
"Ein Signal an kollektiven Westen": Wie die russisch-chinesischen Seemanöver verlaufen

Von Polina Duchanowa
Russlands und Chinas Marine sind zum praktischen Teil der Manöver "Joint Sea – 2025" im Japanischen Meer übergegangen, teilt der Pressedienst der russischen Pazifikflotte mit. In der entsprechenden Meldung heißt es:
"Schiffe und Einheiten der russischen Marine und der Marine der Volksbefreiungsarmee Chinas sind aus Wladiwostok in das Japanische Meer ausgelaufen, um die praktische Phase des gemeinsamen russisch-chinesischen Manövers 'Joint Sea – 2025' durchzuführen."
Nach dem Einlaufen in die Peter-der-Große-Bucht bildeten die Schiffe beider Länder eine gemeinsame Gruppe. Zu ihr gehören das große U-Jagdschiff "Admiral Tribuz" und die Korvette "Gromki" aus Russland sowie die chinesischen Zerstörer "Shaoxing" und "Urumqi". Die Besatzungen haben bereits die Einrichtung der Kommunikation und gemeinsame Manöver geübt.
An den Übungen nehmen außerdem das Rettungsschiff "Igor Beloussow", das U-Boot-Rettungsschiff "Xihu" sowie dieselelektrische U-Boote aus beiden Ländern teil.
Der maritime Teil der russisch-chinesischen Übungen dauert bis zum 5. August. Wie das russische Verteidigungsministerium mitteilte, werden die Seeleute mit Unterstützung der Marineflieger die Zusammenarbeit bei Such- und Rettungseinsätzen zu See verbessern sowie U-Boot-Abwehr und Luftverteidigung üben. Zudem werden sie gemeinsame Artillerieübungen auf einem Übungsgelände der Pazifikflotte durchführen.
Defensiver Charakter
Die feierliche Eröffnungszeremonie für "Joint Sea – 2025" fand am 1. August in Wladiwostok statt. Die Manöver werden von Vizeadmiral Denis Beresowski und Vizeadmiral Liu Zizhu geleitet. Beresowski betonte in seiner Begrüßungsrede den defensiven und friedenserhaltenden Charakter der Übungen.
Liu Zizhu betonte seinerseits, dass die gemeinsamen Marineübungen eine wichtige Manifestation der Vertiefung der umfassenden strategischen Partnerschaft zwischen Russland und China "mit dem Ziel der Koordinierung in einer neuen Ära" seien. Die Website des chinesischen Verteidigungsministeriums zitiert den Vizeadmiral wie folgt:

"Dies ist auch eine wertvolle Erfahrung im gemeinsamen Einsatz für internationale Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit sowie zur Wahrung von Frieden und Stabilität in der Region."
Das chinesische Verteidigungsministerium hatte zuvor klargestellt, dass sich die Manöver nicht gegen eine dritte Partei richten. Zhang Xiaogang, Sprecher des Ministeriums, erklärte auf einer Pressekonferenz am 30. Juli:
"Die Übungen finden im Rahmen des jährlichen Kooperationsplans zwischen den Streitkräften Chinas und Russlands statt. Sie richten sich nicht gegen Drittstaaten und stehen in keinem Zusammenhang mit der aktuellen internationalen und regionalen Lage."
Westliche Medien schreiben indes über die strategische Bedeutung der gemeinsamen Marineübungen Russlands und Chinas, die im Rahmen der Partnerschaft der beiden Staaten stattfinden. So berichtete Reuters:
"Russland und China … führen regelmäßig Militärübungen durch, um die Koordination ihrer Streitkräfte zu trainieren und ihren Gegnern ein Abschreckungssignal zu senden."
Nach Ansicht der Redaktion von Newsweek fordern Moskau und Peking damit angeblich die "militärische Vormachtstellung der USA heraus". In einem entsprechenden Beitrag wird behauptet:
"Obwohl es zwischen Peking und Moskau keinen offiziellen Vertrag gibt, sind sie sich darin einig, die langjährige militärische Dominanz den USA streitig zu machen, und streben danach, eigene Einflusssphären zu etablieren."
Gemeinsame Marineübungen von Russland und China finden seit 2012 regelmäßig statt. Die Manöver werden in verschiedenen Regionen abgehalten, wobei sich die Seiten als Gastgeber abwechseln. So fanden sie im vergangenen Jahr Mitte Juli im Südchinesischen Meer statt. Die Besatzungen russischer und chinesischer Schiffe führten gemeinsame Luftverteidigungsübungen, U-Jagd-Manöver unter Beteiligung der Marine-U-Jagdfliegerei der Volksbefreiungsarmee sowie Übungen zur Versorgung auf hoher See durch.
Gemeinsame Herangehensweise an identische Bedrohungen
Experten zufolge spiegeln die russisch-chinesischen Marineübungen nicht nur die Verteidigungsdoktrinen beider Länder wider, sondern auch ihr tiefgreifendes strategisches Kalkül, das darauf abzielt, politische und militärische Solidarität unter instabilen geopolitischen Bedingungen zu demonstrieren.
"Joint Sea – 2025" spiegelt den gemeinsamen Ansatz Russlands und Chinas gegenüber identischen Bedrohungen wider, so Igor Korotschenko, Chefredakteur der Zeitschrift Nazionalnaja Oborona ("Nationale Verteidigung"). Die Länder koordinieren nicht nur ihre Handlungen, sondern entwickeln auch ein gemeinsames Verständnis der Herausforderungen und der Reaktion darauf, erklärte er gegenüber RT. Angesichts der anhaltend hohen Spannungen um Taiwan und der verstärkten militärischen Präsenz der USA und ihrer Verbündeten in der Region sei eine angemessene Reaktion notwendig. Korotschenko betonte, dass solche Übungen keine spontanen Aktionen, sondern Teil eines langjährigen Kooperationsplans zwischen Moskau und Peking seien. Der Experte erklärte:
"Das sind nicht die ersten und offensichtlich nicht die letzten gemeinsamen Marineübungen. Angesichts der Spannungen im asiatisch-pazifischen Raum (APR) – insbesondere um das separatistische Taiwan –, der Aufrüstung durch die USA und deren engste Verbündete sowie des aktiven Wirkens des Blocks AUKUS, ist es für Russland und China notwendig, maritime Aktivität zu zeigen und mögliche Bedrohungen zu analysieren."
Korotschenko erinnerte daran, dass im asiatisch-pazifischen Raum derzeit ein Wettrüsten stattfinde, weshalb Russland und China die Gemeinsamkeit der Bedrohungen erkennen und gemeinsam Reaktionsmodelle entwickeln müssten. Anschließend fügte er hinzu:
"Abschreckende Wirkung gegenüber dem Westen erzielen Moskau und Peking durch ihre nuklearen Kräfte. Die Marineübungen sind dagegen eine Demonstration dafür, dass Russland und China die Sicherheitsbedrohungen verstehen und darauf reagieren werden."
Planmäßige Zusammenarbeit und strategische Bedeutung
Der pensionierte Kapitän 1. Ranges Wassili Dandykin betonte im Gespräch mit RT, dass die Zusammenarbeit zwischen Russland und China planmäßig und vielschichtig sei. Die Regelmäßigkeit von Übungen in der Art von "Joint Sea" zeuge von der Stabilität der bilateralen Partnerschaft. Zudem bleibe die Eindämmung des wachsenden amerikanischen Militäreinflusses im asiatisch-pazifischen Raum eine gemeinsame Priorität für Moskau und Peking, weshalb die Marineübungen für beide Staaten strategische Bedeutung hätten. Dandykin erklärte:
"Die USA tun derzeit alles, um ein bestimmtes Bündnis (Südkorea, Japan, USA) gegen China zu schmieden. Peking reizt sie und bringt sie aus der Fassung. Und die militärische Partnerschaft zwischen China und Russland bringt sie erst recht aus dem Gleichgewicht, da sie glauben, dass nur ihnen Militärübungen erlaubt seien. Die Handlungen aller anderen bezeichnen Washington und seine Verbündeten für gewöhnlich als Aggression oder Vorbereitung darauf."
Diese Ansicht teilt auch Andrei Koschkin, Leiter des Lehrstuhls für politische Analyse an der Plechanow-Wirtschaftsuniversität. Er erinnerte daran, dass sich die Bemühungen der amtierenden Regierung des Weißen Hauses unter Donald Trump auf die Eindämmung Chinas, Nordkoreas und Russlands im Fernen Osten richten. In einem Kommentar gegenüber RT erklärte er:
"Washington versucht, ein Analogon zur NATO im APR zu schaffen. Und die russisch-chinesischen Übungen in der Region können als ein Signal an den kollektiven Westen gewertet werden, dass Moskau und Peking bereit sind, ihre Interessen zu verteidigen, selbst wenn ihnen mit militärischer Gewalt gedroht wird. Das ist ein sehr wichtiger Aspekt unter den gegenwärtigen geopolitischen Bedingungen."
Koschkin wies ebenfalls auf die Systematik und technologische Komplexität der laufenden Übungen im Japanischen Meer hin. Solche Manöver erforderten ein hohes Maß an Abstimmung, insbesondere bei Aufgaben wie dem Heben eines U-Bootes aus großen Tiefen. Der Experte zog das Fazit:
"Das ist ein sehr komplexer Prozess, besonders wenn das U-Boot auf dem Meeresgrund liegt. Man muss ein entsprechendes Gerät bis auf etwa 1.000 Meter Tiefe hinablassen, die Besatzung aufnehmen und nach oben bringen. Das erfordert großes Können, und dieses Können muss unter den Bedingungen gemeinsamer Anstrengungen der Seeleute Chinas und Russlands unter Beweis gestellt werden."
Übersetzt aus dem Russischen. Zuerst erschienen am 4. August bei RT.
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