Erdoğan nennt "größte Bedrohung für die Demokratie"

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat erklärt, dass die sozialen Medien "eine der größten Bedrohungen für die heutige Demokratie" seien. Die Plattformen würden es schwierig machen, die "Schwachen" zu schützen, ohne eine unangemessene Zensur einzuführen.

Während die sozialen Netzwerke ursprünglich als "Symbol der Freiheit" vermarktet wurden, sind sie zu einer Bedrohung für die demokratische Gesellschaft geworden. Das erklärte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan laut Associated Press in einer Videobotschaft bei einer Kommunikationskonferenz am Samstag. Er sagte:

"Wir versuchen, unser Volk, insbesondere die schwachen Teile unserer Gesellschaft, vor Lügen und Desinformation zu schützen, ohne das Recht unserer Bürger auf genaue und unparteiische Informationen zu verletzen."

In der Türkei müssen seit letztem Jahr Social-Media-Dienstleister mit mehr als einer Million Nutzer Daten speichern und einen rechtlichen Vertreter unterhalten. Diese Vorgabe hat Facebook, Youtube und Twitter dazu bewogen, Satellitenbüros in der Türkei einzurichten.

Die Türkei erwägt ein Gesetz, das die Verbreitung "falscher Informationen" im Internet verbietet. Dies ist jedoch ein notorisch schwer definierbarer Begriff sowohl für Social-Media-Plattformen als auch für ihre Milliarden von Nutzern. Alle drei großen Plattformen haben die Zensur seit Beginn der COVID-19-Epidemie erheblich verschärft und im Vorfeld der US-Präsidentschaftswahlen 2020 weitere Meinungen für tabu erklärt.

Sollte das Gesetz in der Türkei verabschiedet werden, würde es eine Regulierungsstelle für soziale Medien schaffen, die im Namen der Regierung Beiträge offiziell als Fehlinformationen einstufen kann. Denjenigen, die den neuen Regeln zufolge anstößige Inhalte posten, drohen bis zu fünf Jahren Gefängnis.

Selbsternannte Hüter der Pressefreiheit wie Freedom House haben Erdoğans Regierung dafür kritisiert, dass sie regierungskritische Inhalte entfernt und Personen verfolgt, die vermeintlich unerwünschte Kommentare in sozialen Medien veröffentlichen. So wurde beispielsweise die "freie Enzyklopädie" Wikipedia in der Türkei drei Jahre lang gesperrt, weil die englische Version in einem Artikel über "staatlich geförderten Terrorismus" behauptet hatte, dass dies auf die Türkei zutreffe. Das Verbot wurde vergangenes Jahr aufgehoben, nachdem das Verfassungsgericht des Landes festgestellt hatte, dass es gegen die Menschenrechte verstößt.

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