Nahost

Libanon: Was verbirgt sich hinter Hariris Rückzug aus Politik

Libanons ehemaliger Ministerpräsident Saad Hariri gab kürzlich seinen Rückzug aus der Politik im Libanon bekannt. Außerdem rief er in seiner Rückzugsverkündung auch zum Boykott der für Mai geplanten Parlamentswahl auf. Für den Libanon ist sein Rückzug aus dem politischen Leben eine schlechte Nachricht, da das Land angesichts der wirtschaftlichen Missstände so schnell wie möglich eine funktionierende Regierung braucht.
Libanon: Was verbirgt sich hinter Hariris Rückzug aus PolitikQuelle: AFP © Anwar Amro

Eine Analyse von Seyed Alireza Mousavi

Libanons ehemaliger Ministerpräsident Saad Hariri gab kürzlich seinen Rückzug aus der Politik in Libanon bekannt. Er werde bei der bevorstehenden Parlamentswahl im Mai nicht kandidieren, erklärte Hariri am Montag unter Tränen vor Journalisten in Beirut. Während der Pressekonferenz versuchte er, sich unter einem großen Bild seines Vaters Rafik Hariri als einen "Patriot" zu inszenieren. In einem egoistischen Schritt rief er in seiner Rückzugsverkündung auch zum Boykott der für Mai geplanten Parlamentswahl in Libanon auf.

In seiner emotional aufgeladenen Rede erklärte der Sohn des 2005 durch ein Bombenattentat getöteten früheren Regierungschefs Rafiq Hariri, dass es "im Lichte des iranischen Einflusses", der "internationalen Umbrüche" und der "internen Spaltung" des Landes" keinen Raum für gute Optionen für den Libanon gibt.

Sein Rückzug aus dem politischen Leben ist für den Libanon eine schlechte Nachricht, da das Land nach Jahren des Chaos und wirtschaftlicher Missstände so schnell wie möglich eine funktionierende Regierung braucht. Obwohl Hariri überhaupt nicht im Ruf stand, ein talentierter Politiker im Libanon zu sein, war er der wichtigste Politiker der sunnitischen Community, der in der Lage war, große Mehrheiten der Sunniten hinter sich politisch zu vereinen. 

Saudi-Arabien hat in letzter Zeit den Hariri-Clan gefördert, der ein Gegengewicht zur von Iran unterstützten Hisbollah-Bewegung bilden sollte. Saad hat wie sein Vater neben dem libanesischen auch einen saudischen Pass und gilt bislang als engster Verbündeter Riads in Beirut. Insofern erhärtet sich der Verdacht, dass ein Kalkül hinter seinem Rücktritt im Auftrag der Führung in Raid steckt, insbesondere deswegen, weil vor Hariri bereits eine ganze Reihe weiterer sunnitischer Politiker erklärt hatten, die bevorstehende Wahl im Mai boykottieren zu wollen.

Zwischen Saudi-Arabien und dem Libanon kam es in letzter Zeit zu diplomatischen Spannungen. Saudi-Arabien rief im Oktober 2021 seinen Botschafter aus Libanon zurück und verbot alle Importe aus dem Libanon. Der Rückzug von Hariri hinterlässt ein gefährliches Vakuum, das den sunnitische Bevölkerungsteil im Libanon auf einmal politisch heimatlos macht. Sein Schritt dürfte den Weg zur Radikalisierung der Sunniten im Libanon ebnen. Radikale Islamisten sind bereits in den Armenvierteln von sunnitischen Städten wie Tripolis präsent. Der Hisbollah-Generalsekretär Hassan Nasrallah warf unlängst in einer Fernsehansprache Saudi-Arabien "Terrorismusexport" in der Region vor. Nasrallah machte Riad für die Verbreitung extremistischer islamistischer Ideologie (Wahhabi-Daeshi-Ideologie) verantwortlich.

Dennoch ist nicht zu unterschlagen, dass es in den vergangenen Jahren gewisse Meinungsverschiedenheiten zwischen Mohammad bin Salman und Hariri gegeben hat. Saad Hariri versuchte 2009 eine gemeinsame Regierung mit der Hisbollah zu bilden, was seine saudischen Förderer seinerzeit verärgerte. Der saudische Kronprinz Bin Salman zwang im November 2017 Hariri zum Rücktritt und hielt ihn gegen seinen Willen in der saudischen Hauptstadt Riad fest. Die Beziehungen zwischen Hariri und der saudischen Führung haben sich davon seither nicht erholt. Gerüchte machen diesbezüglich auch die Runde, dass, solange Bin Salman in Raid herrscht, Hariri kein Comeback in die Politik verkünden werde. 

Der Abschied des 51-jährigen Politikers droht allerdings den zerrütteten Libanon noch tiefer in die Krise zu stürzen. Die Sunniten stellen im konfessionell ausgerichteten politischen System im Libanon stets den Ministerpräsidenten. Hariri hatte diesen Posten dreimal inne. Der Libanon befindet sich wirtschaftlich in einer dramatischen Lage. Angesichts der Treibstoffknappheit kam es mehrfach zu chaotischen Szenen im Land. Der Libanon entwickelt sich allmählich auch zu einem neuen Schauplatz der Konflikte zwischen Iran und Saudi-Arabien.  

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