Nahost

Israel und die Hamas vereinbaren Friedensabkommen – Waffenstillstand soll ab Sonntag gelten

Israel und die Hamas haben sich nach 15 Monaten Krieg auf ein Abkommen über einen andauernden Waffenstillstand und die Freilassung der Geiseln geeinigt. Die Vereinbarungen sollen am Sonntag, dem 19. Januar, in Kraft treten.
Israel und die Hamas vereinbaren Friedensabkommen – Waffenstillstand soll ab Sonntag geltenQuelle: www.globallookpress.com © IMAGO/Omar Ashtawy apaimages

Israelischen, arabischen und US-amerikanischen Medienberichten zufolge haben die Regierung Netanjahu und die Hamas am gestrigen Abend eine Vereinbarung getroffen, die ein "episches Abkommen über eine Waffenruhe", so der designierte US-Präsident Donald Trump, und die Freilassung aller von der militanten palästinensischen Gruppe festgehaltenen Geiseln sicherstellen soll.

Verhandlungsführer und offizielle Beamte aller beteiligten Seiten bestätigen laut israelischen Medien die Vereinbarung, die demnach am Sonntag in Kraft treten soll. Das israelische Sicherheitskabinett soll dafür am Donnerstagmorgen laut der Times of Israel zusammentreten, um das Abkommen final abzusegnen und zu genehmigen. In Washington liegt daher eine gewisse Besorgnis vor, da das Weiße Haus erst dann zuversichtlich sein kann, wenn das israelische Kabinett die endgültige Zustimmung zu dem ausgehandelten Abkommen erteilt.

Israels Präsident Netanjahu teilte in einer ersten Reaktion am Mittwochabend mit, dass er keine Erklärung zu dem Abkommen abgeben werde, "da die letzten Details noch ausgearbeitet werden müssen".

"Wir haben ein Abkommen für die Geiseln im Nahen Osten. Sie werden in Kürze freigelassen werden.", informierte demgegenüber Trump auf seiner Plattform Truth Social. Sein nationales Sicherheitsteam werde auf Grundlage der Vereinbarung weiter eng mit Israel und den US-Verbündeten zusammenarbeiten, "um sicherzustellen, dass der Gazastreifen niemals wieder zu einem sicheren Hafen für Terroristen werde", so Trumps Erklärung.

Wie mehrere Medien berichten, sieht das in Katar gebilligte Abkommen demnach einen 42-tägigen Waffenstillstand und einen Gefangenenaustausch vor, einschließlich aller israelischer Geiseln, die bei dem Hamas-Angriff auf den Gazastreifen am 7. Oktober 2023 gefangen genommen wurden.

Wenig überraschend reklamieren die Biden-Administration, wie auch der designierte US-Präsident Donald Trump die Entwicklungen als Erfolg ihrer jeweiligen Bemühungen und Engagements in Nahost. Präsident Joe Biden bezeichnete das Abkommen "als die schwierigste Verhandlung, an der er je beteiligt war", ausgehend von ersten Gesprächen im Mai des Vorjahres.

In einer Erklärung vom gestrigen Abend zitierte das Weiße Haus Biden mit den Worten:

"Heute, nach vielen Monaten intensiver Diplomatie der Vereinigten Staaten, zusammen mit Ägypten und Katar, haben Israel und die Hamas einen Waffenstillstand und eine Freilassung der Geiseln erzielt."

In der Erklärung heißt es dann weiter, dass "seine Regierung und Trumps Team" in den Gaza-Verhandlungen "als ein Team gesprochen" hätten. Trump wiederum erklärte in einem weiteren Beitrag auf seiner Plattform:

"Dieses epische Waffenstillstandsabkommen konnte nur als Ergebnis unseres historischen Sieges im November zustande kommen, da es der ganzen Welt signalisierte, dass meine Regierung den Frieden anstreben und Abkommen aushandeln würde, um die Sicherheit aller Amerikaner und unserer Verbündeten zu gewährleisten."

Ein Hamas-Vertreter bezeichnete die Waffenruhe im Gazastreifen am gestrigen Abend als "großen Erfolg". Das ausgehandelte Abkommen spiegele "die Standhaftigkeit der Bevölkerung und den Mut des Widerstands" wider, so Sami Abu Suhri gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. "Es ist auch eine Bestätigung dafür, dass die Besatzung keines ihrer Ziele erreicht hat", erklärte er unter Verweis auf Israel.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat die Einigung von Israel und der Hamas auf eine Waffenruhe im Gazastreifen begrüßt. "Geiseln können mit ihren Angehörigen wieder vereint werden und humanitäre Hilfe kann Zivilisten im Gazastreifen erreichen", erklärte von der Leyen im Onlinedienst X. Dies bringe "Hoffnung für die gesamte Region, in der die Menschen viel zu lange unermessliches Leid erlitten haben".

Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock erklärte ebenfalls via X-Posting:

"In diesen Stunden gibt es Hoffnung, dass die Geiseln endlich freikommen und das Sterben in Gaza ein Ende findet. Alle, die Verantwortung tragen, sollten jetzt dafür sorgen, dass diese Chance genutzt wird."

Bundeskanzler Olaf Scholz ließ über sein Social-Media-Team mitteilen:

"Es ist gut, dass eine Einigung über einen Waffenstillstand und die Freilassung von Geiseln – auch deutschen – in Gaza erreicht scheint! Jetzt muss die Einigung konsequent umgesetzt werden."

UNICEF-Exekutivdirektorin Catherine Russell erinnerte in einer ersten Reaktion daran, dass das Abkommen "für die Kinder und Familien in Gaza längst überfällig sei. Sie verwies darauf, dass der Krieg den Kindern im Gazastreifen einen "schrecklichen Tribut" abverlangt hat und mindestens 14.500 von ihnen getötet wurden.

Das Welternährungsprogramm erklärte noch in der Nacht, dass es bereit ist, mehr als eine Million Menschen im Gazastreifen zu unterstützen, "aber alle Grenzübergänge müssen geöffnet sein und die humanitären Teams müssen sich frei und sicher in der Enklave bewegen können".

Laut arabischen Medien hatte sich der katarische Herrscher Scheich Tamim bin Hamad al-Thani mit hochrangigen Hamas-Vertretern getroffen, um die Palästinensergruppe zur Annahme des Abkommens zu bewegen. An den Verhandlungen nahmen auch ägyptische und türkische Geheimdienstchefs sowie die Leiter der israelischen Sicherheitsdienste Mossad und Schin Bet teil. Es werde ein "Überwachungsmechanismus" in Kairo installiert, wo ein aus Vertretern der drei Länder bestehendes Team die Einhaltung der Vereinbarung kontrollieren werde, erklärte der katarische Ministerpräsident Mohammed bin Abdulrahman al-Thani.

Die Vereinbarung einer Waffenruhe für den Gazastreifen ist dem türkischen Außenminister Hakan Fidan zufolge "ein wichtiger Schritt für die Stabilität in der gesamten Region". Die Türkei werde sich laut Fidan weiterhin "für eine Zwei-Staaten-Lösung in dem seit Jahrzehnten dauernden Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern einsetzen".

Das komplexe Abkommen, das noch nicht veröffentlicht wurde, sieht demnach vorerst "eine sechswöchige erste Phase der Waffenruhe vor und beinhaltet den schrittweisen Rückzug der israelischen Streitkräfte aus dem Gazastreifen sowie die Freilassung der von der Hamas entführten Geiseln im Austausch gegen palästinensische Sicherheitsgefangene, die von Israel festgehalten werden", so die Times of Israel.

Sobald die Umsetzung des Abkommens beginnt, voraussichtlich ab dem 19. Januar, wird die Hamas in den ersten 42 Tagen des Waffenstillstands schrittweise 33 israelische Geiseln freilassen, wie mehrere Medien berichteten.

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