Nahost

Nach Tod von Präsident Raisi: Neue Phase der hybriden Kriegsführung gegen Iran eingeleitet

Wenn es sich bei dem Hubschrauberabsturz um einen Unfall handelt und ein Fremdverschulden ausgeschlossen werden kann, muss das keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Lage in Nahost haben. Dennoch kommt die Krise dem Westen sehr gelegen.
Nach Tod von Präsident Raisi: Neue Phase der hybriden Kriegsführung gegen Iran eingeleitetQuelle: AFP © HAMID ABEDI

Von Armin Schmitt

Erneut hat Iran politische und militärische Führungspersönlichkeiten unter ungewöhnlichen Umständen verloren. Diesbezüglich konfrontiert Teheran die USA seit Jahrzehnten. Irans etablierte Linie, sich der Nahostpolitik des Westens zu widersetzen, wird durch den Tod von Raisi nicht erschüttert.

Sein Tod wird vor allem angesichts der begrenzten Machtfülle des Präsidentenamts nicht viel an der Grundausrichtung der Innen-, Außen- und Atompolitik ändern, wovon Israel profitieren könnte. Der Kurs in diesen Bereichen wird vom Obersten Führer und der Iranischen Revolutionsgarde bestimmt. Daher ist es unwahrscheinlich, dass Tel Aviv in den Absturz des Hubschraubers von Präsident Raisi an der Grenze zu Aserbaidschan involviert war.

Zudem war der Bell 212 Helikopter des Präsidenten über 40 Jahre alt, was einen technischen Defekt wahrscheinlicher macht. Irans Luftwaffe gilt als stark veraltet, ihre Modernisierung kommt angesichts scharfer westlicher Sanktionen kaum voran.  In der Vergangenheit hatten iranische Regierungsvertreter immer wieder die USA für Sicherheitsvorfälle verantwortlich gemacht. Der frühere iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif hatte zuletzt einen Zusammenhang zwischen dem Hubschrauberabsturz und den US-Sanktionen hergestellt, die den Verkauf von Ersatzteilen für die Luftfahrtindustrie untersagen.

Sollte es sich bei dem Hubschrauberabsturz tatsächlich um einen Unfall ohne Fremdverschulden handeln, so muss das auch keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Lage in Nahost haben. Dennoch wird das Drama um die Präsidentenmaschine Irans Ressourcen vorerst in der Innenpolitik binden und Irans Präsenz in der Region schwächen. Das dürfte insgesamt den Druck auf Israel verringern, da die Führung in Iran sich dann auf die Innenpolitik fokussieren müsste. Die Krise kommt dem Westen daher sehr gelegen.

Der Westen wird versuchen, den Vorfall zu nutzen und einen neuen Medienkrieg gegen Iran einzuleiten, indem er bei den anstehenden Wahlen die Bruchstellen der iranischen Gesellschaft wie "Frauenrechte" oder "Minderheitsrechte" durch Medien-Kampagnen in den Vordergrund rückt, um in Iran nach dem Fall Mahsa Amini erneut Unruhe zu stiften. Die iranische Regierung warnt bereits vor neuen Versuchen des Westens, die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Nach dem Tod von Raisi wird in dem Land am 28. Juni ein neuer Präsident gewählt. Dieses vom Wächterrat vorgeschlagene Datum wurde bei einem Treffen der Spitzen von Regierung, Parlament und Justiz festgelegt.

Irans Großangriff auf Israel und der darauffolgende begrenzte Gegenschlag von Tel Aviv war ein Sieg für Iran und eine Demütigung für die militärische Vormachtstellung der USA in der Region. Im Medienkrieg sitzt aber der Westen am längeren Hebel, und wird diesen einsetzen, um Iran zu destabilisieren und ihm dadurch Zugeständnisse bezüglich seiner Außenpolitik und vor allem seines Atomprogramms abzuringen.

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