Bundestagswahl 2025

Bundestagswahl 2025: Wie die Parteien Deutschlands Wirtschaft retten wollen

Der deutschen Wirtschaft geht es schlecht. Hat jemand einen Rettungsplan, um ihr endgültiges Ableben zu verhindern? Wir haben uns die Parteiprogramme zur Bundestagswahl unter diesem Aspekt angesehen.
Bundestagswahl 2025: Wie die Parteien Deutschlands Wirtschaft retten wollenQuelle: Gettyimages.ru © Michael Kappeler - Pool

Von Alexej Danckwardt

Vor drei Jahren tappte Deutschland in die Ukraine-Falle: Statt im durch die räuberische Expansion von EU und NATO verursachten Konflikt neutral zu bleiben, witterte man in Berlin ein schnelles Zusammenbrechen Russlands und fette Beute. Man schloss sich antirussischen Sanktionen an und zerbrach über Jahrzehnte aufgebaute Handelsbeziehungen. 

Die Folgen spürte weniger Russland als die deutsche Wirtschaft. Durch den Verlust des russischen Marktes, vor allem aber der günstigen russischen Energieträger, geht es mit dem produzierenden Gewerbe in Deutschland unaufhaltsam bergab. Unternehmen wandern aus, verlagern die Produktion in die USA und die Volkswirtschaft balanciert zwischen Rezession und "Null-Wachstum". Vieles spricht dafür, dass dieses Jahr entscheidend wird: Langsam drohen diese Prozesse unumkehrbar zu werden. 

Wir haben uns im Vorfeld der Bundestagswahl die Parteiprogramme angesehen und wollten wissen, welche Partei – in alphabetischer Reihenfolge – einen glaubhaften Rettungsplan für die deutsche Wirtschaft anzubieten hat.

Die AfD gibt in ihrem Wahlprogramm an, eine "funktionierende Wirtschaft" anzustreben, die "aus eigener Kraft und Profitabilität in Forschung und Entwicklung investiert". Erreicht werden soll dies durch "auf Leistung und Talentförderung ausgelegte Schul- und Berufsausbildung", Reduzierung von Technologievorgaben, Auflagen und Verboten, Senken von Unternehmens- und Einkommensteuern sowie Abgaben. International wettbewerbsfähige Strompreise will sie durch Verlängerung der Laufzeiten der Kohlekraftwerke, Wiedereinstieg in die Nutzung der Kernenergie, Reparatur und Wiederinbetriebnahme der Nord-Stream-Pipelines, Aufhebung des Verbots von Gas- und Ölheizungen, Abschaffung der CO₂-Abgabe und Reduzierung der Energiesteuer und Senkung der Stromsteuer auf das Minimum erreichen. Außerdem soll ein Ausbaustopp für Windenergie "immer höhere Netzentgelte" in den Stromnetzen verhindern.

Abschaffen will die AfD unter anderem das "Lieferkettensorgfaltsgesetz" und die EU-Lieferkettenrichtlinie, Verpackungsgesetz und Verbrennerverbot. 

Wie sie die angekündigten hohen Investitionen in Bildung und Infrastruktur bei gleichzeitig deutlicher Senkung von Steuern finanzieren will, wird aus dem Programm nicht ganz klar. Senken will die AfD unter anderem die Unternehmenssteuern sowie die Einkommensteuer, letztere durch einen "deutlich höheren Grundfreibetrag", was theoretisch allen Einkommensgruppen zugutekäme. Überdies will die Partei den Solidaritätszuschlag, die Grundsteuer, (die seit Jahren ausgesetzte) Vermögensteuer und die Erbschaftsteuer komplett abschaffen. Letzteres ist vor allem ein Geschenk an reiche Großerben, da bei der Erbschaftsteuer hohe Freibeträge für das Erben unter Verwandten gelten.

Zur Gegenfinanzierung werden vor allem Ausgabeneinsparungen (unter anderem bei Zuwendungen für Nichtregierungsorganisationen, die EU und bei Ausgaben für die Öffentlichkeitsarbeit der Regierung) benannt, eine detaillierte Rechnung dazu enthält das Programm jedoch nicht.

Auch hält die AfD in dem Wahlprogramm weiterhin an ihrer Forderung nach dem Austritt aus dem Euro fest.

Das Wahlprogramm von Bündnis 90/Die Grünen setzt im Wesentlichen auf eine Fortsetzung des bisherigen Kurses auf "ökologischen und klimagerechten Umbau der Wirtschaft". Man könne nicht "im Status quo verharren" und benötige "mehr Raum und Begeisterung für die Bereitschaft und den Mut, mit neuen Ideen und Technologien ins Risiko zu gehen". Das Ziel sei es, "die Innovationskraft unseres Landes spürbar zu stärken und zum Spitzenreiter bei Zukunftstechnologien zu werden". 

Im Vordergrund steht für die Grünen weiterhin die "Bekämpfung der Klimakrise, die gemeinsam mit der Krise der Artenvielfalt die große Aufgabe unserer Zeit ist". Das erfordere, so das Wahlprogramm, "große Investitionen, zum Beispiel in den Ausbau günstiger erneuerbarer Energien, die Steigerung der Energieeffizienz und den Umbau der Stromnetze". Woher das Geld für diese Investitionen kommen soll, wird auch bei den Grünen nicht wirklich klar. Angedeutet wird eine höhere Staatsverschuldung durch Reform der Schuldenbremse. Der Großteil der Investitionen komme jedoch "von Unternehmen und anderen privaten Akteuren", so das grüne Wahlprogramm ausdrücklich. 

Hinsichtlich der Energiekosten, die der deutschen Industrie große Probleme bereiten, kündigt das Wahlprogramm der Grünen an, die Stromsteuer "auf das europäische Minimum" senken zu wollen und sich "für eine breitere Ausgestaltung der Strompreiskompensation für energieintensive Unternehmen, die im globalen Wettbewerb stehen" einzusetzen. 

Die Besteuerung von Vermögenden wollen die Grünen ausweiten und fordern: "eine globale Milliardärssteuer, eine fairere Erbschaftssteuer, eine gerechte Immobilienbesteuerung ohne Schlupflöcher und eine nationale Vermögenssteuer auf sehr hohe Vermögen".

Die Internetseite von Bündnis Sahra Wagenknecht ist für Zugriffe aus Russland weiterhin gesperrt, unsere Kritik stieß da offensichtlich bislang auf taube Ohren. Hacker konnten das vor russischen Augen streng gehütete Dokument "Unser Land verdient mehr. Wahlprogramm des BSW zur Bundestagswahl 2025" dennoch herunterladen, was übrigens auch für das der SPD gilt. Das gemeinsame Programm der Unionsparteien ist trotz Sperre der CDU-Website für Russland über diejenige der CSU zugänglich. 

Das BSW will die drohende Deindustrialisierung Deutschlands stoppen, "indem wir die Energiepreise durch eine vernünftige Energiepolitik senken, Innovation technologieoffen fördern, über eine Reform der Schuldenbremse unsere marode Infrastruktur modernisieren und den Mittelstand von bürokratischen Auflagen entlasten". Den Konsum möchte das BSW durch eine Steigerung des Mindestlohns auf 15 Euro brutto pro Stunde ankurbeln. Zur Entlastung der Verbraucher und der Industrie von exorbitanten Strompreisen möchte es mit Russland verhandeln, "um über den verbliebenen Strang der Nord-Stream-Pipeline wieder günstiges Erdgas zu beziehen". Die Bundesregierung, so das BSW-Wahlprogramm, solle außerdem eine Wiederherstellung der zerstörten Stränge der Ostsee-Pipelines angehen. Niedrige Öl- und Gaspreise will man, wie bis 2021 praktiziert, über langfristige Lieferverträge sichern. 

Den Emissionshandel hält das BSW zwar grundsätzlich für einen guten Anreiz zum nachhaltigen Umbau der Produktion, dies scheitere aber daran, dass er nicht weltweit Anwendung findet. Die Partei fordert daher: 

"Diesen Irrweg wollen wir verlassen. Den CO2-Preis, der alles teurer macht, ohne dass es für die meisten Menschen Alternativen gibt, wollen wir abschaffen."

Stattdessen möchte man den Technologiewandel "durch Förderung von Innovation und gezielt gesetzte Anreize ermöglichen". 

Steuerlich will das BSW Einkommen bis 7.500 Euro monatlich entlasten und dafür Spitzenverdiener stärker besteuern. Unter anderem soll auch die Vermögensteuer für Vermögen ab 25 Millionen Euro "reaktiviert" werden.

Die Schwesterparteien CDU/CSU warten auch in diesem Jahr mit einem gemeinsamen Wahlprogramm auf. Ein Wirtschaftswachstum wollen die Unionsparteien durch Zuwanderung von qualifizierten Arbeitskräften und Bürokratieabbau erreichen. Auch sie wollen die Unternehmenssteuern auf 25 Prozent senken und den "Rest-Soli" abschaffen. Gegenfinanziert werden soll dies durch das erhoffte Wirtschaftswachstum, so es denn kommt. Mehr noch als bei anderen Parteiprogrammen warten CDU/CSU mit wohlklingenden Allgemeinplätzen und guten Vorsätzen auf, ein durchgerechneter Rettungsplan für die deutsche Wirtschaft offenbart sich dem Leser daraus nicht. 

Beim größten Problem der Industrie, den Strompreisen, will die wahrscheinliche künftige Kanzlerpartei ein neues "Strommarktdesign", verrät aber im Programm selbst nicht, was damit gemeint ist. Außerdem wollen die Unionsparteien die antirussischen Sanktionen auch noch ausweiten, sodass mit einer Entlastung durch billige russische Energieträger mit einem Bundeskanzler Merz kaum zu rechnen ist. Bei der eigenen Energieproduktion setzen die Unionsparteien auf Kontinuität mit nur wenigen neuen Akzenten. So "stehen" sie zum Kohlekompromiss und zum vereinbarten Kohleausstieg. Allerdings wolle man "kein weiteres endgültiges Abschalten von Kohlekraftwerken", solange als Ersatz keine neuen Gaskraftwerke und Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen gebaut sind. Woher das Gas für die neuen Gaskraftwerke kommen soll? Offensichtlich nicht aus Russland, wenn es nach Merz und seinen Parteifreunden geht. 

Die Option der Kernenergie wolle man erhalten und strebe "schnellstmöglich eine fachliche Bestandsaufnahme an, ob angesichts des jeweiligen Rückbaustadiums eine Wiederaufnahme des Betriebs der zuletzt abgeschalteten Kernkraftwerke unter vertretbarem technischem und finanziellem Aufwand noch möglich ist". Klingt so eine klare Aussage?

Die Linke fordert in ihrem Wahlprogramm "eine andere Wirtschaftspolitik, damit verantwortungsvoll gearbeitet, produziert und investiert wird". Das, was "wir gemeinsam erarbeiten", solle auch fair verteilt werden, so die Forderung. Am Öko-Umbau halten die Genossen fest, die "untere Hälfte" der Bevölkerung solle dabei aber von den Kosten der Transformation freigestellt werden.

Das Heil sieht sie in einem staatlichen Engagement: Zentral sei der "Umbau der Rüstungsindustrie in Richtung Friedensproduktion" und die "Weiterentwicklung der Automobilindustrie im Rahmen einer aufzubauenden Mobilitätsindustrie". Dafür solle der Staat durch Investitionen in die Verkehrswende die Nachfrage schaffen. "Genossenschaften oder Belegschaftseigentum sowie Mitbestimmung" sollen gestärkt werden. 

Für all das wollen die Linken viel Geld in die Hand nehmen: 200 Milliarden Euro für den Industrieumbau, zusätzliche 65 Milliarden Euro für den Klima- und Transformationsfonds und 20 Milliarden Euro zur Rettung von Zulieferbetrieben der Automobilindustrie. 

Bei den Strompreisen denkt diese Partei vorrangig an Verbraucher und will auch hier "von oben nach unten umverteilen" durch einen "Energie-Soli für Reiche" und ein "soziales Klimageld". Am Emissionshandel hält sie dagegen außer "in den Sektoren Wärme und Verkehr" fest. 

Besonders lang ist bei den Linken der Programmpunkt "Energiewende durchsetzen", wo sie viel und noch mehr von demselben fordern und sich von den Grünen kaum noch unterscheiden. Daran, das Verhältnis zu Russland zu verbessern und von dort wieder billiges Erdgas zu beziehen, denken die früheren Sozialisten natürlich nicht: Die Linken sind inzwischen nicht weniger russophob als ihre grünen Freunde.

Die Scholz-Partei SPD verkündet in ihrem "Regierungsprogramm" für die Bundestagswahl: 

"Wir wollen Energiepreise senken und zentrale Erfolgsbranchen strategisch fördern."

Ein guter Vorsatz, doch dazu, wie die SPD es nach fast vier Jahren Regierungsverantwortung besser hinbekommen will als bislang, bekommt der Wähler nicht viel zu lesen. Die Netzentgelte will sie auf 3 Cent pro kWh deckeln, für "einen größeren Kreis besonders stromintensiver Unternehmen" reduzierte Stromentgelte gelten lassen und sich "gegenüber der Europäischen Kommission dafür einsetzen, dass mehr energieintensive Branchen von den Entlastungen der sogenannten Strompreiskompensation profitieren können".

Die deutsche Automobilindustrie wollen die Sozialdemokraten durch mehr E-Mobilität retten und dafür mehr Ladesäulen errichten. In Brüssel wolle man sich dafür einsetzen, dass Strafzahlungen für die Nichteinhaltung von CO₂-Flottenwerten vorübergehend ausgesetzt werden. Einen generellen Kurswechsel in diesem Bereich will die SPD dagegen nicht, dafür wie schon die Linken viel Geld in die Hand nehmen, unter anderem 100 Milliarden Euro (offenbar Olaf Scholz`Lieblingszahl) für einen "Deutschlandfonds" ganz nach dem Modell des 2022 geschaffenen Fonds für die Bundeswehr. So erhofft man sich offenbar eine Umgehung der strengen Regeln für die Neuverschuldung des Staatshaushalts.

Fazit: Wirklich revolutionäre Ideen oder auch nur bis ins Detail durchgerechnete Rettungspläne für die deutsche Wirtschaft bietet keines der Parteiprogramme. Nur AfD und BSW haben erkannt, dass man aus einer Sackgasse am besten auf dem Weg herauskommt, auf dem man hineingelangt ist, und setzen auf die Wiederherstellung der Handelsbeziehungen zu Russland. Das ist im Moment auch der einzige Weg, den der Autor für realistisch hält.

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