Weitere UN-Experten verurteilen Israels Einstufung palästinensischer Gruppen als Terroristen
Die Entscheidung Israels, sechs palästinensische Nichtregierungsorganisationen (NROs) im Westjordanland als unbefugt zu erklären, indem sie als Terrororganisationen definiert wurden, hat in dieser Woche weitere Kritik von UN-Agenturen und der Association International Development Agencies (AIDA), die in den besetzten palästinensischen Gebieten (OPT) tätig sind, nach sich gezogen.
"Die Entscheidung des Militärbefehlshabers im Westjordanland vom 7. November, die sechs palästinensischen NRO per Militärbefehl als im Westjordanland nicht zugelassen zu erklären", so die UN und AIDA, "ist eine weitere Aushöhlung des zivilen und humanitären Raums und bedeutet eine erhebliche Einschränkung der Arbeit der sechs Organisationen, die seit Jahrzehnten mit der internationalen Gemeinschaft, einschließlich der UN, zusammenarbeiten und zahllosen Palästinensern lebenswichtige Dienste anbieten."
Laut der UN-Koordinatorin für humanitäre Hilfe in den besetzten palästinensischen Gebieten, Lynn Hastings, werden die israelischen Anschuldigungen gegen die NROs sehr ernst genommen, entbehren sie doch weiterhin jeglicher Belege. "Bis heute haben weder die UN-Organisationen noch AIDA schriftliche Unterlagen erhalten, die als Grundlage für die Anschuldigungen dienen könnten." Sie fügte hinzu, dass man sich weiterhin mit allen relevanten Partnern in Verbindung setzen werde, um weitere Informationen zu erhalten.
In der UN-AIDA-Erklärung von Dienstag heißt es, die Gesetzgebung zur Terrorismusbekämpfung muss im Einklang mit den Verpflichtungen des humanitären Völkerrechts und den internationalen Menschenrechtsnormen stehen, zu denen auch die Achtung des Rechts auf Vereinigungsfreiheit und freie Meinungsäußerung gehöre.
''Der Umfang der israelischen Anti-Terrorismus-Gesetzgebung von 2016 und ihre Auswirkungen auf die Unschuldsvermutung sind nach internationalem Recht sehr bedenklich.''
Viele der AIDA-Mitglieder arbeiten demnach seit Jahrzehnten mit den betroffenen Organisationen zusammen, schon frühere Anschuldigungen gegen sie waren nicht fundiert: "Frühere Behauptungen über den Missbrauch unserer Mittel durch palästinensische Partnerorganisationen der Zivilgesellschaft haben sich nicht bestätigt.''
Das als Verschlusssache eingestufte 74-seitige Dossier, auf dessen Basis Israel sechs palästinensische NROs als ''terroristische Vereinigungen'' gebrandmarkt hat, wurde offenbar von Israels internem Sicherheitsdienst Schin Bet erstellt und schon im Mai an die europäischen Regierungen weitergeleitet.
Mehreren Berichten zufolge enthält es keine konkreten Beweise für die Vorwürfe und keine Rechtfertigung für diese Einstufung, die für die Organisationen schwerwiegende Folgen haben könnten. Zwar ist es Israel nicht gelungen, europäische Staaten davon zu überzeugen, die Finanzierung der Gruppen einzustellen. Doch hat beispielsweise eine finnische christliche Missionsgruppe die Beziehungen zu einer palästinensischen Kinderrechtsorganisation abgebrochen, die von Israel als terroristische Organisation eingestuft wurde, weil sie Bankensanktionen befürchtet, wie Reuters berichtet.
Betroffen sind die Organisationen Addameer, Al-Haq, Defense for Children International Palestine (DCIP), die Union of Agricultural Work Committees (UAWC), das Bisan Center for Research and Development und die Union of Palestinian Women's Committees.
Die Gruppen betrachten die Anschuldigungen als einen Versuch, den Widerstand gegen Israels militärische Besetzung von Gebieten, die die Palästinenser für ihren zukünftigen Staat anstreben, mundtot zu machen.
Die Online-Nachrichtenseiten The Intercept sowie die israelischen Agenturen +972 und Local Call fanden bei der Einsichtnahme in das Dossier heraus, dass die verwendeten Informationen hauptsächlich auf Verhören von zwei Buchhaltern einer anderen palästinensischen NRO, den Health Work Committees, beruhen, die letztes Jahr ebenfalls als Terrororganisation eingestuft wurde.
Zudem waren Berichten zufolge die Telefone von sechs Mitgliedern palästinensischer Menschenrechtsorganisationen mit der berüchtigten Spionagesoftware Pegasus gehackt worden. Die Einstufung als Terrororganisation könnte demnach als nachträgliche Rechtfertigung für den Einsatz der Spionagesoftware ab Sommer 2020 gedient haben.
Weiterhin befürchten Kritiker, dass auf diese Weise die Verbrechen gegen palästinensische Zivilisten noch weniger Beachtung finden sollen. Die kanadische Journalistin Eva Bartlett, die seit Jahren über und aus dem Nahen Osten berichtet, erwähnt beispielsweise, dass die DCIP palästinensische Kinder, die in israelischen Gefängnissen inhaftiert worden sind, sowie Kinder, die von israelischen Soldaten oder Kolonisten getötet wurden, dokumentiert. "Ohne Gruppen wie diese, die diese Verbrechen dokumentieren, wird es umso unmöglicher, sich für die Kinder einzusetzen. Dies ist zweifellos einer der Gründe Israels, die ungeheuerliche Terrorismus-Bezeichnung zu verwenden."
Bereits im Oktober haben UN-Menschenrechtsexperten den Missbrauch des Terrorismusbegriffs durch Israel angeprangert und darauf verwiesen, dass laut Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, der Generalversammlung und dem Menschenrechtsrat jegliche Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung in einer Weise angewendet werden müssen, die mit dem Völkerrecht im Einklang stehen und nicht gegen die internationalen Verpflichtungen der Staaten verstoßen.
"Der Missbrauch von Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung durch die israelische Regierung untergräbt die Sicherheit aller", so die UN-Sonderberichterstatter. "Die Versammlungs- und Meinungsfreiheit muss in vollem Umfang geachtet werden, damit die Zivilgesellschaft ihre unverzichtbare Arbeit leisten kann, und darf nicht durch den offenkundig ungeheuerlichen Missbrauch von Gesetzen zur Terrorismusbekämpfung und Sicherheit untergraben werden".
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