Situation im Jemen hat weiteren Tiefpunkt erreicht – China drängt auf politische Lösung
Während führende UN-Beamte am Dienstag im UNO-Sicherheitsrat davor warnten, dass die Krise im Jemen einen neuen Tiefpunkt erreicht hat, setzte sich China für eine politische Lösung ein.
Der UN-Untergeneralsekretär für humanitäre Angelegenheiten, Mark Lowcock, warnte am Dienstag, dass die bereits fatale humanitäre Krise im Jemen noch nie so schlimm war wie zum gegenwärtigen Zeitpunkt.
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"Eine Hungersnot zeichnet sich erneut ab. Der Konflikt eskaliert erneut. Die Wirtschaft liegt wieder in Trümmern. Die humanitären Hilfsorganisationen sind wieder nahezu bankrott", sagte Lowcock in einem Briefing vor dem UN-Sicherheitsrat. Außerdem gebe es derzeit 43 aktive Konfliktlinien, im Januar seien noch 33 gezählt worden. "Und dann die neuen Probleme: COVID-19 gerät außer Kontrolle, und wir haben die traurige Geschichte des Safer-Tankers." Nach Angaben des UNO-Umweltprogramms könnte das Auslaufen des Öls aus dem Tanker das Ökosystem des Roten Meeres zerstören, von dem fast 30 Millionen Menschen abhängig sind, darunter mindestens 125.000 jemenitische Fischer und 1,6 Millionen Menschen, die bereits jetzt stark von humanitärer Hilfe abhängig sind. Lowcock, der auch das UN-Amt für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) leitet, warnte, dass die Finanzierung der Hilfsoperationen im Jemen kurz vor dem Zusammenbruch steht.
Famine is again on Yemen’s horizon. Conflict is escalating. The economy is again in tatters. Humanitarian agencies are again nearly broke. And #COVID19 is out of control. I briefed the Security Council on urgent need for progress in #Yemen. https://t.co/wzmyIGdsRipic.twitter.com/v3u9bN2K1D
— Mark Lowcock (@UNReliefChief) July 28, 2020
Früher haben die Vereinten Nationen und ihre Partner jeden Monat 13 Millionen hungernde Menschen im Jemen mit Nahrungsmitteln versorgt. Aufgrund von Mittelkürzungen erhalten nur noch fünf Millionen dieser Menschen volle Rationen. Bei acht Millionen wurde die Ration um die Hälfte gekürzt. Ähnliche Kürzungen betreffen Millionen von Menschen, die auf Hilfe für Wasser, Gesundheitsversorgung und andere Bedürfnisse angewiesen sind, so Lowcock. Die Hilfsorganisationen hätten bisher etwa 18 Prozent dessen erhalten, was für den diesjährigen humanitären Hilfsplan benötigt werde.
Die Wirtschaft des Jemen befinde sich im freien Fall, mit steigenden Preisen und Treibstoffknappheit, die unter anderem durch die Hafenblockade in al-Hudaida bedingt sei, warnte Lowcock. Allerdings drohe jetzt der brüchige Tanker vor der Küste den Hafen für Wochen oder Monate außer Betrieb zu setzen, wenn die 1,1 Millionen Barrel Rohöl auslaufen würden – viermal so viel wie bei der Exxon-Valdez-Katastrophe im Jahr 1989.
Lowcock appellierte auch an die Nachbarn des Jemen am Golf, ihre Unterstützung zu verstärken. Der starke Rückgang der Zahlungen aus den Golfstaaten in diesem Jahr sei der Hauptgrund dafür, dass die Ressourcenlücke so groß ist.
"Die Jemeniten brauchen einen landesweiten Waffenstillstand", mahnte Lowcock und forderte die involvierten Parteien auf, alles zu tun, um die Gewalt sofort zu deeskalieren.
China drängt auf "politische Lösung"
Unterdessen nannte der Ständige Vertreter Chinas bei den Vereinten Nationen eine "politische Lösung" als den einzigen Ausweg aus dem Konflikt im Jemen.
"Die gegenwärtige Situation im Jemen ist nicht günstig. Die internationale Gemeinschaft muss ihre Bemühungen verstärken, um auf einen baldigen Durchbruch bei der politischen Lösung der jemenitischen Frage zu drängen", sagte Zhang Jun, Chinas Ständiger Vertreter bei den Vereinten Nationen am Dienstag vor dem UNO-Sicherheitsrat.
China unterstütze die Suche nach einer Lösung für das jemenitische Problem unter drei Aspekten: einem landesweiten Waffenstillstand, wirtschaftlichen und humanitären Maßnahmen und umfassenden politischen Verhandlungen, so der Diplomat.
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Die Konfliktparteien sollten die Gewalt beenden und die Sicherheitslage vor Ort verbessern.
"Die internationale Gemeinschaft muss sich weiterhin für eine politische Lösung einsetzen und weiterhin gute Dienste und Vermittlungen fördern. Die humanitäre Lage im Jemen sollte verbessert und der Zugang für humanitäre Hilfe gewährleistet werden."
Auch UN-Vermittler Martin Griffith hatte am Dienstag vor dem UN-Sicherheitsrat in New York gewarnt: "Es besteht die reale Gefahr, dass die Chance für Verhandlungen schwindet und der Jemen in eine neue Phase der anhaltenden Eskalation, der unkontrollierten Ausbreitung von COVID-19 und des schweren und bedrohlichen wirtschaftlichen Niedergangs eintritt."
Am Mittwoch verkündete der Südliche Übergangsrat (STC), die Bestrebungen nach Selbstbestimmung im Süden des Jemen aufzugeben und ein von Saudi-Arabien vermitteltes Machtteilungsabkommen mit der Regierung von Präsident Abed Rabbo Mansur Hadi umzusetzen. Die seit Langem bestehende Rivalität zwischen der von Saudis unterstützten Hadi-Regierung und den von den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) unterstützten Separatisten im Süden drohte die Koalition zu spalten, beide Länder sind mutmaßliche Verbündete in der von den Saudis geführten Militärkoalition gegen die jemenitischen Huthi.
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Seit März 2015 führen Saudi-Arabien und seine Verbündeten, darunter die VAE, eine blutige Militäraggression unter Einsatz von Waffen westlicher Unterstützer im Jemen durch. Ziel des Krieges war es, den ehemaligen jemenitischen Präsidenten Abed Rabbo Mansur Hadi wieder an die Macht zu bringen und die Huthi-Ansarullah-Bewegung zu besiegen.
Laut Press TV hat jedoch noch am Dienstag eine Streubombe erneut Zivilisten getötet und verletzt, darunter mindestens vier Kinder. Streumunition ist besonders tückisch, da sie mehrere Bomblets oder Submunitionen über ein weites Gebiet verteilt und gefährliche Blindgänger hinterlässt, die wie Landminen noch jahrelang töten und verstümmeln können. Laut Internationalem Komitee vom Roten Kreuz trifft es oft Kinder, deren Neugier von den leuchtenden Farben geweckt wird.
In dieser Woche wird der zehnte Jahrestag der Konvention über Streumunition begangen, die am 1. August 2010 in Kraft getreten ist und Streumunition verbietet, deren Räumung sowie die Unterstützung der Opfer fordert. Die USA haben die Konvention über Streumunition nicht unterzeichnet.
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