Nach Anschlägen in Israel eskaliert die Lage weiter: Israelische Razzia im Westjordanland

Rund um das Josefsgrab am Stadtrand von Nablus kommt es seit mehreren Tagen immer wieder zu Zusammenstößen zwischen Israelis und Palästinensern. Die israelische Armee setzt ihre Razzien im Westjordanland fort. Ein Palästinenser wurde am Mittwoch bei einer Razzia in Nablus erschossen.

Ein 34-jähriger Palästinenser wurde am Mittwoch bei Zusammenstößen mit israelischen Streitkräften in Nablus getötet, wie das palästinensische Gesundheitsministerium mitteilte. Mindestens 16 weitere Menschen seien verletzt worden. Mohammed Assaf sei von scharfer Munition in die Brust getroffen worden, so das Gesundheitsministerium. Der Palästinensische Rote Halbmond teilte in einer Erklärung mit, dass im Dorf Beita und am Josefsgrab zehn Menschen durch scharfe Schüsse und sechs durch Schwammgranaten verletzt worden seien. 

Die Spannungen im Westjordanland sind in letzter Zeit nach einer Reihe tödlicher Anschläge in Israel eskaliert. In den vergangenen Tagen wurde Israel von mehreren Anschlägen erschüttert. Seit dem 22. März wurden dabei mindestens 14 jüdische Israelis durch arabische Israelis und Palästinenser aus dem Westjordanland getötet. Als Vergeltungsmaßnahme wurden in den vergangenen Tagen mehrere Pa­läs­ti­nen­se­r von israelischen Sicherheitskräften getötet. Die palästinensische Stadt Dschenin, die vor allem vom Handel lebt, wurde inzwischen gezielt mit harten wirtschaftlichen Sanktionen belegt. 

Nachdem die israelische Armee am Mittwoch erneut eine Razzia in Dschenin im nördlichen Westjordanland durchgeführt hatte, wurden Berichten zufolge seitens der Palästinenser Schüsse auf eine israelische Truppe abgefeuert. Bislang wurden jedoch keine Opfer gemeldet. Zeugen sagten, die Truppe habe Musab Hanaisheh, einen der Hamas nahestehenden Studentenführer, festgenommen. 

In einer kurzen Erklärung bestätigte das israelische Militär inzwischen, dass es in mehreren Gebieten im Westjordanland operiere, um Verdächtige festzunehmen. Israelische Streitkräfte führen seit dem Anschlag in Tel Aviv am Donnerstag letzter Woche, bei dem ein palästinensischer Angreifer namens Raad Hazem in einem belebten Viertel von Tel Aviv um sich geschossen und drei Israelis getötet hatte, täglich groß angelegte Razzien im Westjordanland durch.

Rund um das Josefsgrab am Stadtrand von Nablus kommt es seit mehreren Tagen immer wieder zu Zusammenstößen zwischen Israelis und Palästinensern. Wie die israelischen Verteidigungskräfte zuvor am Montagmorgen mitteilten, seien zwei Juden bei dem Versuch, das Josefsgrab in der Nähe der Stadt Nablus im Westjordanland zu erreichen, angeschossen und verwundet worden. Die Umstände der Schießerei seien nicht sofort klar gewesen. Nach Angaben der Armee passierten die Männer eine unbemannte Straßensperre am Eingang zu Nablus. Nach dem Angriff auf sie gelang es den Männern, einen Kontrollpunkt der Armee in der Nähe des Schreins zu erreichen, wo sie notversorgt wurden. 

Im Josefsgrab soll nach jüdischem Glauben der auch in der Bibel wichtige Stammesvater Josef mit seinen Söhnen Ephraim und Manasse bestattet worden sein. Der israelische Militärsprecher General Ran Kochav sagte, dass etwa 100 Palästinenser auf das Gelände zumarschiert seien, randaliert und dann das Grab in Brand gesteckt hätten, bevor sie von palästinensischen Sicherheitskräften zurückgedrängt worden seien.

Seit Anfang 2022 seien 1.100 Palästinenser aus dem Westjordanland von israelischen Streitkräften verhaftet worden, 300 allein im März, berichtete die israelische Nachrichtenwebsite Walla am Dienstag. Diese Zahl macht allein 50 Prozent der Gesamtzahl der verhafteten Palästinenser im vergangenen Jahr aus. Der israelische Verteidigungsminister Benny Gantz schrieb am Freitag auf Twitter, man habe bereits etwa 200 Menschen verhaftet, "wenn nötig" werde man auch Tausende festnehmen. Nach den jüngsten Anschlägen in Israel will die Regierung den Sperrzaun zum Westjordanland auf einer Länge von 40 Kilometern durch eine Mauer ersetzen. 

Seit Monaten war in Israel vor einem weiteren blutigen Ramadan gewarnt worden, nachdem es im vergangenen Mai schwere Unruhen sowie einen Waffengang zwischen Israel und der Hamas im Gazastreifen gegeben hatte. 

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