Asien

Das nächste Ziel der USA für einen Regimewechsel wird Kirgisistan sein

Was ein US-Senator fordert, ist nichts weniger als ein Putsch, der durch die freiwillige Rücknahme der jüngsten Fortschritte in Kirgisistan mit seiner "demokratischen Sicherheit" unter dem Damoklesschwert der "wirtschaftlichen" Konsequenzen herbeigeführt würde, sollte das Land es wagen, sich querzustellen.
Das nächste Ziel der USA für einen Regimewechsel wird Kirgisistan seinQuelle: Gettyimages.ru © Aurora Samperio/NurPhoto

Von Andrew Korybko

Der Vorsitzende des Ausschusses für auswärtige Beziehungen des US-Senats Bob Menendez brachte in einem Brief an den kirgisischen Präsidenten Sadyr Schaparow die Absichten der USA zum Ausdruck, die kirgisische Regierung zu stürzen. Der vorliegende Beitrag wird die Drohungen im Brief von Menendez aufzeigen und sie in den geostrategischen Kontext setzen.

Gleich zu Beginn erklärt Menendez in seinem Brief:

"Ich schreibe Ihnen in großer Sorge über die Vorwürfe, dass die Regierung der Kirgisischen Republik die Russische Föderation oder ihre Stellvertreter, bei der Umgehung internationaler Sanktionen unterstützt, die im Zusammenhang mit der rechtswidrigen Invasion Russlands in der Ukraine verhängt wurden."

Der Brief folgte auf den vereitelten Putschversuch in Kirgisistan Anfang Juni und auf einen Bericht in der Washington Post vom vergangenen Monat über die Rolle des Landes bei der Erleichterung des Kaufs sanktionierter Technologie durch Russland aus China.

Der bisherige Verlauf der Ereignisse deutet stark darauf hin, dass der gescheiterte Versuch vor zwei Monaten, die kirgisische Regierung zu stürzen, als Strafe für angebliche Verstöße gegen das antirussische Sanktionsregime des Westens gedacht war.

Anschließend veröffentlichte die Washington Post ihren Bericht, um die Öffentlichkeit davon zu überzeugen, dass Kirgisistan sich in einen "Schurkenstaat" verwandelt hat. Das wiederum sollte die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass die Öffentlichkeit den Drohbrief von Menendez und die darauffolgende von den USA orchestrierte Kampagne zur Destabilisierung Kirgisistans akzeptieren wird.

Der Senator schreibt weiter:

"Ich fordere die kirgisische Regierung auf, diese Vorwürfe zügig zu untersuchen und zuverlässigere Prozesse einzurichten, um den illegalen Warenfluss durch Ihr Hoheitsgebiet in Richtung Russland zu verhindern. Ich bin auch besorgt darüber, dass das Versäumnis der Kirgisischen Republik, internationale Sanktionen aufrechtzuerhalten, die alarmierende Erosion der demokratischen Regierungsführung und die umfangreichen Menschenrechtsverletzungen im Land widerspiegelt."

Kirgisistan muss keine Ermittlungen auf Aufforderung eines fremden Landes einleiten. Aber selbst wenn es von dem Wunsch getrieben wäre, die sich rapide verschärfenden politischen Spannungen mit den USA zu deeskalieren, wäre dies zwecklos, wenn es nicht dem Narrativ folgt, es verstoße gegen die antirussischen Sanktionen des Westens. Alles andere würde als "Schein" abgetan und als Vorwand genutzt werden, um noch mehr Druck auszuüben, was uns zum nächsten Teil von des Briefes von Menendez führt.

Sein unaufgeforderter Kommentar zu den inneren Angelegenheiten von Kirgisistan führt die Andeutungen der Washington Post weiter, indem er deutlich macht, dass das Land sich in einen "Schurkenstaat" verwandelt. Nachdem Menendez Kirgisistan wegen angeblicher Verletzung der einseitigen Sanktionen des Westens kritisiert hat, verteidigt er diese dann mit der Begründung, sie seien "ein wichtiges Instrument, um Wladimir Putin zur Rechenschaft zu ziehen und Bedrohungen für die Souveränität, Unabhängigkeit und territoriale Integrität anderer Nationen zu verringern, einschließlich derjenigen in Zentralasien".

All dies kulminiert in der Drohung, die Menendez in dem Brief ausspricht:

"Angesichts potenzieller Bedrohungen durch Russland unterstützen die Vereinigten Staaten weiterhin standhaft die Wahrung der Souveränität und Unabhängigkeit von Nationen wie der Kirgisischen Republik. Allerdings schwächt die Unterstützung oder Zulassung der Umgehung systemischer Sanktionen durch Russland deren Wirksamkeit, was die Sicherheit und die wirtschaftlichen Interessen des kirgisischen Volkes gefährden könnte."

Die verdrehte Logik von Menendez besteht darin, dass die USA ihre antirussischen Sanktionen teilweise unter dem Vorwand verhängt haben, angeblich die "Souveränität und Unabhängigkeit" von Kirgisistan gegenüber Moskau zu verteidigen, ohne dessen Regierung jemals vorher gefragt zu haben. Und nun behauptet er, dass die angebliche Verletzung dieser Sanktionen Kirgisistan gefährden könnte. Objektiv gesehen werden die Sicherheit und die wirtschaftlichen Interessen des kirgisischen Volkes "gefährdet", wenn man vor dem Druck aus Washington kapituliert und seinen russischen Verbündeten fallen lässt.

Der einzige realistische Weg, wie die oben genannten Interessen Kirgisistans "aufs Spiel gesetzt werden könnten", indem man sich den Forderungen der USA widersetzt, besteht darin, dass Washington seine Unterstützung für Agenten und Rebellen/Kämpfer/Terroristen der Farbrevolution ausweitet und als Reaktion darauf für Kirgisistan vernichtende Sekundärsanktionen verhängt. Diese Szenarien wären spekulativ geblieben, und die Mainstream-Medien hätten sie als "Verschwörungstheorien" bezeichnen können, wenn Menendez nicht damit gedroht hätte, dass diese Interessen bald geschädigt werden könnten.

Dann kommt der versuchte Todesstoß:

"Darüber hinaus befürchte ich, dass das Versäumnis Kirgisistans, die internationalen Sanktionen gegen Russland aufrechtzuerhalten, lediglich ein Symptom einer anhaltenden Abkehr vom demokratischen Weg und weit verbreiteter Menschenrechtsverletzungen ist. Ihre Regierung hat Institutionen geschwächt, wiederholt die Rechte von Journalisten und unabhängigen Medien verletzt, Menschenrechtsverteidiger schikaniert und zivilgesellschaftlichen Akteuren Beschränkungen auferlegt. Die Kirgisische Republik, einst ein strahlender Leuchtturm der Demokratie in Zentralasien, ist auf dem gefährlichen Weg in Richtung Autokratie. Ich fordere Sie auf, alle Beschränkungen für unabhängige Medien und Journalisten aufzuheben, inhaftierte Menschenrechtsverteidiger freizulassen und Maßnahmen zurückzunehmen, mit denen Grundfreiheiten wie die Versammlungsfreiheit eingeschränkt werden."

Dies ist de facto die Erklärung eines hybriden Krieges.

Was Menendez fordert, ist nichts weniger als ein Putsch, der durch die freiwillige Rücknahme der jüngsten Fortschritte Kirgisistans mit seiner "demokratischen Sicherheit" unter dem Damoklesschwert der "wirtschaftlichen" Konsequenzen herbeigeführt wird, sollte das Land es wagen, sich querzustellen. Das Konzept der "demokratischen Sicherheit" bezieht sich auf das breite Spektrum an Taktiken und Strategien zur Bekämpfung hybrider Kriegsführung, die Präsident Schaparow einsetzt, um das nationale Demokratiemodell seines Landes vor damit verbundenen Bedrohungen zu schützen.

Wenn Menendez seinen Willen durchsetzen könnte, würden Farbrevolutionäre aus dem Gefängnis entlassen, westliche NGOs dürften sich ungestraft einmischen, und ihre verbündeten Propagandakanäle würden erneut unablässig staatsfeindliche Desinformationen ausspucken, um Unruhen zu provozieren.

Menendez beendet seinen Brief mit einer bedrohlichen Bemerkung:

"Das Engagement Ihrer Regierung in diesen Angelegenheiten ist für die Sicherheit und den Wohlstand des kirgisischen Volkes von entscheidender Bedeutung. Wir freuen uns auf Ihre zeitnahe Antwort."

Das benachbarte Kasachstan hat bereits vor dem Druck der USA kapituliert und darauf verzichtet, sich im neuen Kalten Krieg informell auf die Seite Russlands zu stellen. Das demonstriert unter anderem die teilweise Einhaltung des Sanktionsregimes des Westens. Es weigert sich auch, sein von den USA finanziertes Labor für Biosicherheit mit einem Wert von über 100 Millionen US-Dollar zu schließen. Darüber hinaus stieß die jüngste Nachricht, dass Kasachstan den regionalen Hub von Microsoft beherbergen wird, in Moskau auf scharfe Kritik, wobei der stellvertretende Außenminister Michail Galusin sagte, dass diese Pläne den Geheimdienstinteressen der USA dienen.

Kirgisistan weigert sich bislang, Kasachstan auf diesem Weg zu folgen, und ist weiterhin bestrebt, den gegenseitigen Nutzen aus seiner strategischen Partnerschaft mit Russland zu maximieren. Dies ist umso beeindruckender, wenn man bedenkt, dass das Land kleiner, weniger entwickelt und historisch gesehen instabiler ist als sein nördlicher Nachbar. Moskau weiß diese Demonstration der Souveränität zu schätzen und setzt aktiv Umgehungslösungen um, um den Handel mit Kirgisistan aufrechtzuerhalten, falls die Einhaltung westlicher Sanktionen durch Kasachstan dies behindern sollte.

Der Gouverneur der Region Astrachan kündigte vergangenen Monat die Schaffung des "südlichen Verkehrskorridors" über das Kaspische Meer an, der teurer und zeitaufwändiger ist als der Handel mit den zentralasiatischen Republiken über Kasachstan. Die höheren Kosten werden jedoch dadurch ausgeglichen, dass der südliche Verkehrskorridor außerhalb des Einflusses der USA liegt. Wie in dieser Analyse bereits erläutert, ist Kirgisistan ein treuer Verbündeter Russlands, ebenso wie der Rest der Region, abgesehen vom eigensinnigen und zunehmend heimtückischen Kasachstan.

Aus diesen Gründen wird von Russland erwartet, dass es den zentralasiatischen Ländern hilft, den "Sicherheits- und wirtschaftlichen" Strafen standzuhalten, die ihnen von den USA bald auferlegt werden könnten, weil sie sich dem Sanktionsdruck widersetzten – angefangen bei Kirgisistan. Der potenzielle Abstieg dieses Landes in die Verwüstung eines hybriden Krieges, könnte weitreichende Folgen für ganz Zentralasien haben, da das Risiko besteht, dass es auch auf andere Länder in der Region überschwappt. Deshalb ist es für Russland zwingend erforderlich, die drohenden Pläne der USA zur Destabilisierung zu vereiteln, damit nicht eine zweite "Eindämmungsfront" entsteht.

Aus dem Englischen.

Andrew Korybko ist ein in Moskau ansässiger US-Politologe, der sich auf die US-Strategie in Afrika und Eurasien sowie auf Chinas Belt-and-Road-Initiative, Russlands geopolitischen Balanceakt und hybride Kriegsführung spezialisiert hat.

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