Hamas-Chef ermordet – Abschreckungswettstreit zwischen Iran und Israel geht in eine heiße Phase
Von Armin Schmitt
Hamas-Führer Ismail Haniyya wurde bei einem Anschlag in der iranischen Hauptstadt ermordet. Iran und die "Achse des Widerstands" erklärten am frühen Mittwoch, dass sie Israel für den schockierenden Anschlag verantwortlich machen, der den regionalen Konflikt an mehreren Fronten eskalieren lassen könnte.
Israel, das geschworen hat, Haniyya und andere Hamas-Führer wegen des Überfalls der palästinensischen Bewegung auf Israel am 7. Oktober zu töten, gab keinen unmittelbaren Kommentar ab. Der Angriff erfolgte kurz nachdem Haniyya an der Amtseinführung des neuen iranischen Präsidenten in Teheran teilgenommen hatte.
Stunden zuvor hatte Israel einen Luftangriff auf die libanesische Hauptstadt Beirut ausgeführt, bei dem nach israelischen Angaben ein hochrangiger Hisbollah-Kommandeur getötet wurde, der nach israelischer Darstellung hinter einem Raketenangriff vom Wochenende auf die von Israelis besetzten Golanhöhen stand. Die Hisbollah erklärte am Mittwoch, sie suche noch immer nach der Leiche von Fuad Shukr in den Trümmern des getroffenen Gebäudes.
Aus dem Weißen Haus gab es keine unmittelbare Reaktion auf die Tötung von Haniyya. Die Hamas sprach von einem "verräterischen zionistischen Angriff" auf Haniyyas Gasthaus in Teheran. "Diese Ermordung von Bruder Haniyya durch die israelische Besatzungsmacht stellt eine schwerwiegende Eskalation dar, die darauf abzielt, den Willen der Hamas zu brechen", sagte der hochrangige Hamas-Vertreter Sami Abu Zuhri.
Die Ermordung des politischen Führers der Hamas, Ismail Haniyya, sei "ein absolut inakzeptabler politischer Mord", sagte ein stellvertretender russischer Außenminister am Mittwoch gegenüber der staatlichen Nachrichtenagentur RIA. Nach der Tötung des politischen Hamas-Anführers Haniyya in der iranischen Hauptstadt Teheran hat die Türkei Israel vorgeworfen, den Gazakrieg in der Region ausweiten zu wollen. Der Angriff zeige, dass die Netanyahu-Regierung keine Absicht habe, Frieden zu schaffen.
Die Ermordung Haniyyas, einen Tag nach dem Anschlag auf Shukr, zeige laut einigen Beobachtern, dass die USA im Vorfeld der Präsidentenwahl jeglichen Einfluss auf Israel verloren haben. In der Tat dürften aber die US-Amerikaner über die Aktionen Israels unterrichtet worden sein und sogar geheimdienstliche Informationen an Tel Aviv geliefert haben.
Der Oberste Nationale Sicherheitsrat Irans trat am Mittwochmorgen zusammen, um die Ermordung von Ismail Haniyya, dem Leiter des Politbüros der Hamas, zu erörtern. Eine iranische Quelle erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, dass der Rat über die Strategie entscheiden werde, mit der Iran auf die Ermordung reagieren werde.
Die Anschlagserie in Teheran und Beirut könnte Vergeltungsmaßnahmen Irans oder seines mächtigen libanesischen Verbündeten Hisbollah gegen Israel auslösen und die Hamas veranlassen, die monatelangen Verhandlungen über einen Waffenstillstand im Gazastreifen abzubrechen.
Es blieb unklar, ob der Angriff in Teheran von innerhalb oder außerhalb des Landes geführt wurde. Aus Teheran wurden zunächst keine Explosion oder Geräusche eines Raketeneinschlags gemeldet. In den vergangenen Jahren hatte der israelische Geheimdienst Mossad durch die Ermordung von iranischen Atomwissenschaftlern und Sabotageaktionen deutlich gemacht, dass er in der Lage ist, innerhalb Irans zuzuschlagen.
Nach dem israelischen Luftangriff auf die iranische Botschaft in Damaskus als ein exterritoriales iranisches Gebiet griff Israel nun Irans Hauptstadt direkt an, um einen Hamas-Beamten zu ermorden. Als Reaktion auf den Botschaft-Angriff hatte Teheran seinerzeit einen Großangriff auf Israel mit hunderten Raketen und Drohnen ausgeführt. Es bleibt offen, wie Iran auf die jüngste Aggression Israels reagiert, um erneut seine Abschreckung gegenüber Tel Aviv wiederherzustellen.
Im Abschreckungswettstreit zwischen Teheran und Tel Aviv wurde bereits seit dem Angriff auf die Botschaft eine neue Phase eingeläutet. Das System der gegenseitigen Abschreckung durch Geheimdienstoperationen und den Einsatz von Stellvertretern in der Region ist an seine Grenzen gestoßen und die beiden Staaten steuern auf eine direkte Konfrontation zu.
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