"Selbstverteidigung": US-Koalition greift syrische Streitkräfte an und tötet mutmaßlich 100 Soldaten
"Zur Verteidigung der Koalition und der Partnerkräfte führte die Koalition Luftangriffe gegen angreifende Kräfte durch, um einen Akt der Aggression gegen Partner abzuwehren, die an der Niederlage des Islamischen Staates beteiligt sind", sagte das Zentralkommando in einer Pressemitteilung.
Unprovoked attack by Syrian pro-regime forces prompts #Coalition defensive strikes @CJTFOIRhttps://t.co/s3zHfPF6xR
— U.S. Central Command (@CENTCOM) 7. Februar 2018
Der Vergeltungsangriff wurde durchgeführt, nachdem syrische "Pro-Regime-Streitkräfte einen unprovozierten Angriff auf das Hauptquartier der etablierten Demokratischen Kräfte Syriens initiiert hatten", betonte die US-geführte Koalition.
Die von den USA geführte Koalition hätte auch dort ihr "nicht verhandelbares Recht auf Selbstverteidigung" nachdrücklich unterstrichen, wo US-amerikanische, französische und britische Soldaten mit eingebetteten Partnern vor Ort auf rund einem Viertel des syrischen Territoriums frei operieren. Die US-geführte Koalition kooperiert am Boden vor allem mit der als PKK-nahe geltenden Kurden-Miliz der "Volksverteidigungskräfte" (YPG), die die Hauptkraft hinter den "Demokratischen Kräften Syriens" (SDF) stellen. Laut US-Angaben habe die Miliz eine Kampfstärke von über 50.000 Mann.
Gut ausgerüstete Formation regierungsloyaler Kräfte
Zwar gab es keine unmittelbaren Berichte über Opfer auf beiden Seiten, aber ein US-Beamter, der unter Bedingung der Anonymität sprach, sagte der Nachrichtenagentur Reuters, dass die Koalition einen massiven Angriff von regierungsfreundlichen Kämpfern abgewehrt habe, die bis an die Zähne bewaffnet mit Panzern und Artillerie waren. Es handelte sich um "rund 500 Personen von syrischen Pro-Regime-Streitkräften in einer großen, voneinander abgesetzten Formation, die von Artillerie, Panzern, Mehrfach-Raketensystemen und Mörsern unterstützt wurde", sagte die Quelle und behauptete, dass mehr als 100 dieser Kämpfer getötet wurden.
Ein Kommandant der YPG-geführten SDF sagte laut Euphrat Post, dass die US-Luftwaffe mehr als 20 Panzerfahrzeuge, darunter neun Panzer, zerstörte und über 30 Soldaten der syrischen Armee tötete.
According to a #SDF commander the US airforce has destroyed more than 20 #SAA vehicles, among them 9 tanks and killed more than 30 #SAA soldiers in northern #DeirEzzor today. Via @Nidalgazauipic.twitter.com/LQo9IsxGr3
— Ali Özkök (@Ozkok_) 8. Februar 2018
Die Konfrontation fand angeblich etwa acht Kilometer östlich der "Dekonfliktionsgrenze" am Euphratfluss statt. Das regierungsnahe Nachrichtenportal Al Masdar berichtete über diesen Zwischenfall, bemerkte aber, dass das syrische Verteidigungsministerium noch keine Stellungnahme zu dem Vorfall verfasst habe. Das Portal schrieb von regulären syrischen Militärs und verbündeten paramilitärischen Truppen, die getroffen worden wären. Die syrische Armee östlich des Euphrats fahre damit fort, gegen die SDF in den ölreichen Gebieten vorzurücken, heißt es weiter.
Imaginäre Demarkationslinie entlang des Euphrats
Der Vorfall am Mittwoch ist der jüngste seiner Art, bei dem mit aller Wahrscheinlichkeit von den USA unterstützte YPG-Kämpfer mit syrischen Regierungstruppen zusammenstießen. Washington beharrt darauf, dass die Koalitionsluftwaffe und deren Partner östlich des Euphrats auch ohne erkennbare völkerrechtliche Grundlage operieren dürfen, während die syrischen Streitkräfte westlich einer imaginären Demarkationslinie verharren sollten.
Damaskus erklärte wiederholt, dass die Präsenz der US-Koalition auf seinem Boden ein Akt der Aggression und eine Verletzung der Souveränität des Landes ist. Die russischen und syrischen Luftstreitkräfte sind die einzigen, die offiziell in Syrien operieren dürfen. Tatsächlich hat die Regierung Syriens die Vereinten Nationen wiederholt dazu aufgefordert, die USA zum Verlassen des Landes zu drängen, insbesondere nach der faktischen Niederlage des "Islamischen Staates".
US-Außenminister Rex Tillerson rückte stattdessen von eigenen Versprechen ab und deutete die US-Präsenz zwischenzeitlich um. Demnach sollen US-Truppen auf unbestimmte Zeit in Syrien bleiben, um dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad und dem Einfluss des Iran in der Region entgegenzuwirken.
Washington wieder zurück im weltweiten Nation Building?
Die von den USA geführte Koalition hatte kürzlich auch die Schaffung einer 30.000 Mann starken Grenztruppe zur Sicherstellung der Kontrolle über das Territorium ihrer Partner in Syrien in Erwägung gezogen. Da die Truppe die kurdisch dominierte SDF-Allianz einschließen würde, löste diese Idee eine heftige Gegenreaktion der Türkei aus. Ankara initiierte daraufhin die "Operation Olivenzweig", um eine Pufferzone in Syrien zu sichern. Eine von der YPG geführte Grenztruppe betrachtet man dort als ersten Schritt zu einem US-geführten kurdischen Separatismus.
Washington scheint unterdessen tatsächlich von seinem öffentlich erklärten Ziel, lediglich den "Islamischen Staat" zu bekämpfen, abgewichen zu sein und ist offenbar bereit, Syrien zu teilen, warnte der russische Außenminister Sergei Lawrow bereits am Mittwoch.
Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Amerikaner einen Kurs der Teilung des Landes eingeschlagen haben. Sie gaben gerade ihre Zusicherungen auf, die uns gegeben wurden, dass das einzige Ziel ihrer Präsenz in Syrien - ohne Einladung der legitimen Regierung - darin bestand, den Islamischen Staat und die Terroristen zu besiegen", sagte Lawrow.
"Jetzt sagen sie, dass sie ihre Anwesenheit beibehalten werden, bis sie sicherstellen, dass ein stetiger Prozess einer politischen Lösung in Syrien beginnt, was zu einem Regimewechsel führen wird", so der Minister während einer Konferenz in Sotschi.
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