Nahost

"Weihnachtsgeschenk an Putin": Trump wegen Truppenabzug aus Syrien unter Beschuss

Donald Trump will die US-Truppen aus Syrien abziehen. Die Entscheidung sorgte für Entrüstung im Washingtoner Establishment. Das nutze nicht nur dem IS, sondern spiele Russland und dem Iran in die Hände. Trump kontert, die USA seien nicht der Polizist des Nahen Ostens.
"Weihnachtsgeschenk an Putin": Trump wegen Truppenabzug aus Syrien unter BeschussQuelle: Reuters © Reuters

Die Entscheidung von Donald Trump, die US-Truppen aus Syrien abzuziehen, stößt in den USA auf heftige Kritik. Am Mittwoch hatte der US-Präsident überraschend den Abzug des US-Militärs aus dem arabischen Land verkündet und diesen damit begründet, dass die Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) besiegt sei. "Wir haben den IS in Syrien besiegt, das war der einzige Grund, während der Trump-Präsidentschaft dort zu sein", twitterte Trump.

Laut dem Weißen Haus wurde mit einem Truppenabzug bereits begonnen. Die USA hätten das "territoriale Kalifat" des IS zerschlagen. Das bedeute aber nicht, dass der Kampf gegen den IS beendet sei, so das Weiße Haus in einer Stellungnahme. Nun beginne aber die nächste Phase dieses Einsatzes. In einer Videobotschaft verteidigte Trump seine Entscheidung:

Wir haben gegen den IS gewonnen. Nun ist es Zeit für unsere Soldaten, nach Hause zu kommen.

Schon im Februar hatte der Präsident erklärt, dass sich die US-Mission in Syrien auf die Zerschlagung des IS beschränke und keinen Regimewechsel beinhalte. Doch Anfang September erfolgte eine Kehrtwende: Wie die Washington Post seinerzeit berichtete, habe Trump einer "neuen Strategie" zugestimmt, den militärischen Einsatz in Syrien "auf unbestimmte Zeit zu verlängern und einen großen diplomatischen Vorstoß einzuleiten, um die amerikanischen Ziele zu erreichen".

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Die völkerrechtswidrige Präsenz der US-Truppen wurde nun nicht mehr in erster Linie mit dem Kampf gegen den IS begründet, sondern mit der Anwesenheit iranischer Kräfte, die auf Seiten der syrischen Armee kämpfen. "Die neue Richtlinie ist, dass wir uns nicht bis zum Ende des Jahres aus Syrien zurückziehen", erklärte der Syrien-Beauftragte James Jeffrey. Die US-Truppen würden bis zu einem Abzug der iranischen Kräfte im Land bleiben.

Kehrtwende von der Kehrtwende

Laut CNN hat Trump vor seiner Entscheidung zum Truppenabzug weder Außenminister Mike Pompeo noch Verteidigungsminister James Mattis einbezogen. Pompeo gilt - neben dem Nationalen Sicherheitsberater John Bolton - als Hardliner, der weiterhin an einem Regime-Change in Syrien festhalten will. Bolton hatte Ende September erklärt, dass die US-Truppen praktisch auf unbegrenzte Zeit in Syrien verbleiben würden, zumindest solange, wie dort iranische Kräfte aktiv sind.

In Syrien sind offiziell rund 2.200 US-Soldaten im Einsatz. Ihr wichtigster Bündnispartner sind die kurdisch dominierten Syrisch-Demokratischen Kräfte (SDF). Diese stehen der in der Türkei aktiven Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) nahe, die ihrerseits sowohl von Ankara und Washington als auch von der EU als Terrororganisation eingestuft wird.

Die Unterstützung der SDF und der dort organisierten Kurdenmiliz YPG, welche von Ankara als PKK-Ableger betrachtet wird, sorgte immer wieder für Streit zwischen den NATO-Verbündeten USA und Türkei. Vergangene Woche drohte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan gar mit einer Militäroffensive in Ostsyrien – wo US-Truppen an der Seite der SDF aktiv sind. Washington warnte daraufhin Ankara vor "einseitigen" Militäraktionen, welche die US-Soldaten gefährden könnten.

Wie ein Mitarbeiter des US-Verteidigungsministeriums gegenüber dem Wall Street Journal sagte, sei die Abzugs-Entscheidung nach einem Telefonat zwischen Trump und Erdoğan erfolgt. Der renommierte US-Professor und Syrien-Experte Joshua Landis sagte dazu gegenüber RT Deutsch:

Die türkische Eskalation in Syrien scheint Früchte zu tragen. Präsident Trump war immer der Joker in der aggressiveren Syrienpolitik, die von Pompeo und Bolton formuliert wurde. Trump hat nie an diese Politik des langfristigen Aufenthalts in Syrien geglaubt.

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Glaubt man den Kritikern, dann spielt Trumps Entscheidung wahlweise dem IS, der syrischen Regierung unter Präsident Baschar al-Assad, dem Iran und/oder Russland in die Hände. Der IS sei nicht besiegt, so Hillary Clintons ehemaliger außenpolitischer Berater Jesse Lehrich. Ein abrupter Rückzug werde nicht nur dem IS neues Leben einhauchen, sondern bedeute auch eine "gefährliche Preisgabe unserer Verbündeten und strategischen Ziele in der Region". Auch die Frontfrau der Demokraten im Repräsentantenhaus, Nancy Pelosi, bezeichnete es als voreilig, einen Sieg über den IS zu verkünden und die US-Truppen aus Syrien abzuziehen.

"Geschenk an Putin" – Kritik auch aus den eigenen Reihen

Diese Auffassung teilen auch einflussreiche Persönlichkeiten innerhalb Trumps republikanischer Partei. "Die USA sind die einzige globale Macht, die in der Lage ist, Russland, den Iran und ihre terroristischen Stellvertreter in Syrien von der totalen Kontrolle über die Region abzuhalten, die für die nationale Sicherheit lebenswichtig ist", kritisierte etwa Senator Cory Gardner auf Twitter.

Er forderte Trump auf, von allen Rückzugsplänen Abstand zu nehmen und mit dem Kongress eine "langfristige Syrien-Strategie auszuarbeiten, die die nationalen Interessen der USA schützt und Wladimir Putin, Baschar al-Assad und den iranischen Mullahs einen Sieg verwehrt". Der IS sei keineswegs besiegt und ein Abzug der US-Truppen ein großer "Obama-mäßiger Fehler", befindet auch Senator Lindsey Graham. Die Entscheidung helfe dem IS bei seinem Bestreben, sich in der Region wieder auszubreiten.

Auch der republikanische Senator Marco Rubio sprach von einem überstürzten Abzug und einem "schrecklichen Fehler", der das Land noch auf Jahre verfolgen werde. Die Entscheidung sei gegen den Rat von Militärs gefallen und werde schwerwiegende Folgen für die USA haben. Rubio und Graham verfassten zusammen mit vier weiteren Senatoren, darunter zwei Demokraten, einen offenen Brief an ihren Präsidenten.

Ein Abzug sei ein "kostspieliger Fehler", der neben dem IS auch Präsident Baschar al-Assad nutzen werde. Der Truppenabzug würde zudem zwei weiteren US-Gegnern nutzen:

Wie Sie wissen, nutzen sowohl der Iran als auch Russland den Syrien-Konflikt als Bühne, um ihren Einfluss in der Region zu verstärken. Jedes Anzeichen von Schwäche, das vom Iran oder Russland wahrgenommen wird, wird nur zu ihrer verstärkten Präsenz in der Region und einem Rückgang des Vertrauens unserer Partner und Verbündeten führen.

Die für verschiedene Fernsehsender als Analystin arbeitende Republikanerin Ana Navarro griff die Kritik ihrer Parteikollegen auf und formulierte mit scharfen Worten:

Ich bin wirklich sehr glücklich darüber, dass sich Republikaner endlich gegen Präsident Loco [spanisch für "verrückt", Anm. d. Red.] stellen und ihm erklären, wenn etwas loco ist. (…) Ich weiß nicht, was Trump [seiner Frau] Melania zu Weihnachten schenkt, aber ich weiß, was er Wladimir Putin zu Weihnachten gegeben hat.

Der vermeintlich Beschenkte begrüßte unterdessen den angekündigten Truppenabzug der USA. Das sei eine richtige Entscheidung, sagte Putin am Donnerstag in Moskau vor Journalisten. Er teile auch die Einschätzung, dass der IS in Syrien weitgehend besiegt sei. Der russische Präsident betonte aber, dass es noch keine Anzeichen für den Abzug gebe. Er verwies darauf, dass sich die US-Soldaten ohne internationales Mandat in Syrien aufhalten. Da der Friedensprozess Fortschritte mache, habe sich die Anwesenheit amerikanischer Truppen erledigt, sagte Putin.

Indes entgegnete Trump seinen Kritikern in einem Tweet:

Wollen die USA der Polizist des Nahen Ostens sein, der NICHTS bekommt, sondern wertvolle Leben und Billionen von Dollar für den Schutz anderer opfert, die in fast allen Fällen nicht zu schätzen wissen, was wir tun? Wollen wir für immer dortbleiben? Zeit für andere, endlich zu kämpfen...

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