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Politico: Erdoğan will populären Rivalen durch Flut von Gerichtsverfahren zu Fall bringen

Istanbuls populärer Bürgermeister Ekrem Imamoğlu wird als wahrscheinlicher nächster Präsident der Türkei gesehen. Experten zufolge ist er eine Bedrohung für Erdoğans Chancen auf Wiederwahl. Mehrere Gerichtsverfahren sollen Imamoğlu zu Fall bringen, heißt es.
Politico: Erdoğan will populären Rivalen durch Flut von Gerichtsverfahren zu Fall bringen© Serdar Ozsoy/Getty Images

Gegen den 53-jährigen Bürgermeister von Istanbul Ekrem Imamoğlu sind Dutzende von Gerichtsverfahren und Ermittlungen eingeleitet worden, da er der stärkste Rivale des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan ist, schreibt das Magazin Politico.

Imamoğlu sei einer der populärsten Politiker der Türkei und werde voraussichtlich noch in diesem Monat bei einem Treffen seiner Republikanischen Volkspartei (CHP) zum Präsidentschaftskandidaten der Opposition ernannt.

Istanbul sei für Erdoğans Regierung besonders wichtig, denn Erdoğan selbst habe sein Amt als Bürgermeister der Millionenstadt als Sprungbrett genutzt, um sich die Macht zu sichern, so Politico.

Als Imamoğlu vor sechs Jahren zum Bürgermeister gewählt wurde, hatten die Behörden 42 administrative und 51 gerichtliche Ermittlungen gegen ihn und sein Amt eingeleitet, berichtet Imamoğlus Rechtsanwalt Mehmet Pehlivan in dem Artikel von Politico. Der Anwalt bezeichnetdie zahlreichen Fälle als "eine breit angelegte juristische Offensive gegen die politischen Aktivitäten des Bürgermeisters".

Imamoğlu selbst meint, Erdoğan wolle ihn für bis zu 25 Jahren hinter Gitter bringen. "Die Klagen, in denen 25 Jahre Haft gegen mich gefordert werden, tragen die Unterschrift des Herrn Präsidenten, nicht die von jemand anderem, man kann niemandem etwas vormachen", teilt der Bürgermeister auf X mit.

Politico weist darauf hin, dass Imamoğlu in mehreren Fällen angeklagt sei. Eine der Anschuldigungen laute, die von der Stadtverwaltung beschafften Minibusse seien nicht für die Straßen der Insel Büyükada, der größten der Istanbuler Prinzeninseln, geeignet.

Wegen seiner Kritik an einem hochrangigen Staatsanwalt beschuldigen die türkischen Behörden den Bürgermeister, einen Beamten, der sich mit Terrorismusbekämpfung befasst, bedroht zu haben.

Soli Özel vom Institut für die Wissenschaften vom Menschen mit Sitz in Wien sei der Ansicht, dass die große Anzahl der gegen Imamoğlu eingeleiteten Fälle die wachsende Macht des Istanbuler Bürgermeisters widerspiegele. "Heute stellt İmamoğlu die größte Bedrohung für Erdoğans Regierung oder seine Chancen auf Wiederwahl dar", so der Wissenschaftler. Die eingeleiteten Fälle sollen diese Bedrohung beseitigen, meint Özel.

Die nächsten Präsidentschaftswahlen in der Türkei finden erst im Jahr 2028 statt. Die Kommunalwahlen im vergangenen Jahr hatte Erdoğans Partei Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) verloren. Der 71-jährige Staatschef hat erklärt, er werde nicht mehr kandidieren. Allerdings weist Politico darauf hin, dass die Menschen in der Türkei Erdoğans wiederholte Beteuerungen, sich aus der Politik zurückzuziehen, mit einer gewissen Skepsis betrachteten.

Erdoğan hatte die oppositionelle CHP der Korruption beschuldigt und den nicht seiner Partei nahestehenden Medien vorgeworfen, die Opposition beschönigt zu haben. "Sie sind heute von morgens bis abends damit beschäftigt, die Korruption und den Diebstahl der CHP zu beschönigen", schrieb der türkische Staatschef damals auf X.

Es wird erwartet, dass die CHP Imamoğlu am 23. März als Präsidentschaftskandidaten nominieren wird. Deswegen steht sein Erscheinen vor Gericht in dieser Woche im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Bei der Sitzung sollen Beweise über Imamoğlus Universitätsdiplom von 1994 vorgelegt werden und darüber, ob es eine Fälschung ist.

Politico weist darauf hin, dass der gewählte Zeitpunkt für die Anhörung bei Gericht womöglich kein Zufall sei, denn das Diplom sei Teil der Unterlagen, die für eine Beteiligung an den Präsidentschaftswahlen erforderlich seien. 

Eingeleitet wurden die Ermittlungen am 22. Februar durch die Istanbuler Generalstaatsanwaltschaft, nachdem der türkische Hochschulrat einen Bericht über Imamoğlus Wechsel an eine andere Universität vorgelegt hatte.

Murat Yetkin, der Gründer des unabhängigen Nachrichtenmagazins YetkinReport, teilt die Meinung, dass Erdoğan den Istanbuler Bürgermeister als Bedrohung wahrnehme. "In fast allen Fällen, die eingeleitet werden, wird eine Gefängnisstrafe beantragt, die lang genug ist, um ein Verbot gegen den Politiker zu verhängen, der für ein Amt kandidiert", so Yetkin.

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