Nahost

Israel: Knesset soll aufgelöst werden – "Bibi" hofft auf Rückkehr

Israels Regierung bereitet die Auflösung des Parlaments vor. Das Land wird wohl demnächst seine fünften Wahlen in dreieinhalb Jahren abhalten. Das Ende der Regierung, die sich aus acht Parteien gebildet hatte, läutete der Streit um ein Gesetz für israelische Siedler ein.
Israel: Knesset soll aufgelöst werden – "Bibi" hofft auf Rückkehr© Gil Cohen-Magen

Die amtierende Regierung Israels hat inzwischen keine Mehrheit mehr in der Knesset. Der israelische Ministerpräsident Naftali Bennett und der stellvertretende Ministerpräsident Yair Lapid haben ihre vergeblichen Bemühungen um die Stabilisierung der angeschlagenen Koalition offiziell beendet.

Beide kündigten am Montag in einer gemeinsamen Stellungnahme an, dass sie innerhalb von sieben Tagen einen Gesetzentwurf zur Auflösung des Parlaments einbringen würden. Bis zur Vereidigung einer neuen Regierung wird den Angaben zufolge der aktuelle Außenminister Yair Lapid – ein ehemaliger Journalist, der die größte Partei in der Koalition anführt – vorübergehend das Amt des Ministerpräsidenten übernehmen.

Die Acht-Parteien-Koalition ist seit rund einem Jahr an der Macht und hatte die zwölfjährige Regierungszeit des ehemaligen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu beendet.

Der Hauptgrund für die Auflösung des Parlaments sei den Aussagen Bennetts zufolge das Scheitern der Abstimmung über die Verlängerung eines für die Sicherheit Israels wichtigen Notstandsgesetzes, das die Rechte der rund 500.000 israelischen Siedler im besetzten Westjordanland sichert. Es wurde bisher alle fünf Jahre mit großer Mehrheit erneuert. Ende Juni läuft es nun aus. Zum ersten Mal seit 55 Jahren haben auch Abgeordnete der Regierung gegen eine Verlängerung der Maßnahme votiert, die es jüdischen Siedlern im Westjordanland ermöglicht, die gleichen Vorteile zu genießen und vor den gleichen Gerichten belangt zu werden wie legale Einwohner Israels. 

Mazen Ghanem von der muslimischen Ra'am-Partei sowie Ghaida Rinawie Zoabi von der liberalen Meretz-Partei stimmten dagegen. Ihrer Meinung nach würden die Regelungen ein ungerechtes Rechtsregime ermöglichen, in dem Israelis und Palästinenser im selben besetzten Gebiet zwei verschiedenen Rechtssystemen unterworfen seien.

Durch die Auflösung der Knesset werden die Bestimmungen des Gesetzes automatisch bis drei Monate nach der Bildung der Folgeregierung in Kraft bleiben.

Bennett und Lapid erklärten, "sie wollten lieber den Eindruck einer erfolgreichen Regierung in der Öffentlichkeit hinterlassen", als von dem Oppositionsführer und ehemaligen Premierminister Benjamin Netanjahu aus dem Amt gedrängt zu werden. Die Entscheidung sei erst getroffen worden, "nachdem alle Versuche, die Koalition zu stabilisieren, ausgeschöpft waren." Obwohl dieser Schritt Bennett zufolge "nicht leicht" war, bezeichnete er die Auflösung als "die richtige Entscheidung".

"Glauben Sie mir, wir haben nichts unversucht gelassen."

Bennett führte an: 

"Letzten Freitag habe ich verstanden, dass nach dem Auslaufen des Siedlungsgesetzes Chaos herrschen wird. Das konnten wir nicht zulassen. Deshalb haben wir beschlossen, uns zur Wahl zu stellen, um das zu verhindern."

Die Koalition überstand daraufhin am Montag zwei Misstrauensanträge.

Justizminister Gideon Sa'ar machte "unverantwortliches Verhalten von Knesset-Mitgliedern in der Koalition" für den Zusammenbruch der Regierung verantwortlich und forderte, dass die nächsten Wahlen sich darauf konzentrieren sollten, Netanjahu aus dem Amt zu halten, damit er nicht wieder "das Land für seine eigenen persönlichen Interessen verpfändet."

Die Oppositionsparteien machten kein Geheimnis aus ihrer Entscheidung, gegen den Gesetzesantrag zum Westjordanland zu stimmen, obwohl sie ihn eigentlich ideologisch unterstützten. Sie blockierten aber die Verlängerung der Regelung trotzdem, um die Regierung unter Druck zu setzen und die Koalition letztlich zu stürzen. Das Knesset-Mitglied Keti Shitrit von Netanjahus Likud-Partei sagte diesbezüglich gegenüber World Israel News:

"Wir werden alles tun, um diese schlechte Regierung zu stürzen."

Der nächste Urnengang wird voraussichtlich am 25. Oktober stattfinden. Das Land würde damit seine fünften Wahlen in dreieinhalb Jahren abhalten. Oppositionspolitiker zeigten sich erfreut über die Nachricht der angedachten Auflösung des Parlaments. Der Abgeordnete Yoav Galant frohlockte:

"Bennett, Lapid – ihr habt ein Jahr zu spät das Richtige getan. Bald wird es eine Likud-geführte Regierung geben." 

In einer von der Likud-Partei veröffentlichten Erklärung wurde Bennett aufgefordert, "nach Hause zu gehen". Denn:

"Es ist vorbei. Es ist an der Zeit, Israel wieder nach rechts zu bringen."

In einem auf dem Kurznachrichtendienst Twitter veröffentlichten Video bezeichnete Netanjahu – mit zwölf Jahren im Amt der dienstälteste Premier in der Geschichte Israels – die derzeitige Regierung als eine, die "von den Unterstützern des Terrors abhängig ist, die die persönliche Sicherheit der Bürger Israels vernachlässigt und die Lebenshaltungskosten in neue Höhen treibt."

Das Acht-Parteien-Bündnis umfasst Vertreter des gesamten politischen Spektrums – vom rechten bis zum linken Rand – darunter erstmals auch eine arabische Partei.

Netanjahu freute sich über den Sturz der Regierung, nannte sie "die schlechteste in der Geschichte des Staates Israel" und versprach, dass die nächste – die wohl aus seiner Sicht von ihm angeführt werden wird – "nationalistisch" sein werde.

Der wegen Korruption angeklagte Oppositionsführer und seine Likud-Partei könnten laut Umfragen bei Neuwahlen wieder stärkste Kraft werden. Ob es ihnen jedoch gelingt, eine Regierung zu bilden, bleibt unklar.

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