Zen-Generation: Chinas Kommunisten sagen teilnahmsloser Jugend den Kampf an
Das Phänomen so genannter Smombies scheint vor der Volksrepublik China nicht Halt zu machen. Dies zumindest beklagt die von der Regierung betriebene Zeitung Global Times. In China selbst spricht man von der "Zen-Generation", in Anspielung auf eine Strömung im Buddhismus, in der die meditative Versenkung ins eigene Innere eine besonders große Rolle spielt.
Das Verständnis der chinesischen Führung und der Kommunistische Partei des Landes für ein so ausgeprägtes Streben nach Selbstfindung ist jedoch enden wollend. Die Global Times klagt über die junge Generation:
Sie sind von keinerlei patriotischem Impuls inspiriert und auch nicht von den politischen Parolen der Partei. Es ist ihnen einfach egal.
Junge Menschen nehmen demnach bereitwillig ihr vermeintliches Schicksal an und entwickeln wenig Ehrgeiz. Viele scheuten insbesondere den Wettbewerb und erklärten, sie würden schlecht bezahlte, aber sichere Tätigkeiten gegenüber solchen bevorzugen, die mehr Chancen böten, aber mit höherem Druck verbunden wären.
Zen-Generation als Risiko für die Weiterentwicklung der Nation
Dies bereitet nicht nur Experten Sorgen, die warnen, massenhafte Lethargie und Mangel an Motivation könnten die chinesische Gesellschaft davon abhalten, sich weiterzuentwickeln. Die Chinesische Kommunistische Jugendliga will diesem Phänomen gegensteuern und positive Energien gegen die weit verbreitete Form negativer Einstellung ins Spiel bringen.
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Staatschef Xi Jinping hatte dieses Gefahrenpotenzial bereits vor längerer Zeit erkannt und veranlasst, dass die Chinesische Kommunistische Partei (KPCh) massive Geldmittel in Propaganda investiert, die speziell auf Jugendliche und deren Lebensgefühl zugeschnitten ist.
Rap-Videos über den Kommunismus, organisierte "Massen-Datings" für Mitglieder der Parteijugend, verschärfte Rhetorik in Textbüchern und akademischen Studien, die vor allem die Entschlossenheit der Armee betonen sollen, gehörten ebenso zu diesen Bemühungen wie das Zurückdrängen aller Sprachen, die nicht auf das Mandarin zurückgehen oder von Religionen, die man als Konkurrenz zum "Sozialismus mit chinesischer Note" betrachtet.
Die Effekte lassen jedoch immer noch zu wünschen übrig, diagnostiziert die Global Times. Die Apathie innerhalb Zen-Generation bleibt hartnäckig:
Menschen, die sich selbst Zen-Generation nennen, entweder ernsthaft oder halb im Scherz, sind zufrieden mit allem, was mit ihnen geschieht.
Jungkommunisten artikulieren Kulturpessimismus
Die Betroffenen meiden jedwede Anstrengung und investieren keinerlei Mühe in Arbeit oder Beziehungen.
Sobald eine Beziehung zerbricht, macht es ihnen nichts aus, ihren Ex-Partner einfach in den sozialen Netzwerken zu entfreunden oder zu blockieren.
Diese Generation von Millennials "weist eine belebte, wettbewerbsorientierte Gesellschaft zurück und praktizieren Geduld, Toleranz und inneren Frieden", aus Sicht der Chinesischen Kommunistischen Jugendliga eine "komplette Tragödie".
"Eine Nation hat nur eine Perspektive, wenn die jungen Menschen Ambitionen haben und verantwortungsbewusst handeln", heißt es vonseiten der kommunistischen Jugend in einem Facebook-Eintrag, der in seiner inhaltlichen Stoßrichtung eigentlich auch von den US-Republikanern oder der deutschen AfD stammen könnte. Auch die Global Times, die diese teilnahmslose Einstellung junger Menschen als "passive Reaktion auf die schnellen Reformen, Veränderungen und Entwicklungen der modernen chinesischen Gesellschaft" deutet, ist über das Phänomen besorgt.
Selbstkritische Texte, die Misserfolge der chinesischen Regierung offen thematisieren, sind selten, umso bemerkenswerter ist es, dass dieser in einem solchen Forum erscheint. Im Artikel heißt es auch, dass die Zen-Generation eine Minderheit unter den Jugendlichen darstellt, verglichen mit der Anzahl fanatischer Kommunisten.
Mit "fürchterlichen Hip-Hop-Produktionen" gegen den Schlendrian
Dennoch erodiert die Deutungshoheit der KPCh zunehmend. So gibt es mittlerweile selbst in der Volksrepublik China mehr Christen als KP-Mitglieder, und das, obwohl die Kommunistische Jugendliga pflichtschuldigst ihrem Auftrag nachgekommen ist, junge Menschen daran zu erinnern, dass Weihnachten "Chinas Tag der Schande" sei und obwohl die Partei selbst ihren Mitgliedern verboten hat, überhaupt irgendeiner religiösen Gemeinschaft anzugehören.
Das rechtskonservative US-Portal Breitbart News dokumentierte jüngst, wie sie sie nennt, "fünf fürchterliche Hip-Hop-Produktionen", darunter Tracks wie "Die [Anti-Korruptions-]Reformgruppe wird zwei Jahre alt", mittels derer die Jugend wieder für die Ideale des Kommunismus begeistert werden soll.
Auch der Titel "Marx ist ein Millennial" ist Teil der Bemühungen, die Identifikation mit der Staatsideologie wiederzubeleben.
Im März 2017 beauftragte die Parteiführung gar die Verantwortlichen im Schulwesen, die Lehrpläne um Produktionen wie diese anzureichern. Immerhin rappt in einigen Videos sogar Staatschef Xi Jinping selbst mit. Erziehungsminister Chen Baosheng erklärte zu seiner Offensive:
Wenn wir Hochschulen und Universitäten untersuchen, erfahren wir, dass die Aufmerksamkeitslevels in den Kursen über Staatsbürgerkunde und Politische Theorie nicht sehr hoch sind. Die Leute sind physisch dort anwesend, aber nicht im Geiste. Studenten müssen aber von den Kernwerten des chinesischen Sozialismus geleitet sein, damit ein gesundes moralisches Wachstum sichergestellt werden kann.
Chen fordert in diesem Zusammenhang einen "trendigen" Zugang zum Marxismus.
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Virtuelle Popstars sollen menschliches Skandalrisiko ausschalten
Die Dating-Events der Parteijugend sollen jedoch in erster Linie den eigenen ideologischen Nachwuchs sicherstellen. Alle Teilnehmer werden im Vorfeld sorgfältig auf ihren Klassenstandpunkt abgeklopft, um sicherzustellen, dass alle Beziehungen, die im Rahmen solcher Veranstaltungen entstehen, solche zwischen glühenden und linientreuen Kommunisten sind.
Für das breitere Publikum gibt es dann holografische Popstars. Die chinesische Jennifer Weist, die "mit ihrem Gesang korrektes Denken in die jüngere Generation tragen" soll, heißt Luo Tianyi. Online-Konzerte des elektronischen Popstars fanden bereits Millionen Zuseher.
Dabei soll, wie es in der Global Times heißt, der holografische Charakter der Stars auch vor negativen Einflüssen auf Grund nie völlig auszuschließender Egotrips oder Imageveränderungen schützen, wie man sie von realen Künstlerpersönlichkeiten kennt:
Wahrhaftig können virtuelle Idole wie Luo Tianyi keinen Schaden bei jungen Menschen hervorrufen, da sie keinen Versuchungen wie Drogen nachgeben und auch in keine Sexskandale verwickelt sein werden. […] In den vergangenen Jahren erwiesen sich eine Reihe populärer menschlicher Stars als drogen- oder sexsüchtig. Deshalb geschieht es auch nicht selten, dass Stars infolge unethischen Verhaltens bei der Bevölkerung in Ungnade fallen.
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