Treffen in Kabul: Normalisiert Deutschland seine Beziehung zur Taliban-Regierung?
Unlängst bezeichnete der geschäftsführende Außenminister Heiko Maas die Redeerlaubnis für Taliban vor der UN-Vollversammlung als "Showeinlagen" und hielt sie nicht für "hilfreich". Erstmals seit der Machtübernahme der Miliz in Afghanistan vor etwa drei Monaten entsandte die Bundesregierung nun jedoch einen ranghohen Diplomaten nach Kabul, um einen Gesprächskanal mit der neuen afghanischen Regierung zu eröffnen.
Das Auswärtige Amt in Berlin teilte mit, der Afghanistan-Sonderbeauftragte Jasper Wieck und der designierte deutsche Botschafter Markus Potzel seien am Donnerstag zu Gesprächen mit der Taliban-Regierung in der afghanischen Hauptstadt gewesen. Dabei sei Wieck in Kabul mit den stellvertretenden Ministerpräsidenten der Taliban-Regierung, Abdul Salam Hanafi und Mullah Abdul Ghani Baradar, zusammengetroffen.
Wie das Auswärtige Amt mitteilte, traf die Delegation, der auch der niederländische Botschafter angehörte, zudem den Taliban-Außenminister Amir Khan Muttaqi und den neuen Direktor des Geheimdienstes, Abdul Haq Wasiq.
Eine 🇩🇪/🇳🇱Delegation war heute zu Gesprächen in #Kabul. Unter den Themen:➡️Freie Ausreise aus #Afghanistan➡️ Zugang zu Bildung für Mädchen & Jungen➡️Mögliche Unterstützung von Lehrer*innengehältern über internationale Organsiationen. Zur Pressemitteilung👇 pic.twitter.com/E4w0Lt70YL
— Auswärtiges Amt (@AuswaertigesAmt) November 18, 2021
۱/۳ــ نن د ااا بهرنيو چارو وزير محترم مولوي صاحب اميرخان متقي د افغانستان لپاره د المان او نيدرلينډ خاص استازو جاسپر وايک او ارنيل ديبونټ، د المان نوماند سفير مارکس پوتزل او مل پلاوي سره وکتل.په ليدنه کې د المان او نيدرلينډ هيوادونو ګډ هيئت دافغانستان نوي حکومت سره په بشري مرستو pic.twitter.com/0Wn6EnMEOE
— Zabihullah (..ذبـــــیح الله م ) (@Zabehulah_M33) November 18, 2021
Die afghanische Regierung setzte sich in den Gesprächen mit der deutschen Seite für die Freigabe von Finanzmitteln des afghanischen Staates ein, die vom Westen blockiert werden, und warnte vor den Auswirkungen der humanitären Krise in Afghanistan.
Die Taliban, die bislang vom Ausland nicht als neue Machthaber anerkannt werden, sehen sich bei ihrem Übergang von einer militanten Gruppe hin zu einer Regierung zahlreichen Herausforderungen gegenüber. Die Lage in Afghanistan verschärft sich insbesondere dadurch, dass der Westen nicht bereit ist, die gesperrten Konten des afghanischen Staates freizugeben. Afghanistan ist in hohem Maße auf ausländische Hilfen angewiesen. Nach Angaben der afghanischen Zentralbank sind allein in Deutschland 431 Millionen Dollar an Zentralbankreserven auf einem Konto der Commerzbank eingefroren, und weitere 94 Millionen bei der Bundesbank. In Basel, bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, liegen etwa 660 Millionen.
Während des Treffens diskutierten beide Seiten die Möglichkeiten zur Stärkung der Beziehungen zwischen Deutschland und Afghanistan unter den Taliban, schrieb Ahmadullah Wasiq, der Vizechef der Taliban-Regierung für kulturelle Angelegenheiten auf Twitter.
د ااا د ریاست الوزرا مرستیالانو محترم ملا عبدالغني برادر اخند او مولوي عبدالسلام حنفي صاحب نن د المان او هالنډ هیوادونو له ځانګړو استازو او مل پلاویو سره ولیدل.په کتنه کې دواړو لوریو د افغانستان او یادو هیوادونو تر منځ د اړیکو په پیاوړتیا خبرې وکړي. pic.twitter.com/2LpnDerJTS
— Ahmadullah wasiq (@WasiqAhmadullah) November 18, 2021
Im Verlauf der Gespräche hätten, laut dem Auswärtigen Amt, die Taliban ihr Verständnis dafür zum Ausdruck gebracht, "dass der gleichberechtigte Zugang von Mädchen und Jungen zu Bildung eine nationale Notwendigkeit für Afghanistan" darstelle. Insbesondere sei es dabei um das allgemeine Recht auf Grund- und Sekundarschulbildung bis zur 12. Klasse gegangen.
Potzel, der bereits zwischen 2014 und 2016 deutscher Botschafter in Afghanistan war und bis zum Sommer als Sondergesandter der Bundesregierung für Afghanistan und Pakistan arbeitete, verhandelt seit Ende August 2021 von Doha aus mit Vertretern der Taliban. Eine Anerkennung der Taliban-Regierung und die Aufnahme offizieller diplomatischer Beziehungen soll mit dem jüngsten Besuch allerdings nicht verbunden sein.
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