Nahost

Medizinjournal: Tausende der Schwerverletzten in Palästina bleiben Invaliden

Das Medizinjournal BMJ prangert die Situation verwundeter Palästinenser an. Viele der beim "Marsch der Rückkehr" erlittenen Verletzungen machten jahrelange Behandlungen nötig. Einige gehen auf israelische, andere wohl auf US-Waffen zurück.
Medizinjournal: Tausende der Schwerverletzten in Palästina bleiben InvalidenQuelle: Reuters © REUTERS/Mohammed Salem

Verwundete Gliedmaßen, hauptsächlich Beine, sind mit 5.694 Fällen die häufigste Art der Verletzungen. 70 Amputationen mussten durchgeführt werden, bei etwa 1.200 Patienten müssten Gliedmaßen rekonstruiert werden, was bis zu sieben Operationen und Behandlungen über zwei Jahre erfordert. 

Knapp 10.000 Palästinenser hätten schwere Verwundungen erlitten, die eine Krankenhausbehandlung erforderten, seit der "Marsch der Rückkehr" Ende März an der Grenze zu Israel begann.

Neue Arten komplexer Verletzungen in den palästinensischen Gebieten führten zu lebenslangen Behinderungen, da eine schnelle und umfassende Versorgung den Rahmen bereits gebrochener Gesundheitsdienste sprenge.

Das berichtet das medizinische Journal BMJ unter Berufung auf Informationen der Medizinischen Hilfe für Palästina, des Gesundheitsministeriums von Gaza und Mediziner vor Ort. Der Beitrag vom 10. August diesen Jahres unter der Rubrik "Plastische Chirurgie" thematisierte zudem neue Arten von Verletzungen, die viele Jahre rekonstruktive Chirurgie und Rehabilitation erfordern. 

Paracetamol bei Schusswunden

Allein am 14. Mai wurden 1.366 Menschen durch Schüsse verwundet und 63 getötet, darunter acht Kinder. Die Krankenhäuser im Gazastreifen waren mit der hohen Anzahl der Opfer überfordert. Lokale und britische Chirurgen erzählten dem BMJ, wie sie improvisieren mussten, um Gliedmaßen zu retten. Menschen mit Schussverletzungen habe man ab Tagesmitte einzig Diclofenac oder Paracetamol gegen die Schmerzen während der Wartezeit anbieten können.

Andy Ferguson, Leiter der Programme für medizinische Hilfe für Palästinenser, geht aufgrund der schwierigen und chaotischen Behandlungssituation davon aus, dass viele Patienten chronische Frühinfektion und Knochenmarkentzündung erleiden werden.

Es wird eine Menge vermeidbarer Behinderungen geben, was sich aus der Tatsache ergibt, dass, egal welchen Service sie erhalten, sie ihn später bekommen werden, als sie sollten, und weniger von diesem Service bekommen, als sie sollten", so Ferguson. 

Das Büro der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) ging bereits im Juni von mehr als 1.400 Menschen aus, die eine langfristige Invalidität erleiden könnten.

Die WHO warnte im Juli, dass sich die Situation weiter zuspitze, da sowohl lebenswichtige Arzneimittel als auch Brennstoff für die Krankenhäuser ausgingen.

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Tom Potokar, ein beratender plastischer Chirurg am Welsh Centre for Burns and Plastic Surgery, der bei der Behandlung von Schusswunden im Al-Shifa Hospital in Gaza half, beschrieb Patienten mit "Verletzungen der unteren Extremitäten mit gebrochenen Knochen, gerissenem und zerfetztem Weichgewebe, Kälte und Impulslosigkeit, die auf eine Schädigung der Hauptblutversorgung hinweisen".

Medizinische Teams von Ärzte ohne Grenzen haben demnach von Schusswunden berichtet, bei denen die Kugel Gewebe zerstört und den Knochen pulverisiert hat, so dass faustgroße Ausgangswunden zurückblieben.

Viele der von Ärzten in Gaza behandelten Wunden stimmen laut Angaben von Amnesty International mit jenen überein, die durch Hochgeschwindigkeitsgewehre aus israelischer Fertigung mit 5,56 mm Militärmunition verursacht wurden. Andere Wunden wiesen jedoch die Handschrift der in den USA hergestellten M24-Remington-Scharfschützengewehre auf, welche 7,62 mm Jagdmunition schießen, die sich ausdehnen und im Körper wuchern.

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Fadel Naim, beratender Orthopäde am Al-Ahli Arab Hospital in Gaza, sagte, dass ein Mangel an Chirurgen, die bei komplexen Verletzungen erfahren haben, und ein Mangel an medizinischer Versorgung dazu geführt haben, dass "viele dieser Patienten zur Behandlung ins Ausland überwiesen werden müssen, was aufgrund der Belagerung und Blockade in Gaza sehr schwierig ist".

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) berichtete im April, dass von 40 Patienten, die bei Demonstrationen verletzt wurden und die beantragt hatten, außerhalb Gazas behandelt zu werden, nur 32,5 Prozent der Anträge auf Ausreise genehmigt und 52,5 Prozent abgelehnt wurden.

Die WHO betonte weiter, dass die berufliche Entwicklung des Gesundheitspersonals durch die Unfähigkeit, den Gazastreifen zu verlassen, eingeschränkt wird. Auch werde durch die Hindernisse der Ein- und Ausreise das Gesundheitssystem in den besetzten palästinensischen Gebieten, einschließlich Ostjerusalems, fragmentiert.

Seit Beginn der Proteste kamen 153 Demonstranten ums Leben. Mit den Demonstrationen forderten Palästinenser für palästinensische Flüchtlinge und deren Nachfahren ein Recht auf Rückkehr auf israelisches Staatsgebiet.

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