Nahost

Wie Israel die Bundesregierung kurz vor der Annexionsabstimmung an der Nase herumführt

Am Mittwoch reist Bundesaußenminister Heiko Maas nach Israel und Jordanien. Eigentlich wollte sich der SPD-Politiker auch mit Palästinensern im besetzten Gebiet treffen, um über die bevorstehende Annexion zu sprechen – doch Israel "erlaubt" den Besuch aus epidemiologischen Gründen nicht.
Wie Israel die Bundesregierung kurz vor der Annexionsabstimmung an der Nase herumführtQuelle: Reuters © Amir Cohen

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu versprach bei einem Treffen am Sonntag mit Siedlerführern, dass alle 132 nach Völkerrecht illegalen Siedlungen im Westjordanland am 1. Juli annektiert und dem israelischen Staatsgebiet einverleibt werden. Am selben Tag, an dem dieser Schritt vollzogen werden soll, übernimmt Deutschland den EU-Ratsvorsitz und Vorsitz im UN-Sicherheitsrat. Die ganze Welt blickt also mit Spannung darauf, wie Deutschland mit seiner besonderen Verantwortung in diesen internationalen Gremien umgehen wird, wenn es zu einem eklatanten Bruch des Völkerrechts kommt.

Für die Bundesregierung wird dies eine schwierige Gratwanderung werden, zumal mit Heiko Maas (SPD) ein Mann an der Spitze des Auswärtigen Amtes steht, der nicht unbedingt dafür bekannt ist, Tacheles mit Verbündeten zu reden. Er setzt auf leise Bedenken, die zwar hinter verschlossenen Türen geäußert, aber von kaum jemandem ernst genommen werden. Auch nicht von der israelischen Regierung, wie die jüngste Entwicklung zum Countdown der Annexion zeigt.

Am Mittwoch reist Maas nach Israel und Jordanien, um mit der neuen Regierung in Jerusalem und König Abdullah II. in Amman über das zu sprechen, was in weniger als einem Monat geschehen wird. Geplant war eigentlich auch ein Besuch in Ramallah, der laut dem Auswärtigen Amt in Berlin aber aufgrund "erschwerter Bedingungen" wegen der Corona-Pandemie abgesagt wurde. Nun soll eine Videokonferenz mit den Palästinensern stattfinden.

Was es mit diesen "erschwerten Bedingungen" auf sich hatte, stellte sich dann am Montag heraus. Beamte des israelischen Außenministeriums sagten der Tageszeitung Haaretz, dass die Regierung von Benjamin Netanjahu den Besuch verhindert habe, indem sie auf die Quarantänepflicht verwies. Sollte Maas also die wenigen Kilometer nach Ramallah fahren wollen, könne er das zwar tun, muss dann aber auf dem Rückweg zum internationalen Flughafen Ben Gurion für 14 Tage in die Quarantäne in Israel.

Dass sich Netanjahu aber am Sonntag erst mit Siedlerführern in seinem Büro in Jerusalem traf, die in den besetzten Gebieten leben und ohne Quarantänepflichten zwischen den beiden Welten pendeln, scheint dem Auswärtigen Amt und Maas entgangen zu sein. Ansonsten hätte der Außenminister der Bundesrepublik Deutschland, einer der wichtigsten Verbündeten Israels, durchaus auf den Besuch in Ramallah bestehen können, wenn ihm das tatsächlich wichtig genug erschienen wäre.

Wie die Beziehungen zwischen Israel und Deutschland nach der zu erwartenden Annexion aussehen werden, wird möglicherweise auch davon abhängen, was die Gespräche am Mittwoch in Jerusalem und Amman ergeben. Fest steht, dass sich das israelische Außenministerium selbstverständlich darüber Gedanken macht und zum Schluss gekommen ist, dass Israel offensichtlich nicht viel aus Berlin befürchten muss. Zwar könne es zu Verstimmungen in den Beziehungen kommen, da Deutschland das Völkerrecht als hohes Gut betrachtet. Aber man rechnet nicht damit, dass die Bundesregierung Sanktionen verhängen oder einen solchen koordinierten Schritt in internationalen Gremien unterstützen würde. 

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