Nahost

George Rashmawi: Was passierte tatsächlich am 7. Oktober an der israelischen Grenze?

Interview mit dem Vorsitzenden der "Union der palästinensischen Gemeinden, Institutionen und Aktivitäten – Europa", George Rashmawi, über die Angriffe palästinensischer Widerstandsgruppen am 7. Oktober und die Fehldarstellung in den westlichen Medien.
George Rashmawi: Was passierte tatsächlich am 7. Oktober an der israelischen Grenze?© Felicitas Rabe

Von Felicitas Rabe

Der Vorsitzende der "Union of Palestinian Communities, Institutions and Activities – Europe", George Rashmawi, berichtete am vergangenen Wochenende auf dem UZ-Pressefest über die aktuelle Situation in Gaza und den dort stattfindenden Völkermord am palästinensischen Volk. Ebenso stellte er seine Analyse der geopolitischen Akteure vor. RT DE sprach am Samstag mit dem Bonner Arzt vor seiner Präsentation über die zugrunde liegenden Ereignisse am 7. Oktober 2023.

Die "Union der palästinensischen Gemeinden, Institutionen und Aktivitäten – Europa" engagiere sich seit mehr als 15 Jahren für den Erhalt der kulturellen und sozialen Identität der palästinensischen Gemeinschaften außerhalb Palästinas. Darüber hinaus sei es ihr "politisches Ziel, die Heimat Palästina zu befreien", stellte Rashmawi zu Beginn die Organisation vor. Zurzeit begnügten sich die Palästinenser mit den Gebieten, die im Jahr 1967 von Israel militärisch besetzt wurden, nämlich Gaza, die Westbank und Ostjerusalem als ihre Hauptstadt. Aber grundsätzlich wollten sie ihr "ganzes angestammtes Land zurückhaben". Rashmawi machte deutlich:

"Wir betonen das Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge in ihre Ländereien vor den Grenzen vor 1948 – gemäß der UN-Resolution 194."

Es gibt unterschiedliche Versionen darüber, was am 7. Oktober 2023 tatsächlich passiert ist. RT DE bat Rashmawi, seine Erkenntnisse zu den Ereignissen zusammenzufassen. Zunächst einmal sei die Welt von der Militäraktion der Hamas und den anderen palästinensischen Widerstandsgruppen überrascht gewesen, erklärte der Mediziner. So habe das Unverständnis über diesen militärischen Angriff weltweit für Wirbel gesorgt.

Keiner habe im Vorfeld von dem Angriff der Hamas auf die israelische angrenzende Militärkaserne gewusst, auch nicht die palästinensische Bevölkerung. Aber weltweit hätten die Palästinenser sehr schnell ihre Zustimmung und vor allem ihre Begeisterung über diesen widerständischen Angriff zum Ausdruck gebracht. Sehr schnell habe aber auch die israelische Propagandamaschinerie die Angriffe für sich genutzt. In den israelischen Medien lautete die Propaganda sofort, die Widerstandskämpfer hätten Kinder geköpft, Frauen vergewaltigt, zivile Wohnhäuser und private Autos verbrannt und zerstört und zivile Geiseln verschleppt.

Einzig und allein über die Geiselnahmen sei teilweise richtig berichtet worden, erklärte Rashmawi. Woher er wüsste, dass es keine Frauenvergewaltigungen und Baby-Enthauptungen gegeben habe? Es seien die zuvor genannten Frauen selbst gewesen, die ihre Aussagen über ihre Vergewaltigungen und die Kindestötungen später zurückgenommen hätten, laut israelischen Zeitungen wie der Haaretz. Ebenso wenig hätten die Hamas und andere beteiligte palästinensische Widerstandsgruppen am 7. Oktober großkalibrige Waffen gehabt, um zum Beispiel Häuser oder Autos zu zerstören. Sie hätten einfache Waffen besessen.

Was tatsächlich vorgefallen sei: Die palästinensischen Widerstandskämpfer seien über die Grenze des Gazastreifens nach Israel eingedrungen und hätten dort die israelische Militärkaserne attackiert beziehungsweise mit Kalaschnikow-Maschinengewehren auf israelische Soldaten geschossen. Bei dem Angriff auf israelische Kasernen hätten sie circa 120 israelische Geiseln festgenommen, davon die Mehrzahl Soldaten und Militärangehörige, allerdings auch einige Zivilisten.

Warum denn dann Teilnehmer auf einem israelischen Musikfestival ums Leben gekommen seien, wollte RT DE wissen. Nach Beginn des Angriffs sei die israelische Armee angeblich davon ausgegangen, dass sich auf dem Festival Widerstandskämpfer befänden. Daher seien israelische Soldaten mit Apache-Militärhubschraubern über das Festival geflogen und hätten aus der Luft "wie wild" auf das Festival geschossen. Diese Informationen stammten nicht nur aus arabischen Quellen, betonte Rashmawi. Dies könne man auch in israelischen Medien finden, wie zum Beispiel in der Tageszeitung Haaretz.

Ursprung der Repressionen gegen propalästinensische Demonstrationen

Westliche Medien, auch die deutschen Medien, hätten von Anfang an komplett die israelische Version übernommen mit den Vergewaltigungen, Kindesköpfungen und Ermordungen der Festivalteilnehmer seitens der Hamas. Daraus resultierte die antipalästinensische Stimmung und deshalb erlebten die palästinensischen Gemeinden in Westeuropa und ganz besonders in Deutschland Repressionen aller Art und dürften auch nicht mehr ihre Flagge zeigen. Zudem würden propalästinensische Demonstrationen seither entweder verboten oder mit vielen Auflagen schikaniert. Die Erfahrungen, die die Teilnehmer auf der Palästina-Konferenz in Berlin im April dieses Jahres machen mussten, seien das beste Beispiel für das Ausmaß der Schikanen. Rashmawi fasste zusammen:

"Ausgangspunkt und Begründung der Schikanen und Verbote waren die vollständige Übernahme der israelischen Version und die Falschdarstellungen der Ereignisse am 7. Oktober."

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