Nahost

Genf: Kritik am Imam der Großen Moschee von Mekka wegen Kriegsunterstützung

Saudi-Arabien versteht sich als Hüter der zwei heiligsten Stätten des Islam, Mekkas und Medinas - was allerdings in krassem Gegensatz zur saudischen Politik steht. Dafür erntete der Imam der Großen Moschee nun Ärger.
Genf: Kritik am Imam der Großen Moschee von Mekka wegen Kriegsunterstützung Quelle: Reuters © Jonathan Ernst

Wieder einmal steht jemand im Fokus der islamischen Öffentlichkeit, der dort mit solchen Schlagzeilen eigentlich nichts zu suchen hat. Als Imam der Großen Moschee (oder auf Arabisch al-Masdschid al-Haram) von Mekka sollte Scheich Abdurrahman ibn Abdulaziz as-Sudais ein Vorbild für die Muslime sein. 2012 in den Rang eines Ministers erhoben und zum Vorsitzenden der Präsidentschaft für die beiden heiligen Stätten gewählt, genießt der Imam hohes Ansehen und mindestens so hohe Verantwortung.

Bereits mit zwölf Jahren konnte der junge Sudais den Koran auswendig rezitieren und erhielt bereits im zarten Alter von 22 Jahren die Möglichkeit, seine ersten Predigten als einer der Imame der Großen Moschee von Mekka zu halten. Berücksichtigt man dann noch die Tatsache, dass die Predigten aus der Großen Moschee weltweit ausgestrahlt werden und sehr viele der 1,6 Milliarden der Muslime sich diese auch anschauen, dann wird einem bewusst, über welchen Einfluss dieser Mann tatsächlich verfügt. Im Jahr 2005 wurde er vom Komitee des "Dubai International Holy Quran Award" zur "Islamischen Person des Jahres" ausgezeichnet.

Was auf den ersten Blick wie eine echte religiöse Führungsfigur aussieht, durchaus vergleichbar mit dem Heiligen Stuhl in Rom, macht bei genauerem Hinsehen die völlige Ambivalenz zwischen der traditionellen Rolle des "Hüters der beiden heiligen Stätten" und der durch die Saudis usurpierten Rolle überdeutlich. Mit der Gründung Saudi-Arabiens und der Einführung der puristischen Lehre des Wahhabismus als alleinige Staatsreligion wurde die traditionell moderate Verwaltung der heiligen Stätten Mekka und Medina beendet.

Damit einher ging auch die Zerstörung historischer Denkmäler, wie der Gräber von Fatima, der jüngsten Tochter des Propheten Mohammed, oder seines eigenen Grabes. Aus wahhabitischer Sicht stellt die Wallfahrt zu einem Grab islamischer Gelehrter oder eben sogar Familienangehöriger des Propheten eine "Götzenanbetung" dar, die als unislamisch gilt und somit unterbunden werden muss. Deshalb hat weder der saudische Herrscher noch Abdurrahman as-Sudais irgendein Problem damit, wenn dem Ausbau der Großen Moschee historische Hinterlassenschaften aus osmanischen und abbasidischen Zeiten zum Opfer fallen.

Was für das historische Interesse der Saudis gilt, gilt auch für die Toleranz des Wahhabismus gegenüber anderen Glaubensschulen im Islam. Sudais stellte klar, dass nur der Salafismus den "wahren islamischen Weg des Lebens" darstellen könne (Wahhabismus ist ein Bestandteil des Salafismus/Anm.), und rezitierte dabei das "Idol" aller Salafisten, Ibn Taimīya:

Jede Innovation in religiösen Angelegenheiten ist eine Abkehr vom rechten Weg, und jede Abkehr endet im Fegefeuer der Hölle.

Allerdings stört es weder den saudischen Klerus noch das Herrscherhaus, dass beide grundlegenden Pfeiler des Königreiches Saudi-Arabien eine gefährliche Symbiose eingegangen sind und einer nicht ohne den anderen bestehen könnte. Die Korruption, schamlose Bereicherung und dekadente Lebensweise des Königshauses wird von einem Klerus getragen, der auf Bereiche wie Bildung und Export des Wahhabismus ein Monopol hat.

Diese Symbiose zwischen weltlicher und religiöser Herrschaft ermöglichte schließlich auch eben die ambivalente Haltung Saudi-Arabiens, wenn es um Themen wie Unterstützung von Terroristen, Krieg gegen Muslime oder eben die Zerstörung historischer Denkmäler geht. Im Koran wird das Töten unschuldiger Menschen (beispielsweise Zivilisten) oder der "Bruderkampf" innerhalb der Umma, der muslimischen Gemeinschaft, ausdrücklich verboten.

Genau deshalb wurde Scheich Abdurrahman as-Sudais bei seinem Besuch im malerischen Genf in der Schweiz von einem Besucher seiner Predigt verbal angegriffen.

Der Mann, ein Algerier, geht auf den Imam zu und eröffnet das Gespräch zuerst ganz normal mit "Möge Gott mit Dir sein", bevor er dann sagt, dass er eine Frage habe. Er fragt Sudais, wie "Amerika und Saudi-Arabien die Nationen der Welt zu Frieden führen und über den Menschen stehen können, die in Frieden leben". Der Algerier bezog sich dabei auf eine kontroverse Erklärung des Imams vom vergangenen September in New York, als er sagte, dass Saudi-Arabien und die USA die "Einflusspole der Welt" seien und gemeinsam "die Welt und die Menschheit in den Hafen von Sicherheit, Frieden und Prosperität steuern".

Deshalb fragte ihn der Algerier noch mal deutlich:

Wie können Sie uns etwas über Frieden erzählen, während Sie unsere Brüder in Jemen und Katar boykottieren und verhungern lassen?

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