Nahost

RT-Exklusiv: Jetzt liegt der Fokus auf Irak - Der Krieg der Türkei gegen die PKK

Die Türkei hat eine Militäroffensive gegen die kurdische PKK gestartet. Die Türkei werde den "Terror-Sumpf" in Kandil austrocknen, sagte Präsident Erdoğan am Montag nach mehrfachen türkischen Luftangriffen. RT Deutsch sprach mit verschiedenen Experten.
RT-Exklusiv: Jetzt liegt der Fokus auf Irak - Der Krieg der Türkei gegen die PKK Quelle: Reuters

von Ali Özkök

Bei einer Wahlkampfkundgebung am Montag sagte Erdoğan, die türkische Armee werde den "Terror-Sumpf" in der nordöstlichen irakischen Region Kandil "trockenlegen".

Denken Sie daran, dass ich von Kandil und Sindschar im Nordirak sprach. Wir haben eine Operation gegen sie gestartet", fügte das türkische Staatsoberhaupt hinzu.

Seine Aussagen fielen einen Tag, nachdem die türkische Armee bekannt gab, dass sie 14 PKK-Ziele in den Kandil-Bergen zerstört hat. Durch türkische Luftangriffe in den Gebieten Zab und Hakurk seien Unterkünfte, Waffenlager sowie Munitionsdepots "neutralisiert" und drei Kämpfer getötet worden, veröffentlichten die türkischen Streitkräfte (TSK).

Der Geopolitik-Analyst des Forschungsinstituts Middle East Foundation mit Sitz in Ankara, Ömer Özkızılcık, sagte auf Anfrage von RT Deutsch über die strategische Bedeutung der Kandil-Operation für die Türkei:

Das Kandil-Gebirge ist ein traditionelles Rückzugsgebiet der PKK, welches ein leichtes Eindringen in die Türkei ermöglicht. Der gesamte Führungskader, die Ausbildungslager und die Waffendepots befinden sich hauptsächlich versteckt in den Tälern des Kandil-Gebirges. Auch Propagandamaterial wird teils in Kandil vorbereitet und koordiniert. Mit der Operation in Kandil will man die Zentrale der PKK in die Zange nehmen und ihre Ablegerorganisation in Syrien, die YPG, sowohl von Westsyrien als auch vom Irak aus einkesseln.

"Die Türkei wird es ziemlich schwer haben, die PKK im Kandil zu bekämpfen", unterstrich wiederum der pensionierte US-amerikanische Oberst David M. Witty, der lange Jahre in verschiedenen Einsatzgebieten des Nahen Ostens diente. Im Gespräch mit RT Deutsch ergänzte er hinsichtlich der strategischen Ziele der Ankaras im Irak:

Sie wollen die PKK in den Grenzgebieten beseitigen, und das ist an die Operationen in Syrien gebunden. Die Türkei wird entweder die PKK-Bedrohung im Nordirak beseitigen oder ihre Präsenz im Nordirak ausweiten, um die PKK einzudämmen.

Am Samstag sagte der Sprecher des türkischen Innenministeriums Süleyman Soylu, die Militäroperation sei "eine Frage des Timings". Das türkische Militär schob sich in den vergangenen Wochen 30 Kilometer tief in den Nordirak vor, ergänzte der türkische Premierminister Binali Yıldırım. "Wir haben unsere Vorbereitungen auf der Ağrı-Van-Iğdır-Linie getroffen. Unsere Helden werden bald in Kandil sein", sagte Soylu zu CNN Türk.

"Ankara will Terroristen auch im Ausland bekämpfen"

Ankaras Vorbereitungen für eine groß angelegte Operation gegen die PKK-Präsenz im Nordirak begannen Anfang März mit Spezialeinheiten und einer Vielzahl von anderen Truppenteilen, die in das schwierige Gelände eindrangen, um Militärbasen zu errichten. Die Türkei verfügt nun über elf Stützpunkte im Nordirak, um die Bewegungsfreiheit der PKK einzuschränken, berichtet die türkische Zeitung Hürriyet unter Berufung auf die Regierung in Ankara. Über die allgemeine Strategie der Türkei gegen die PKK sagte Ömer Özkızılcık RT Deutsch:

Die Türkei hat nach dem gescheiterten Putschversuch am 15. Juli 2016 eine neue Anti-Terror-Doktrin deklariert, wonach Terroristen nicht nur innerhalb der Türkei, sondern auch in ihren Rückzugsgebieten im Ausland bekämpft werden.

Der türkische Nahost-Journalist Mete Sohtaoğlu, der zuvor für die Sender CNN Türk und NTV als Geopolitik-Experte arbeitete, teilte RT Deutsch mit, dass neben den Militärbasen auch die Zahl der türkischen Geheimdienstposten im Nordirak deutlich auf 21 angestiegen ist. Sohtaoğlu glaubt, dass die Türkei ihre Aktivitäten im arabischen Nachbarland mit Teheran koordiniert. Er sagte:

Während die Türkei im Irak einsickert, hat der Iran im August 2017 bekannt gegeben, dass die iranische Fahne zum ersten Mal seit 60 Jahren im iranischen Teil des Kandil-Gebietes gehisst wurde, wo der Iran gegen die kurdische PJAK-Organisation kämpft. Die Kämpfe halten bis heute gegen PJAK an. Das und Erdoğans Aussagen über einen Austausch mit dem Iran deuten auf eine Koordinierung der Operationen mit Teheran hin.

Hinsichtlich der weiteren Koordinierung der türkischen Operationen gibt es gemischte Aussagen. Der pensionierte Offizier David M. Witty, der auch im Irak stationiert war, äußerte:

Die US-geführte Koalition sagte letzte Woche, dass alle türkischen Bewegungen im Irak völlig mit Bagdad koordiniert würden. Doch schon am nächsten Tag zog sie ihre Aussage wieder zurück. Gleichzeitig ist die Kurdische Autonomieregion machtlos, etwas gegen die Türkei im Nordirak zu unternehmen.

Militäroperation als Wahlkampfhilfe?

Der Journalist Halsho Adil Aziz, der für das kurdische Nachrichtenportal NRT arbeitet und in der nordirakisch-kurdischen Stadt Sulaimaniyya lebt, glaubt, dass die Offensive Erdoğan und seiner AK Partei vor allem auch dazu dienen könnte, die anstehenden vorgezogenen Wahlen in der Türkei am 24. Juni zu gewinnen. Über die Stimmung in der Haupststadt der Kurdischen Autonomie Region, Erbil, kommentierte der kurdische Journalist gegenüber RT Deutsch:

Der Pressesprecher der Kurdischen Autonomieregion Safin Dizayee kommentierte den türkischen Truppeneinsatz im Nordirak letzte Woche und beschuldigte die PKK, die türkischen Truppen mit ihrer Präsenz in die Region zu bringen. Er forderte die Türkei jedoch auch auf, die territoriale Integrität des Irak zu respektieren. Man weiß nicht, wie viele Truppen die Türkei genau im Nordirak hat, aber man sagt, dass sie mehrere Militärstützpunkte in der Region Bradost ganz in der Nähe der Provinz Erbil errichtet haben, wo die kurdische Bevölkerung die Offensive mit Skepsis beäugt.

Auch US-Streitkräfte wurden kürzlich im nordwestirakischen Gebiet Sindschar, der Heimat der Minderheit der Jesiden, gesichtet. Kurdische und türkische Medien berichten, dass die USA 150 Soldaten nach Sindschar entsendet hätten.

Während Erdoğan neben Kandil auch  Sindschar als Angriffsziel der türkischen Armee ausmachte, dementierte Ömer Özkızılcık von der Middle East Foundation Truppenbewegungen in diesem Raum:

Bis jetzt gibt es keine Anzeichen für eine Offensive auf das Sindschar-Gebiet. Erdoğans Rhetorik soll wahrscheinlich vielmehr dazu dienen, die irakische Zentralregierung und die USA zur Entwaffnung der PKK und aller anderen PKK-nahen Elemente in Sindschar zu drängen.

Der irakische Premierminister Haider al-Abadi sagte vergangene Woche, Bagdad sei bereit, mit Ankara zusammenzuarbeiten, um Angriffe aus dem Irak auf die Türkei zu verhindern. Er forderte die Türkei jedoch auf, "die irakische Souveränität zu respektieren", und beschuldigte türkische Politiker, vor den Wahlen am 24. Juni die Spannungen zu erhöhen.

Im Januar startete die türkische Armee die Operation "Olivenzweig" gegen die YPG-verwaltete Enklave Afrin in Nordsyrien. Die von der Türkei unterstützten syrischen Rebellengruppen übernahmen schließlich die Kontrolle über die Stadt von der Kurdenmiliz YPG, die Ankara als Ableger der PKK betrachtet, die einen jahrzehntelangen Krieg gegen den türkischen Staat führt.

Mehr als 1.200 Menschen, darunter Sicherheitskräfte und Zivilisten, haben ihr Leben verloren, seit die PKK und der türkische Staat im Juli 2015 ihren jahrzehntelangen bewaffneten Kampf wieder aufgenommen haben. Die PKK wird von der Türkei, den USA und der EU als terroristische Vereinigung geführt.

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