, dass die Türkei die Zone in Nordsyrien nicht dauerhaft besetze, was völkerrechtswidrig sei. Zudem müsse man der bestehenden UN-Resolution zu Syrien gerecht werden und das Land als gemeinsames Gebiet erhalten. Es solle keine autonomen Gebiete in Syrien geben.

Ihr Vorschlag habe zudem das Ziel, "den gerade begonnenen Verfassungsprozess nach der UN-Resolution auch wirklich fortsetzen zu können".

Zur Vorbereitung eines geplanten Treffens der Kanzlerin mit ihren Amtskollegen aus Frankreich, Großbritannien sowie der Türkei und Russland zur Lage in Syrien solle der deutsch-französische Verteidigungs- und Sicherheitsrat zu einem außerordentlichen Treffen zusammenkommen. Dazu sollten der Verteidigungs- und Außenminister Großbritanniens eingeladen werden, sagte Kramp-Karrenbauer. "Parallel dazu sollten bilaterale Gespräche mit der Türkei und Russland aufgenommen werden."

Deutschland solle seine Position als nichtständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat nutzen, um auf der Grundlage der bestehenden UN-Resolution die Grundlage für eine international kontrollierte Sicherheitszone zu schaffen, erklärte die Ministerin.

Das Zeitfenster für den Vorschlag ist jetzt günstig, denn in den nächsten Tagen und Wochen wird sich auch die Frage entscheiden, wie eine dauerhafte Lösung für diese Region aussehen sollte. Ich bin der Auffassung, es ist an uns Europäern, hier eine Antwort zu geben.

Kramp-Karrenbauer hatte am Samstag auf dem CSU-Parteitag kritisiert, Deutschland und die Union hätten sich in der Vergangenheit in der Außenpolitik zu sehr zurückgehalten.

Wir sind stark, es kommt auf uns an, und wir müssen irgendwann endlich auch mal eigene politische Antworten geben – und zwar insbesondere als Union", hatte sie in München gesagt.

Am 21. Oktober haben der russische Präsident Wladimir Putin und sein französischer Amtskollege Emmanuel Macron in einem Telefonat die Lage in Syrien besprochen. Nach Informationen der russischen Seite haben sich die beiden Präsidenten für die Respektierung der Souveränität und territorialen Integrität Syrien ausgesprochen. Auch das Voranbringen der innersyrischen Dialogs im Rahmen des Verfassungskomitees sei wichtig.

Die türkische Invasion in den kurdischen Gebieten Nordsyriens hat innerhalb von wenigen Tagen zu massiven Kräfteverschiebungen in der Region geführt. Die USA räumten fluchtartig ihre Militärlager, stattdessen rückten syrische Regierungskräfte mit der russischen Militärpolizei in das Gebiet vor, stellenweise bis zur türkischen Grenze. Angesichts der türkischen Bedrohung zeichnet sich eine Annäherung der kurdischen YPG an die Zentralregierung ab.

Der Vorschlag der deutschen Verteidigungsministerin, über den Kopf der syrischen Regierung hinweg eine NATO-Militärpräsenz im Land zu schaffen, dürfte angesichts dieser Entwicklungen realitätsfern sein.  

(rt deutsch/dpa)

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