Der iranische Präsident Hassan Rohani hat den Beginn der Urananreicherung am Standort Fordo auf 20 Prozent angeordnet, teilte sein Regierungssprecher Ali Rabiei mit.
Zuvor hatte Teheran das vom Parlament initiierte Gesetz "Strategische Maßnahme zur Aufhebung der Sanktionen" ratifiziert. Das Dokument sieht die Produktion von Uran mit einem Anreicherungsgrad von 20 Prozent oder höher vor. Uran kann je nach Anreicherungsgrad für Atomkraftwerke oder Nuklearwaffen verwendet werden.
Prinzipiell könnten 20 Prozent angereichertes Uran bereits in Kernwaffen verwendet werden, doch würde ein solcher Sprengsatz große Mengen Uran erfordern und wäre sehr ineffizient. Daher gilt der Anreicherungsgrad von 90 Prozent als waffentauglich. Die am 6. August 1945 auf Hiroshima abgeworfene Bombe Little Boy enthielt knapp 60 Kilogramm auf 93 Prozent angereichertem Uran.
"Ein paar Stunden zuvor begann nach einer Reihe von vorbereitenden Maßnahmen (...) der Prozess der UF6 (Uranhexafluorid)-Gasversorgung. Das erste Produkt wird in ein paar Stunden eintreffen", wurde Rabiei von der Pressestelle des iranischen Kabinetts zitiert.
Nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur RIA Nowosti schlägt das erwähnte Gesetz die Aktivierung von Zentrifugen der neuen Generationen innerhalb von drei Monaten vor: 1.000 IR-2M und mindestens 174 IR-6. Es wird erwartet, dass die Anzahl der IR-6 innerhalb eines Jahres 1.000 erreichen wird. Gleichzeitig geht der Atomdeal davon aus, dass der Iran nur Zentrifugen der ersten Generation IR-1 verwendet und Uran auf 3,67 Prozent anreichern darf.
Das neue Gesetz verpflichtet die Regierung, ein Zusatzprotokoll mit der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) über erweiterte Atominspektionen aufzugeben, wenn die Parteien das Abkommen nicht innerhalb von zwei Monaten nach seinem Inkrafttreten einhalten. Die iranischen Gesetzgeber drängen auf eine Normalisierung der Bankgeschäfte und der Ölexporte nach Europa – ein Schritt, der durch die US-Sanktionen behindert wird.
Die Resolution war schon lange in Arbeit, aber angesichts der Ermordung des Top-Atomphysikers Mohsen Fachrisadeh Ende November hat das Parlament sie im Eilverfahren behandelt. Diesen Schritt hat Israel bereits scharf kritisiert. Die Entscheidung des Irans könne nur als Versuch erklärt werden, ein militärisches Nuklearprogramm aufzubauen, ließ Ministerpräsident Benjamin Netanjahu mitteilen.
"Israel wird es dem Iran nicht erlauben, nukleare Waffen zu produzieren."
Die Teheraner Regierung macht Israel für den Tod des Atomwissenschaftlers verantwortlich. Als Reaktion auf den Tod des Forschers verabschiedete das iranische Parlament im Dezember ein Gesetzespaket, das nun ausgeweitete Uran-Anreicherung festschreibt.
Wie Rohani, der anfänglich gegen das Gesetz war, bereits vor einem Jahr sagte, hat der Iran durch die Kürzung seiner nuklearen Verpflichtungen effektiv Bestimmungen des Urananreicherungsabkommens und der Zentrifugen aufgegeben.
Der Iran und die sechs internationalen Unterhändler Großbritannien, USA, Russland, Frankreich, China und Deutschland erzielten im Juli 2015 ein historisches Abkommen zur Lösung des langwierigen iranischen Atomproblems. Der Deal in seiner ursprünglichen Form überlebte nicht einmal drei Jahre: Im Mai 2018 kündigten die USA einen einseitigen Rückzug aus ihm und die Wiedereinführung harter Sanktionen gegen Teheran an. US-Präsident Donald Trump begründete die Abkehr von der Übereinkunft damit, dass die Zugeständnisse des Irans nicht weit genug gingen.
Seitdem sieht sich auch Teheran an seine internationalen Verpflichtungen nicht mehr gebunden. Im Oktober verkündete das iranische Außenministerium die Aufhebung des Waffenembargos gegen Teheran. Seit dem 18. Oktober kann der Iran also Waffen verkaufen und kaufen.
Derartige Schritte der Islamischen Republik dürften es dem designierten US-Präsidenten Joe Biden erschweren, die USA ins Atomabkommen zurückzuführen, schreibt Reuters. Aus Sicht der EU wäre die erhöhte Urananreicherung ein klarer Verstoß gegen das Wiener Atomabkommen von 2015. Sollten die Ankündigungen aus Teheran tatsächlich umgesetzt werden, würde es sich um eine "erhebliche Abweichung von den iranischen Verpflichtungen" unter dem Abkommen handeln, wie ein Sprecher des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell am Montag in Brüssel sagte. Zudem hätte es demnach "ernsthafte Auswirkungen auf die Nichtverbreitung von Kernwaffen". Jeder Schritt, der den Erhalt des Abkommens schwächen könne, müsse unterlassen werden.
Mehr zum Thema - Iran: Rohani will Atomabkommen nicht aufgeben