Nahost

Gaza: 115 Hilfsorganisationen fordern Ende der israelischen Blockade

Über 100 Hilfsorganisationen fordern ein Ende der israelischen Blockade des Gazastreifens. Nach bald zwei Jahren des Krieges gegen Gaza droht eine massive Hungersnot. In ihrem Appell plädieren die Organisation für einen Einsatz der UNO, um die Hilfslieferungen zu verteilen.
Gaza: 115 Hilfsorganisationen fordern Ende der israelischen BlockadeQuelle: www.globallookpress.com © Abdullah Abu Al-Khair/Keystone Press Agency

Die Liste umfasst momentan bereits 115 Hilfsorganisationen, die vor der in Gaza sich ausweitenden Hungersnot warnen. In dem unter anderem von "Ärzte ohne Grenzen" verbreiteten Appell fordern die Organisationen – darunter CARE, Caritas, Pax Christi, Save the Children, Oxfam und die Welthungerhilfe – Israel auf, den freien Zugang für Hilfslieferungen in den Gazastreifen zu ermöglichen. Die Lieferungen sollten unter UNO-Kontrolle erfolgen, so die Forderung. Nahrungsmittel, Wasser und Treibstoff lagerten tonnenweise außerhalb des Gazastreifens und könnten die Bedürftigen nicht erreichen. Daher müsse die Belagerung ein sofortiges Ende haben und ein Waffenstillstand vereinbart werden.

Inzwischen auch Helfer betroffen

Der Aufruf beginnt mit der Feststellung, dass inzwischen die Helfer selbst von der Hungerblockade betroffen seien, die von Israel gegen die Bevölkerung von Gaza verhängt wurde. Nun stehen

"auch Helfer in denselben Schlangen für Lebensmittel an und riskieren erschossen zu werden, nur um ihre Familien zu ernähren."

Die Vorräte seien völlig erschöpft, weshalb humanitäre Organisationen dazu gezwungen seien mit anzusehen, "wie ihre eigenen Kollegen und Partner vor ihren Augen dahinsiechen." Für die dramatisch zugespitzte Lage, unter der vor allem Kinder und ältere Menschen zu leiden haben, sei die "Gaza Humanitarian Foundation" (GHF) verantwortlich, die von Israel kontrolliert und den USA unterstützt werde. Gestern hatte das UNO-Hochkommissariat für Menschenrechte die israelische Armee für den Tod von rund 1.000 Palästinensern verantwortlich gemacht. Die Notleidende hatten lediglich versucht, an Lebensmittel zu gelangen.

Jeden Morgen könne man in Gaza dieselbe Frage hören: "Werde ich heute etwas zu essen bekommen?"

Allerdings wiederspricht die GHF der gegen sie gerichteten Kritik. Aus deren Sicht besteht das Problem für die UN und andere humanitäre Helfer in der Region nicht darin, dass der Zugang zum Gazastreifen verweigert werde, und behauptet: "Es ist ein Problem von Kapazitäten und Organisation, und die Welt verdient die Wahrheit über diesen Unterschied."

Und so bot die GHF der UNO auch ihre weitere Zusammenarbeit bei der Versorgung des Gazastreifens an. Ihre enge Verbindung zur Israelischen Regierung und den USA wird in der Aussage deutlich, die GHF sei dazu bereit, Hilfslieferungen bei der Einfuhr nach Gaza und die UN-Helfer vor Ort zu "schützen". Sie könne es ermöglichen, Hilfsgüter, die sich derzeit ungenutzt in Warenlagern befänden, auszuliefern.

Über tausend Palästinenser an Verteilstellen getötet

Die Hilfsorganisationen halten fest, dass es beinahe täglich zu Massakern an den Lebensmittelverteilstellen in Gaza komme. Für die Zeit bis zum 13. Juli gehen sie von 875 Palästinenser aus, die getöhttps://freedert.online/der-nahe-osten/251440-knesset-stimmt-fuer-annexion-westjordanlands/tet wurden, als sie Lebensmittel erhalten wollten: 201 wurden auf Hilfsrouten getötet, der Rest an Verteilungsstellen. Wie erwähnt, sind diese Zahlen in der Zwischenzeit weiter angestiegen. Weiter heißt es in dem Appell:

"Tausende weitere wurden verletzt. Unterdessen haben israelische Streitkräfte fast zwei Millionen erschöpfte Palästinenser gewaltsam vertrieben, zuletzt mit einer Massenvertreibungsanordnung vom 20. Juli, die Palästinenser auf weniger als 12 Prozent des Gazastreifens beschränkt. Das WFP warnt, dass die derzeitigen Bedingungen die Operationen unhaltbar machen. Die Aushungerung von Zivilisten als Kriegsmittel ist ein Kriegsverbrechen."

Humanitäre Hilfsorganisationen würden von Israel daran gehindert, Zugang zu den – teilweise sogar in Gaza – lagernden ebensnotwendigen Gütern zu erhalten und diese zu verteilen. Dazu gehörten auch Materialien für Unterkünfte und medizinische Hilfsgüter. Die verschiedenen Beschränkungen, andauernden Verzögerungen und die fortlaufende Fragmentierung der Hilfen durch die israelische Regierung hätten "Chaos, Hunger und Tod" verursacht. Besonders verheerende Auswirkungen hat die Blockade auf Kinder. So habe ein Hilfsarbeiter, der psychosoziale Unterstützung leistet, berichtet: "Kinder sagen ihren Eltern, dass sie in den Himmel wollen, weil es dort wenigstens etwas zu essen gibt."

Medizinische Notlage

Der Appell erwähnt die Berichte von Ärzten aus dem Gazastreifen, wonach Rekordzahlen bei akuter Unterernährung, vor allem bei Kindern und älteren Menschen zu verzeichnen seien. Krankheiten wie akuter wässriger Durchfall würden sich ausbreiten. Die Märkte seien leer, der Müll stapele sich vor den Häusern. Erwachsene würden auf den Straßen vor Hunger und Dehydrierung zusammenbrechen. Pro Tag kämen gerade einmal 28 Lastwagen mit Hilfslieferungen nach Gaza, was bei weitem nicht für die immer noch über zwei Millionen Menschen ausreiche, von denen viele seit Wochen ohne Hilfe seien. Dazu hält der Appell fest:

"Das humanitäre System unter der Führung der Vereinten Nationen ist nicht gescheitert, es wurde daran gehindert, zu funktionieren."

Versprechen nicht eingehalten

Grundsätzlich verfügten die humanitären Organisationen über die erforderlichen Kapazitäten und Hilfsgüter, um in großem Umfang zu helfen. Da jedoch der Zugang verwehrt werde, könnten die Helfer die Menschen in Not nicht erreichen, zumal nun auch die eigenen Teams erschöpft seien und hungerten.

Scharfe Kritik richtet der Appell nicht nur an die Adresse Israels, sondern auch an der EU. Denn am 10. Juli hatten Brüssel und die israelische Regierung Maßnahmen zur Aufstockung der Hilfe angekündigt. Dazu die Hilfsorganisationen:

"Aber diese Versprechen von 'Fortschritten' klingen hohl, wenn sich vor Ort nichts wirklich ändert. Jeder Tag ohne nachhaltige Hilfslieferungen bedeutet, dass mehr Menschen an vermeidbaren Krankheiten sterben. Kinder hungern, während sie auf Versprechen warten, die niemals eingehalten werden."

Abgesehen vom unmittelbaren Versorgungsmangel und den Zerstörungen schildern die Hilfsorganisationen die psychologischen Folgen des Krieges. So seien die Palästinenser "in einem Kreislauf aus Hoffnung und Enttäuschung gefangen" und warteten auf "Hilfe und Waffenstillstände, nur um dann in noch schlimmeren Verhältnissen aufzuwachen. Das ist nicht nur physische Qual, sondern auch psychische. Das Überleben ist wie eine Fata Morgana." Und weiter:

Das humanitäre System kann nicht mitfalschen Versprechungen funktionieren. Humanitäre Helfer können nicht nach wechselnden Zeitplänen arbeiten oder auf politische Zusagen warten, die keinen Zugang ermöglichen."

Aufruf an Regierungen und Gesellschaft

Nicht müssten die Regierungen ihre abwartende Haltung aufgeben, mit der sie "auf eine Erlaubnis zum Handeln warten" würden. Man könne nicht länger einfach darauf hoffen, "dass die derzeitigen Vereinbarungen funktionieren" werden. Nun sei es an der "Zeit, entschlossen zu handeln". Geboten sei eine sofortige und dauerhafte Waffenruhe, alle bürokratischen und administrativen Beschränkungen müssten aufgehoben und alle Grenzübergänge nach Gaza geöffnet werden, damit alle Menschen in ganz Gaza erreicht werden könnten. Alle Waffen- und Munitionslieferungen müssten dagegen eingestellt werden.

Der Appell schließt mit einer eindringlichen Mahnung:

"Bruchstückhafte Vereinbarungen und symbolische Gesten wie Abwürfe von Hilfsgütern aus der Luft oder mangelhafte Hilfslieferungen dienen als Nebelkerzen, um Untätigkeit zu verschleiern. Sie können die rechtlichen und moralischen Verpflichtungen der Staaten nicht ersetzen, palästinensische Zivilisten zu schützen und einen sinnvollen Zugang in großem Umfang zu gewährleisten. Die Staaten können und müssen Leben retten, bevor es keine mehr zu retten gibt."

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