Bekannter kirgisischer Jazzmusiker in Kasachstan als "Terrorist" gefasst – nun freigelassen (Videos)
Dieser Artikel wurde am Erscheinungsdatum, dem 10. Januar 2022 um 17:31 Moskauer Zeit, um für den geschilderten Vorfall wichtige Informationen ergänzt.
Eine Menschenmenge versammelte sich am Sonntag vor der kasachischen Botschaft in der kirgisischen Hauptstadt Bischkek. Man forderte von den kasachischen Behörden die Freilassung des im Lande bekannten Jazzmusikers Vikram Rusachunow, der zuvor angeblich in einem Verhör- beziehungsweise Geständnisvideo zu sehen war. Das Video wurde mittlerweile von den meisten Kanalbetreibern und Nutzern in den sozialen Medien unzugänglich gemacht – bis auf wenige Ausnahmen.
Die kasachischen Medien zeigten am Sonntag einen von den kasachischen Sicherheitskräften festgenommenen Mann mit geprelltem Gesicht, der zugibt, dass er für die Teilnahme an einem Protest im kasachischen Almaty, der zu Ausschreitungen führte, bezahlt worden sei. Er sei am 01. Januar telefonisch rekrutiert worden, um "an einer Kundgebung teilzunehmen". Der Mann stellte sich als arbeitsloser Einwohner Kirgisistans vor und erklärte, die Anwerber hätten ihm ein Flugticket nach Almaty, der ehemaligen Hauptstadt und größten Stadt Kasachstans, gekauft und ihm 90.000 kasachische Tenge (180 Euro) versprochen. Er schilderte, am 02. Januar in Almaty angekommen zu sein, jedoch habe er nach Beginn der Proteste "Angst bekommen". Als er daraufhin versuchte, wieder nach Hause zurückzukehren, sei er festgenommen worden.
Der Mann wurde alsbald als Vikram Rusachunow, der wohl renommierteste Jazzmusiker Kirgisistans, identifiziert. Rusachunow, der unter anderem Konzertmanager und Teilnehmer des Festivals Jazz-Bischkek-Wesna ist, hätte es aber ganz sicher nicht nötig, sich für knapp 200 Euro als Pappnasendemonstrant zu verdingen. Sofort kam die Befürchtung auf, dass das im Videoclip gezeigte Geständnis unter Zwang aufgenommen wurde. Entrüstung machte sich in ganz Kirgisistan breit und vor der kasachischen Botschaft in Almaty versammelten sich Menschen zu einer Protestkundgebung. Kamtschybek Taschijew, Leiter des kirgisischen Staatskomitees für nationale Sicherheit, suchte diese Demonstration auf und erklärte den anwesenden Journalisten:
"Er ist kein Terrorist. Er ist ein normaler Bürger, ein Musiker, ein anständiger Mensch."
"Wir haben es heute Morgen über alle uns verfügbaren Kanäle geprüft: Vikram Rusachunow hat sich niemals an irgendwelchen Unruhen und Straßenmärschen beteiligt."
"Wir wissen ganz genau, dass Vikram Rusachunow in keiner Weise ein Terrorist ist."
Er äußerte die Annahme, dass die beteiligten Ermittler in Kasachstan entweder einer Verwechslung anheimgefallen seien – oder aber einem übermäßigen und unsachgemäßen Karriereeifer. Jedenfalls teilt der Geheimdienstler die Empörung seiner Landsleute:
"Es kränkt uns, dass da damit begonnen wurde, unseren Bürger vorzuführen – zumal einen gesetzestreuen Bürger unseres Landes, einen Musiker, einen Aktivisten. Er wurde als Terrorist vorgeführt – das hat uns gekränkt."
Kirgisistan gelobt zu Unrecht festgenommenen Bürgern Hilfe
Dabei gab Kamtschybek Taschijew durchaus zu, dass aus den Reihen der zahlreichen kirgisischen Migranten, die in Kasachstan wohnen, einige wohl an den Ausschreitungen beteiligt gewesen sein könnten. Offizielle Benachrichtigungen oder Anfragen seitens der Sicherheits- oder Regierungsbehörden Kasachstans seien gleichwohl bislang nicht erfolgt, so Taschijew.
Der kirgisische Präsident Sadyr Dschaparow teilte zu diesem Anlass ein Foto von Rusachunow in den sozialen Medien. Dabei kündigte er an, kirgisische Staatsangehörige, die ungerechterweise einer Teilnahme an den jüngsten Unruhen in dem zentralasiatischen Nachbarland beschuldigt würden, "entschieden zu verteidigen und zu schützen". Gleichzeitig jedoch räumte auch Dschaparow ein, dass einige kirgisische Wanderarbeiter, die sich gerade in Kasachstan aufhalten, durchaus an den dortigen Protesten beteiligt gewesen sein könnten.
Das kirgisische Innenministerium zitierte Verwandte von Rusachunow mit den Worten, er sei in der Vergangenheit oft in Almaty aufgetreten und sei auch diesmal zu einem Konzert in das Land eingeladen worden. Der Musiker habe Mitte Dezember ein Flugticket gekauft und sei am Abend des 2. Januar nach Almaty geflogen, teilte das Ministerium in einer Erklärung mit und fügte hinzu, dass es an der Aufklärung der Ereignisse rund um Rusachunows Festnahme arbeite. Seine Verwandten befürchten, dass er gefoltert worden sein könnte.
Die kasachischen Behörden haben sich zu der Angelegenheit bisher nicht geäußert.
Mittlerweile jedoch gab das kirgisische Komitee für Nationale Sicherheit bekannt, Rusachunow sei wieder auf freien Fuß gesetzt worden; zuvor sei laut Taschijew eine Protestnote an Kasachstan adressiert worden – nebst allen verfügbaren Informationen zur Person des Musikers.
Mittlerweile ist Vikram Rusachunow wieder nach Kirgisistan zurückgekehrt. Das kirgisische Außenministerium vermeldet, er habe die Grenze am Übergangspunkt Ak-Schol passiert.
Rusachunow dementiert, Opfer irgendwelcher Foltern geworden zu sein: Die Prellungen im Gesicht habe er bei seiner Festnahme davongetragen. Auch zu seinem "Geständnis" habe den Musiker niemand gezwungen: Vielmehr habe er gehört, dass bei einer derartigen Selbstverleumdung ein kirgisischer Bürger am ehesten davon ausgehen könne, umgehend in sein Heimatland deportiert zu werden:
Wieder auf freiem Fuß kam am 08. Januar auch der zuvor von Kasachstans Militär festgenommene freie Journalist Stanislaw Obischtschenko, der für RT über die Unruhen dort berichtete.
Schuldig, Proteste gegen Schubladendenken in der Musik zu orchestrieren
Der kirgisische Jazz-Pianist Vikram Rusachunow spielt unter anderem im nach ihm benannten Ethno-Fusion-Ensemble Vikram Rusachunow-Trio, in dem er vornehmlich Keyboards bedient. An seiner Seite sind der Bassist Assan Ismankulow für enorm groovige Slap-Riffs und überhaupt alle Saiteninstrumente sowie der Schlagzeuger Konstantin Kusmitsch für ein passendes rhythmisches Grundgerüst verantwortlich.
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