Nahost

Überläufer von Maghawir al-Thawra: US-Verbündete in Syrien rekrutieren Kämpfer von IS und Al-Qaida

Die von den USA unterstützte Gruppierung Maghawir al-Thawra in Syrien rekrutiert Kämpfer der Terrormilizen Islamischer Staat und Dschabhat al-Nusra (ehemals Al-Qaida). Dies sagte ein Überläufer gegenüber syrischen Sicherheitskräften und russischen Journalisten.
Überläufer von Maghawir al-Thawra: US-Verbündete in Syrien rekrutieren Kämpfer von IS und Al-QaidaQuelle: Sputnik © Mikhail Alaeddin

Die regierungsfeindliche Gruppierung Maghawir al-Thawra in Syrien, an der Grenze zu Jordanien, wird von vielen zwar als extremistische Gruppierung, aber von den allermeisten Regierungen der Welt (auch von der russischen) noch nicht offiziell als terroristische Vereinigung geführt. Doch es häufen sich Hinweise, dass die Gruppierung mit starken Verbindungen zu den US-Truppen im Stützpunkt at-Tanf, offiziell als Verbündete der US-geführten Anti-Assad-Koalition anerkannt, ihrem Wesen nach eine Terrormiliz darstellt. 

So nimmt die Gruppe nach neuesten Informationen, die ein Überläufer – ein einfacher Kämpfer der Gruppierung – lieferte, reibungslos Mitglieder der Terrormilizen Islamischer Staat und Dschabhat al-Nusra (ehemals Al-Qaida) in ihre Reihen auf.

Terrorist ist, wer Terror verbreitet

Erst im März dieses Jahres lieferte Sultan Aid Abdellah Souda, ein ehemaliger Oberst der syrischen Armee, der nach einer Zeit der Zusammenarbeit mit Maghawir al-Thawra auf das von syrischen Regierungstruppen kontrollierte Territorium floh und dort von diesen als Deserteur gefasst wurde, folgende Information: Kämpfer der US-nahen Maghawir al-Thawra werden von ihren US-Kuratoren im Stützpunkt at-Tanf mit Aufträgen losgeschickt, die nach allen gängigen Standards als Terroranschläge zu werten wären, schrieb die russische NachrichtenagenturTASSSouda sagte über seine ehemaligen Milizkameraden Folgendes aus:

Nach einer Ausbildung bei den US-Instrukteuren wurden sie in den Osten entsendet, zum Euphrat, um dort Anschläge und Sabotageakte zu verüben – meist gegen Objekte der Erdölindustrie und Objekte der Infrastruktur unter Kontrolle der Regierung, um die Menschen zu verängstigen und Schaden anzurichten.

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Der ehemalige Oberst merkte damals an, dass das Aufgebot der Milizkämpfer in der Region von at-Tanf zurückgegangen war und brachte es mit einer neuen Strategie in Verbindung, die die US-Truppen in at-Tanf allem Anschein nach seit geraumer Zeit verfolgen:

Ich weiß nicht genau, was bei den US-Amerikanern passiert ist – aber sie haben die Finanzierung gekürzt und erklärt: Wenn ihr mehr bekommen wollt, müsst ihr Aufträge außerhalb des 55-Kilometer-Umkreises erfüllen. […] Ein Teil der Kämpfer wurde in die Provinz Hasekeh entsandt, andere nach Idlib.

Mit einer solchen Strategie von Sabotageakten und Anschlägen weit außerhalb des US-Einflussbereichs um at-Tanf herum lässt sich zum Beispiel erklären, warum das Restaufgebot des Spähtrupps der Maghawir al-Thawra, der am 14. Juli 2020 auf Motorrädern in ein Minenfeld tappte, mit gut 200 Kilometern nördlich doch ziemlich weit von at-Tanf  festgenommen wurde – und ganz nebenbei auch, warum es zunächst nur ein Spähtrupp und noch kein Sabotage- oder Terrorkommando war. 

Souda selbst desertierte im Jahr 2013 wegen Drohungen gegen seine Familie seitens der Terrormiliz Islamischer Staat und floh ins Flüchtlingslager Rukban. Dort betrieb er einen Internetshop und ein Internetcafé, bis er im Jahr 2016 auf ein Angebot der US-Truppen zur Zusammenarbeit einging und Maghawir at-Thawra beitrat. Er gab an, die Stützstellung As-Suwerija in at-Tanf befehligt zu haben – aber auch, von US-Instrukteuren zum Saboteur ausgebildet worden zu sein. Er floh auf das von Regierungstruppen kontrollierte Territorium, nachdem er ab Dezember 2019 58 Tage wegen Verstoßes gegen das Mobilfunkverbot auf dem US-Stützpunkt in at-Tanf im Gefängnis einsitzen musste.

Terrorist ist, wer mit Waffe in der Hand dem IS dient

Nun meldete sich am 24. Juli 2020 ein weiteres ehemaliges Mitglied von Maghawir at-Thawra zu Wort – mit Hassan Abdul Atra diesmal ein einfacher Kämpfer. Er landete als Binnenvertriebener im Flüchtlingslager Rukban an der syrisch-jordanischen Grenze und wurde dort von den Extremisten rekrutiert. Ihm zufolge ist die Maghawir al-Thawra, ein wichtiger Verbündeter der US-Truppen in Syrien, nicht nur ihren Aktivitäten nach eine terroristische Vereinigung, sondern zumindest teilweise auch nach ihrem Kaderbestand – und die US-Truppen im Stützpunkt in at-Tanf wissen hierüber bestens Bescheid. Entsprechende Information gab er bei seinem Verhör den syrischen Aufklärungsdiensten. Die russische Nachrichtenagentur RIA Nowostizitiert den ehemaligen Milizkämpfer so: 

"Ich habe eines Tages mit eigenen Augen gesehen, wie zehn Motorradfahrer ankamen – alle waren IS- und Dschabhat al-Nusra-Kämpfer. Sie wurden angenommen und im weiteren Verlauf auf die Stellungen der Umgebung von at-Tanf verteilt. Mehrmals kamen aus dem Norden Menschen mit langen Haaren und langen Bärten an und gingen, ohne in unseren Stützstellungen kontrolliert zu werden, ohne Umwege zum US-amerikanischen Stützpunkt."

Nebenbeschäftigung: Als Lockvogel und Kanonenfutter US-Luftangriffe auf syrische Truppen provozieren

Weil aber nicht jeder zum Terroristen taugt, finden sich für viele Kämpfer der Maghawir al-Thawra auch weitere Beschäftigungsfelder. So auch für Hassan Abdul Atra, der mit Betrug in die Reihen der Gruppierung geworben wurde. TASS zitiert:

"Jeder Kämpfer durchläuft eine 15-tägige Ausbildung – uns wurde der Umgang mit unterschiedlichen Waffen beigebracht. Ich wurde fast sofort den MG-Schützen zugeteilt – mir brachten sie bei, das US-amerikanische Maschinengewehr im Kaliber 12,7 Millimeter zu schießen, das oft auf Pick-ups montiert wird."

Mit einem Trupp auf solchen Pick-ups wurde Atra dann zur Front abkommandiert. Angst hatte er nicht, denn es galt bereits der Feuerstopp, so die russische Nachrichtenplattform ren.tv. Doch irgendwann wurden die Befehle, die seiner mobilen Gruppe erteilt wurden, sehr, sehr übel: "Wir sollten eine Provokation gegen die syrische Armee durchführen, um den US-Amerikanern einen Anlass zu geben, sie anzugreifen. Sechs Pick-ups mit je vier Mann. Wir wussten, dass die US-Amerikaner zwei ihrer Flugzeuge in der Luft hatten. Und wenn die syrischen Truppen das Feuer auf unsere Gruppe eröffnet hätten, hätten diese Flugzeuge sie angegriffen. Man zwang uns, an eine Stützstellung der syrischen Armee heranzufahren – bis auf eine Entfernung von nur 200 Metern."

Der Plan ging nicht auf, die Armee schoss nicht. Die nächsten zwei Provokationsversuche verliefen genauso. Nun beschloss Atra, sich den Regierungstruppen zu ergeben, und ihm gelang es, deren Aufklärungsdienste zu kontaktieren. Keinen geringen Ausschlag dürfte bei dieser Entscheidung die Tatsache gespielt haben, dass Atra und seine Milizkameraden auf Pick-ups für die Maghawir al-Thawra nicht nur den Lockvogel spielen durften, sondern schlicht Kanonenfutter waren. Der russische Militär-TV-Sender Swesdazitiert:

"Damit die Kämpfer nicht fliehen können, betanken die Kommandeure die Pick-ups für eine Fahrdistanz von bloß 10 bis 15 Kilometern. Die syrische Armee war vorgewarnt, dass ich in ihre Richtung fahren werde, und schoss nicht. Es war 4:30 Uhr morgens, ich bekam die Bewaffnung ausgehändigt und fuhr in Richtung der Stellungen der syrischen Armee los. Zuvor hatte ich Brot beschafft – für die Kämpfer, die mit mir fahren sollten. Solange sie es aßen, nahm ich klammheimlich die Verschlüsse von allen Waffen ab, damit sie mich nicht zusammenschossen."

Atra hatte doppelt Glück: Seine Truppkameraden versuchten nicht, ihn zurückzuhalten, sondern ergaben sich spontan mit ihm zusammen der syrischen Armee. Die Information, die sie den syrischen Sicherheitskräften mitzuteilen hatten, veranlasste diese, Atra nach nur kurzer Untersuchung freizulassen.

Das Flüchtlingslager Rukban, US-Truppen und ihre Verbündeten: Terror nach außen – Terror nach innen

Wie zuvor seine Vorgänger sagte Hassan Abdul Atra aus, dass die Kämpfer von Maghawir al-Thawra nicht bloß als Regierungsgegner Verbündete der US-Truppen sind. Vielmehr stehen sie bei den USA in Lohn und Brot und werden von ihnen mit Waffen und Munition versorgt:

"Die US-Amerikaner geben dem Kommandeur Muhannad at-Talla Geld, das er persönlich in der Gruppierung verteilt."

RT berichtete bereits, dass die katastrophale Versorgungslage der Flüchtlinge im Lager Rukban viele Männer in die Reihen der dortigen regierungsfeindlichen Milizen treibt.

Ein wichtiger Faktor ist dabei, dass der Milizkommandeur mit humanitären Hilfsgütern für die Lagerbewohner auf dieselbe Weise verfährt wie mit dem US-Geld. Der Überläufer gab an:

"Solange ich im Flüchtlingslager Rukban war, kamen mehrere humanitäre Hilfslieferungen – syrische und russische. Doch der Kommandeur der Gruppierung, Muhannad al-Talla, verteilt sie selber. Den Großteil behält er zu eigenen Zwecken. Den Rest verteilt an seine Helfer, an seine Leute."

Hassan Abdul Atra betonte, dass US-Truppen in at-Tanf ihrerseits alles dafür tun, dass ihre bewaffneten Handlanger in at-Tanf stets regen Zulauf an frischem Kanonenfutter genießen. So halten auch sie humanitäre Hilfslieferungen, die für die Lagerbewohner bestimmt waren, zurück. Atra wörtlich gegenüber RIA Nowosti: "Es gab Fälle, als die US-Amerikaner humanitäre Hilfslieferungen anhielten und nicht weiterließen. Gesagt haben sie uns aber, dass das die Russen getan haben."

Es ist bekannt, dass den Bewohnern des Flüchtlingslagers Rukban Angst vor dem Verlassen des Lagers eingejagt wird. Doch entgegen vielen vorigen Berichten erklärte der ehemalige Kämpfer, dass nicht nur die Milizen Lügen darüber verbreiten, wie es Menschen ergeht, die das Lager verlassen und sich in Gebiete unter Regierungskontrolle begeben, sondern in der Tat sogar die US-Truppen:

"Als vor ein paar Monaten eine Massenflucht gelang und gleich 27 Kämpfer auf Fahrzeugen und mit Waffen zu den Regierungstruppen überliefen, gaben US-Amerikaner die Information heraus, Damaskus habe diese Menschen sofort in Gefängnissen interniert. Ich entschied mich aber dennoch für die Flucht – und konnte mich bereits nach der Flucht, auf der anderen Seite, mit diesen Überläufern in Verbindung setzen. Es stellte sich heraus, dass es allen gut geht, sie sind auf freiem Fuß."

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