Vorwurf der Konterrevolution: Massive Proteste blockieren armenisches Parlamentsgebäude

Zehntausende Demonstranten blockierten am Dienstagabend das Parlamentsgebäude in Armeniens Hauptstadt Jerewan, nachdem Abgeordnete für ein Gesetz gestimmt hatten, welches der Premierminister Nikol Paschinjan als Beginn einer "Konterrevolution" kritisierte.

Nikol Paschinjan wurde im Mai dieses Jahres nach groß angelegten Demonstrationen mit der Regierungsbildung betraut. Nun forderte er seine Anhänger auf, wieder auf die Straße zu gehen und eine neue Parlamentswahl zu fordern.

Zuvor hielt die armenische Nationalversammlung am Dienstag eine außerordentliche Sitzung ab und verabschiedete ein Gesetz, das die Auflösung des Parlaments erschwert. Paschinjan erklärte, dass die Abstimmung über diese Frage verschoben werden solle, wenn die Beschlussfähigkeit nicht gegeben sei oder andere Komplikationen auftreten.

Die Mitglieder des Parteibündnisses Jelk, dem Paschinjans Partei angehört, verhinderten daraufhin die elektronische Abstimmung im Parlament, aber 61 der 105 Abgeordneten unterstützten die Gesetzgebung dennoch, indem sie einfach die Hände hoben.

Der armenische Premier sagte dazu vor der Menge, dass damit die Republikanische Partei des ehemaligen Premierministers Sersch Sargsjan, die immer noch fast die Hälfte der Sitze im Parlament innehat, zusammen mit ihren Verbündeten anderer Bündnisse "offiziell die Konterrevolution" im Land angekündigt hätten. Der Premierminister erklärte, dass er beschlossen habe, Minister seiner Regierung zu entlassen, die den Schritt unterstützen. Außerdem sagte er, dass er selbst zurücktreten werde, um die Auflösung des Parlaments und die Wahl neuer Abgeordneter zu beschleunigen.

Paschinjan ging danach zu Gesprächen mit der Opposition in das Parlamentsgebäude und äußerte die Hoffnung, dass seine Rivalen die Situation "richtig einschätzen" werden. "Es wäre schön, wenn wir eine Vereinbarung unterzeichnen würden, dass keine der Kräfte im Parlament einen Kandidaten für den Premierminister nominieren wird", betonte er.

Tausende von Menschen blieben außerhalb des Parlamentgebäudes, um auf das Ergebnis der Gespräche zu warten und riefen Slogans, die gegen die Republikanische Partei gerichtet waren. Während der bisher friedlichen Demonstration wurden keine besonderen Vorkommnisse gemeldet.

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