Nahost

Britischer Außenminister: Saudi-Arabien darf im Jemen "zur Selbstverteidigung" bomben

Der britische Außenminister hat die saudisch geführte Militärintervention im benachbarten Jemen verteidigt, bei der bislang mehr als 9.300 Menschen getötet und mehr als 50.000 verletzt wurden. London liefert mithilfe "offener Exportlizenzen" Waffen an Riad.
Britischer Außenminister: Saudi-Arabien darf im Jemen "zur Selbstverteidigung" bomben Quelle: Reuters © Reuters

"Großbritannien unterstützt das Recht Saudi-Arabiens, seine nationale Sicherheit gegen Raketenangriffe aus dem Jemen zu verteidigen", sagte Boris Johnson.

Der britische Außenminister brachte dies in einer Erklärung am Donnerstag zum Ausdruck, während der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman London einen umstrittenen Arbeitsbesuch abstattete.

Großbritannien und Saudi-Arabien haben sich inzwischen darauf geeinigt, die Inspektionen für Lieferungen in den Jemen zu verstärken, beteuert die britische Seite, damit die humanitäre Hilfe das vom Krieg zerrüttete Land erreichen kann.

Heute haben wir uns darauf geeinigt, die UN-Inspektion im Bereich der Schifffahrt zu verstärken, um sicherzustellen, dass alle jemenitischen Häfen für die humanitären und kommerziellen Lieferungen offenbleiben, die die Menschen im Jemen so dringend benötigen", sagte Johnson.

Iran im Verdacht der Lieferung ballistischer Raketen an Huthi-Milizen

Saudi-Arabien und seine Verbündeten hatten 2015 eine militärische Intervention im Jemen gestartet mit dem Ziel, die schiitischen Huthi-Milizen, die die Hauptstadt eingenommen hatten, zurückzudrängen und die bis dahin amtierende Regierung wieder an die Macht zu bringen.

Die Nahrungsmittelimporte sind seit Monaten eingeschränkt, nachdem Saudi-Arabien und seine Verbündeten die Häfen des Jemen blockiert und den Iran beschuldigt hatten, die Huthi-Milizen mit ballistischen Raketen zu versorgen.

Kronprinz Mohammed weilt derzeit zu einem dreitägigen Besuch in Großbritannien, der am Mittwoch mit einem Mittagessen mit Königin Elizabeth II. begann. Am Donnerstag traf sich der Kronprinz mit der britischen Premierministerin Theresa May.

Rund 200 Demonstranten versammelten sich am Mittwochabend vor der Downing Street, um Riads Beteiligung an dem von hohen zivilen Verlusten gekennzeichneten Krieg im Jemen zu verurteilen.

Das Vereinigte Königreich hat seit Beginn der Intervention im benachbarten Jemen Waffen im Wert von 6,3 Milliarden US-Dollar an Saudi-Arabien verkauft.

London verschleiert Waffenverkäufe an Saudi-Arabien

Um in der Öffentlichkeit nicht zu sehr ins Kreuzfeuer der Kritik zu geraten, soll Premierministerin May laut Medienberichten verstärkt auf so genannte offene Waffenverkaufslizenzen zurückgreifen, um den tatsächlichen Umfang der Verkäufe britischer Rüstungsgüter an Riad zu verschleiern.

Offene Waffenverkaufslizenzen werden als "geheimnisvolle" Dokumente umschrieben, weil sie es erlauben, uneingeschränkt für fünf Jahre eine unbegrenzte Anzahl an Gütern in ein anderes Land zu versenden. Eine Lizenz muss ausgestellt werden, damit aus dem Vereinigten Königreich Waffen an einen anderen Staat geliefert werden können.

Es besteht keine Verpflichtung, anzugeben, wer der Endnutzer der militärischen Güter ist. Der Wert der Lizenz kann auch erst nach Ablauf des Fünfjahreszeitraums angegeben werden, und Aktivisten behaupten, dass die Regierung zudem nicht verpflichtet ist, den Gesamtbetrag der Transaktionen danach zu veröffentlichen.

Eine Analyse der Beobachtungsstelle für internationalen Waffenhandel "Campaign Against Arms Trade" (CAAT) ergab, dass im Jahr 2016 insgesamt 257 Lizenzen in Anspruch genommen wurden - in den ersten Monaten des Jahres 2017 erfolgte gar ein Anstieg um 175 Prozent auf 707. Andrew Smith von der "Campaign Against Arms Trade" erklärte gegenüber britischen Medien über Londons Rüstungskooperation mit Saudi-Arabien:

Durch die Bewaffnung und Unterstützung des saudischen Regimes ist die britische Regierung mitschuldig am Missbrauch des saudischen Volkes und an den schrecklichen Gräueltaten im Jemen. Wenn die Regierung offene Lizenzen verwendet, macht sie eine geheimnisumwitterte Industrie noch weniger transparent. Wir wissen nicht, wie viele Waffen im Geheimen verkauft werden oder wie viel Geld tatsächlich ausgegeben wird.

"Die Tatsache, dass sich diese Lizenzen immer mehr durchsetzen, gibt durchaus Anlass zur Besorgnis. Es ist unmöglich, dass sich die Regierung für Menschenrechte und Demokratie einsetzt, während sie gleichzeitig Waffenverkäufe an Menschenrechtsverletzer und Diktaturen fördert", kritisierte Smith das Handeln der britischen Regierung.

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