Lateinamerika

EU für Sanktionen gegen Beteiligte an Wahlen zum venezolanischen Parlamentspräsidium

Die Europäische Union (EU) erwägt Sanktionen gegen Abgeordnete der venezolanischen Nationalversammlung im Zusammenhang mit den jüngsten Wahlen zum Präsidium der Abgeordnetenkammer. Bei der aktuellen Spaltung der Opposition geht es auch um knallharte Finanzinteressen.
EU für Sanktionen gegen Beteiligte an Wahlen zum venezolanischen Parlamentspräsidium© AFP / www.globallookpress.com

In einer Erklärung kündigte der Hohe Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik Josep Borrell im Hinblick auf die jüngsten Vorgänge bei den Wahlen zum Präsidium der venezolanischen Nationalversammlung mögliche Sanktionen gegen einzelne Beteiligte an:

Angesichts dieser schwerwiegenden Handlungen und Entscheidungen, die die Demokratie, die Rechtsstaatlichkeit und die Menschenrechte untergraben, ist die EU bereit, mit der Anwendung gezielter Maßnahmen gegen Personen zu beginnen, die an der Verletzung dieser Grundsätze und Rechte beteiligt sind", heißt es in der Stellungnahme.

"Versuche, den legitimen Wahlprozess für das Präsidium der Nationalversammlung am 5. Januar gewaltsam zu blockieren, und die Anwendung von Gewalt gegen den Präsidenten und mehrere Abgeordnete, um seinen Zugang zur Nationalversammlung zu verhindern, sind völlig inakzeptabel", fügte Borrell hinzu.

Er bezeichnete die Nationalversammlung als "die einzige demokratisch gewählte Institution in Venezuela", und die jüngsten Aktionen gegen diese seien lediglich dazu geeignet, die Krise in diesem lateinamerikanischen Land zu verschärfen.

Dem EU-Chefdiplomaten zufolge ist die Ernennung von Luis Parra zum neuen Präsidenten der Nationalverammlung illegitim, weil seine Wahl "weder die gesetzlichen Verfahren noch die demokratischen Verfassungsgrundsätze beachtet hatte".

Die EU sprach ihre "volle Unterstützung" für Juan Guaidó als Parlamentspräsident aus und verurteilte die angebliche Einschüchterung, Gewalt und Willkürentscheidungen gegen Mitglieder des venezolanischen Parlaments.

Am 5. Januar fanden die in den Statuten der venezolanischen Nationalversammlung vorgeschriebenen jährlichen Wahlen zu dessen Präsidium statt. In diesen wurde der Oppostitionsabgeordnete Luis Parra zum Parlamentspräsidenten gewählt und anschließend vereidigt. Er löste damit Guaidó ab, der nicht zur Wahlsitzung erschien, angeblich weil ihm die Nationalgarde den Zugang zum Parlament verwehrt hatte.

Guaidó ließ sich parallel von hundert Oppositionsabgeordneten in den Räumen einer Zeitung als Parlamentspräsident wiederwählen und am Dienstag erneut zum "Interimspräsidenten" vereidigen.

Der Präsident Venezuelas, Nicolás Maduro, hatte die Wahl des neuen Parlamentspräsidiums mit Parra an der Spitze anerkannt, während die Vereinigten Staaten und einige andere Länder die Wahl als einen "Putsch" im venezolanischen Parlament bezeichneten.

Kampf ums Geld – und um staatliches Auslandsvermögen in Höhe von Milliarden US-Dollar

Die seit dem 5. Januar eskalierten Auseinandersetzungen um die Kontrolle der venezolanischen Nationalversammlung zwischen zwei Fraktionen der Opposition, die von Juan Guaidó bzw. Luis Parra angeführt werden, sind Beobachtern zufolge der Höhepunkt eines Spaltungsprozesses, der sich "seit einiger Zeit" hinzieht:

Eine Oppositionsfraktion, die den Vereinigten Staaten völlig untergeordnet ist [und die von Guaidó angeführt wird], und eine andere Fraktion, die verärgert ist, weil sie bei der Verteilung der US-Gelder im letzten Jahr nichts abbekommen haben", kommentiert der venezolanische Politikanalyst Sergio Rodríguez Gelfenstein die Entwicklung.

Laut seiner Einschätzung erfolgt die Spaltung zwischen den Fraktionen von Parra und Guaidó zu einer Zeit, in der die Opposition gegen die Maduro-Regierung schwächer wird. Der Rückgang sei durch das Fehlen eines konkreten politischen Projekts gekennzeichnet, das die Venezolaner überzeugen würde.

Das Fehlen eines politischen Projekts begünstige das Entstehen individueller Führungspersönlichkeiten, bei denen es statt um ein solches Projekt um den Zugang zu Geldern aus den USA gehe. Die venezolanische Opposition ist weiterhin auf internationaler Ebene durch den Einfluss der Vereinigten Staaten auf andere Regierungen und wichtige Massenmedien präsent. Doch im Land selbst ist sie nicht mehr in der Lage, die Menschen zu bedeutenden Demonstrationen zu mobilisieren.

Der US-Sonderbeauftragte für Venezuela, Elliott Abrams, bestätigte am Donnerstag, dass seine Regierung "eine gute Summe Geld zur Unterstützung der demokratischen Opposition in Venezuela" bereitgestellt hat.

Abrams versicherte, dass diese Mittel hauptsächlich durch die Entwicklungsbehörde USAID, aber auch durch das Büro für Demokratie und Menschenrechte vergeben wurden.

Doch beim Kampf ums Geld geht es um weit mehr als diese "gute Summe" aus der US-Staatsschatulle. Denn die Anerkennung Guaidós als "Interimspräsident" durch einige westliche Länder ermöglicht ihm – statt der Regierung von Präsident Maduro – den Zugriff auf venezolanische Aktiva im Wert von Milliarden US-Dollar in diesen Staaten, darunter Firmenvermögen, Immobilien, Bankkonten sowie Devisen- und Golddepots in Zentralbanken.

So hatte der Oppositionsabgeordnete Carlos Paparoni bereits im Februar 2019, knapp einen Monat nach Guaidós Selbsternennung zum "Interimspräsidenten", gegenüber BBC Mundo versichert, dass die Opposition und die ausländischen Regierungen, die Guaidó unterstützen, von seinerzeit 70 weltweit verteilten Auslandskonten des venezolanischen Staates 30 ermitteln konnten, mit der kompletten Information über "Fonds, Aktiva, Unternehmen und Transaktionen", von denen seither die Opposition um Guaidó bedeutende Teile kontrolliert:

Wir haben liquide Mittel in Aktiva und auf Konten in Höhe von 3,2 Milliarden US-Dollar und Immobilien im Wert von acht Milliarden US-Dollar gesichert", so Paparoni.

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