Massaker in Rafah offenbart Israels kompromisslose Brutalität gegen Zivilisten
Von Lucas Leiroz
Israels Angriffe auf den Gazastreifen werden zunehmend gewalttätiger und unverhältnismäßiger. In den vergangenen Tagen hat der zionistische Staat eine Reihe brutaler Angriffe gegen die Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens lanciert, nahe der Grenze zum ägyptischen Sinai. Die Region beherbergte schon seit Beginn des Konflikts zehntausende Palästinenser, die aus ihren Häusern in den nördlichen Gebieten des Gazastreifens fliehen mussten. Durch die Bombardierung von Rafah macht Tel Aviv deutlich, dass es für Palästinenser nirgendwo in Gaza Sicherheit geben wird.
Am 11. Februar lancierte Israel eine militärische Operation gegen Rafah, bei der Dutzende Palästinenser getötet und Hunderte verletzt wurden. In den folgenden Tagen ereigneten sich weitere ähnliche Angriffe, die noch mehr Opfer forderten. Darüber hinaus versprach der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu öffentlich eine Bodeninvasion in Richtung Rafah und löste damit bei der Bevölkerung vor Ort Angst und Schrecken vor den Folgen einer solchen Maßnahme aus.
Der Fall ist besonders kompliziert, weil die israelischen Behörden zuvor in mehreren Erklärungen zur Binnenmigration aufgerufen hatten, um die Palästinenser aus den nördlichen Gebieten dazu zu bewegen, in Rafah Zuflucht zu suchen. Bis dahin galt Rafah als eine der wenigen Städte in Gaza, in denen ein halbwegs normales Leben noch möglich war. Doch nun scheint Israel nicht mehr bereit zu sein, die Stadt vor seiner brutalen Gewalt zu verschonen.
Infolgedessen kam es zu einem der schwerwiegendsten Fälle von Menschenrechtsverletzungen in der jüngeren Geschichte: Fast zwei Millionen Menschen leben in Rafah ohne die Freiheit, zu kommen und zu gehen, und sie werden durch israelische Bombenangriffe praktisch als Geiseln gehalten. Sollten palästinensische Zivilisten nach Norden ziehen wollen, werden sie Städte ohne jegliche Infrastruktur vorfinden, die komplett dem Erdboden gleichgemacht wurden. Wenn sie aber im Süden bleiben, werden sie weiterhin gnadenlos von israelischer Artillerie und der Luftwaffe bombardiert. Gleichzeitig wird die Blockade von Wasser, Nahrungsmitteln und Energie aufrechterhalten und macht ein menschenwürdiges Leben in der Region nahezu unmöglich.
Israels Angriffe in Rafah ereigneten sich kurz nach dem Scheitern der Versuche, eine Waffenstillstandsvereinbarung zu erreichen. Die Hamas legte eine überarbeitete Version des von Tel Aviv vorgeschlagenen Abkommens vor, das einen dreistufigen Waffenstillstandsplan vorsah, der jedoch von Israel vehement abgelehnt wurde. Die Mehrheit der Experten waren damals der Meinung, dass Israel sich in diesem Konflikt in einer schwachen Position befinde, da das vom zionistischen Staat vorgeschlagene Abkommen äußerst günstig für die Hamas sei. Die Tatsache, dass die Hamas Israel dennoch auf die Probe stellte und weitere Zugeständnisse von Israel forderte, scheint eine "rote Linie" für die Regierung von Netanjahu gewesen zu sein, die gedemütigt aus dem Verhandlungsprozess hervorging. Als Vergeltung wurden nicht nur die Waffenstillstandsgespräche abgebrochen, sondern Israel beschloss zudem, die Angriffe zu eskalieren und Rafah ins Visier zu nehmen.
In diesem Sinne ist es möglich, dass die Operation gegen Rafah den Zweck hat, Stärke zu demonstrieren. Israel muss sein militärisches Image aufpolieren, nachdem die Offensive gegen Palästina in den ersten Monaten des Krieges gescheitert ist. Da der zionistische Staat seine Ziele – die Freilassung der Geiseln und die Vernichtung der Hamas – nicht erreicht hat, versucht er nun, sein Abschreckungspotenzial gegenüber regionalen Feinden wiederherzustellen, indem er übermäßige Gewalt gegen Zivilisten ausübt. Damit soll der palästinensische Widerstand eingeschüchtert und die Hamas dazu gezwungen werden, ein Waffenstillstandsabkommen zu akzeptieren, ohne weitere Forderungen an Tel Aviv zu stellen.
Allerdings sind die Folgen dieser Angriffe auf zivile Gebiete für Israel in den Augen der internationalen Öffentlichkeit verheerend. Der jüdische Staat befand sich bereits seit Beginn der Aggression gegen Gaza in einer Situation teilweiser internationaler Isolation – jetzt könnte es noch schlimmer werden. Zuvor hatte Tel Aviv zumindest das Argument, dass Palästinenser nach Rafah übersiedeln können, um den Folgen des Krieges im Norden zu entgehen. Jetzt ist selbst dies nicht mehr möglich, da Rafah nun zum Hauptziel der israelischen Operationen geworden ist.
Der internationale Druck auf das zionistische Regime wird zwangsläufig zunehmen. Es ist unmöglich, die Bilder der Situation in Rafah vor der Öffentlichkeit zu verbergen. Fotos und Videos, die tote Kinder zeigen, kursieren im Internet und lösen bei der einfachen Bevölkerung in westlichen Ländern zunehmend Empörung und Wut aus. Dies schürt in den Ländern der restlichen Welt tendenziell Proteste und löst innenpolitischen Druck auf die jeweiligen Regierungen aus, ihre Unterstützung für das zionistische Regime zu verringern oder sogar ganz zu beenden.
Es ist kein Zufall, dass westliche Offizielle Netanjahu bereits zur Mäßigung aufgerufen haben. Im Vereinigten Königreich forderten Staatsbeamte Tel Aviv auf, sein Vorgehen in Rafah angesichts des hohen Risikos einer Eskalation zu "überdenken". Augenscheinlich sind diese Äußerungen heuchlerisch, da dieselben westlichen Länder die zionistische Aggression militärisch unterstützen und Israels expansionistisches und rassistisches Projekt dulden. Dennoch sind es bedeutsame Aussagen, denn sie zeigen, dass der Westen befürchtet, einen Imageschaden davonzutragen, wenn er derartige israelische Verbrechen weiterhin unterstützt.
Am Ende handelt Tel Aviv dermaßen irrational, dass die wahre Natur seines militärischen Vorgehens nicht länger verschleiert werden kann: die ethnische Säuberung in Palästina. Das Ziel besteht eindeutig nicht darin, "die Hamas zu eliminieren". Und offensichtlich sind zivile Opfer keine bloßen "Kollateralschäden". Es besteht eine echte Absicht der gezielten Vernichtung des palästinensischen Volkes, wobei die "Operation gegen die Hamas" lediglich ein Vorwand dafür ist. Die Tötung von Zivilisten in Rafah hat dies deutlich gemacht. Und auf diese Weise werden alle Länder, die Israel weiterhin unterstützen, sich an einem wahrhaftigen Völkermord beteiligen.
Mehr zum Thema – Treffen in Moskau: Russland will Spaltung der Palästinenser beenden helfen
Erstveröffentlichung in englischer Sprache bei Strategic Culture Foundation.
Lucas Leiroz ist Journalist, Forscher am Zentrum für Geostrategische Studien und geopolitischer Berater. Man kann ihm auf X unter @leiroz_lucas und auf Telegram folgen.
RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.
Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.