von Maria Müller
Das Kopf-an-Kopf-Rennen der beiden aussichtsreichsten Kandidaten bei den Präsidentschaftswahlen in Panama wurde erst am Freitagabend (Ortszeit) und damit fünf Tage nach der Wahl endgültig entschieden. Erst zu diesem Zeitpunkt war die handverlesene Überprüfung der 40 Wahlbezirke beendet. Mit einem nur geringen Unterschied von drei Prozentpunkten gewann der Sozialdemokrat Laurentino "Tino" Cortizo mit 33,35 Prozent der Stimmen vor seinem konservativen Konkurrenten Rómulo Roux, der 30,39 Prozent der Stimmen erhielt. An dritter Stelle steht der parteilose Kandidat Ricardo Lombana mit knapp über 19 Prozent. Der große Verlierer ist die bisherige Regierungskoalition, die "Panama-Partei". Sie sackte auf 10,48 Prozent ab. Insgesamt waren 2,7 Millionen der vier Millionen Bürger stimmberechtigt.
Bei dem Urnengang standen sowohl der Präsident und Vizepräsident als auch die Abgeordneten des Einkammerparlaments und des mittelamerikanischen Regionalparlaments (PARLACEN) zur Wahl, des Weiteren die Bürgermeister und lokalen Nachbarschaftsräte.
Die Siegerpartei von Tino Cortizo, die Revolutionäre Demokratische Partei (PRD), gewann auch die Mehrheit im Parlament, obgleich die knappe Parität mit den Konservativen und die starke Position der Anhänger des parteilosen Kandidaten Ricardo Lombana sie mit Sicherheit zu Koalitionsverhandlungen zwingen wird. Von daher ist bereits abzusehen, dass es in Panama auch in der neuen Legislaturperiode keine grundlegenden Änderungen geben wird. Nicht zu vergessen, dass der politische und kulturelle Einfluss der USA das Land dominiert.
In seiner Wahlsiegrede rief Cortizo zur Einheit des Landes auf, um die großen Aufgaben gemeinsam in Angriff nehmen zu können. Zu diesen zählen eine Verfassungsreform und das Bemühen um einen neuen wirtschaftlichen Aufschwung. Cortizos Amtszeit als Präsident dauert bis zum Jahr 2024.
Neuausrichtung der Außenpolitik in Sachen Venezuela?
Verschiedene Medien spekulierten, ob Cortizo die Haltung seines Vorgängers gegenüber Venezuela in Frage stellen wird. Denn im Wahlkampf hatte Cortizo betont, dass er Panamas Anerkennung von Juan Guaidó als Interimspräsidenten Venezuelas überprüfen werde. Als Mitglied der "Lima-Gruppe" hat sich sein Land bislang an den Bemühungen beteiligt, die venezolanische Regierung unter Präsident Nicolás Maduro zu stürzen. In seiner Wahlkampagne hatte der Präsidentschaftskandidat versichert, die Außenpolitik unter die Lupe zu nehmen:
Ich werde mit jedem der Akteure in dieser Situation des Blutvergießens von Angesicht zu Angesicht sprechen, denn das verdient niemand in Venezuela.
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Die gegenwärtigen Umstände, denen das Nachbarland ausgesetzt ist, seien für ihn schmerzlich, so Cortizo. Dessen Partei, die Mitglied der sozialistischen Internationale ist, übernahm schon mehrfach die Regierung in Panama. Er selbst war im Jahr 2004 Landwirtschaftsminister unter Präsident Martín Torrijos. Dessen Vater, der umstrittene General Omar Torrijos, putschte sich 1968 in einer Epoche stark nationalistisch geprägter Militärs in Lateinamerika an die Macht. Omar Torrijos erreichte unter dem US-Präsidenten Jimmy Carter die Rückgabe des Panama-Kanals, der den Atlantik mit dem Pazifik verbindet, an die Republik Panama.
Parteien sagen Korruption den Kampf an – und stecken selbst tief im Sumpf
Cortizo ist Wirtschaftsexperte, studierte in den USA und profilierte sich als Unternehmer im Agrarbereich, vor allem in der Fleischproduktion. Zentrale Themen seines Wahlkampfes waren die tiefe soziale Ungleichheit in Panama sowie der Kampf gegen die Korruption. Allerdings vertritt er keine sozialistischen Konzepte und sprach auch nie von einer gerechteren Verteilung des Reichtums. Denn wie alle bedeutenden politischen Kräfte in Panama sind auch Cortizo und seine Partei grundsätzlich Anhänger des neoliberalen Modells. Entsprechend will der neue Präsident die Armut mit einer "besseren Marktwirtschaft" überwinden.
Die liberal-konservative Partei "Demokratischer Wandel" (CD) unter Rómulo Roux ist nun die stärkste Oppositionskraft. Obwohl Ricardo Martinelli, früherer Präsident Panamas (2009–2014) und politischer Kopf des CD, heute wegen zahlreicher Delikte und Korruptionsskandalen in Untersuchungshaft sitzt, konnte die konservative Partei erneut ein Drittel der Wählerschaft mobilisieren.
Im Wahlkampf versprachen alle Kandidaten, die Korruption radikal zu bekämpfen. In ihrer Regierungspraxis erlagen dann jedoch alle Parteien diesem Übel. Panama ist eines der Länder mit der größten Zahl von Korruptionsermittlungen und der geringsten Zahl von tatsächlich verurteilten Tätern.
Laut den Daten der Staatsanwaltschaft wurden seit 2015 über hundert Korruptionsverfahren eröffnet, über 700 Personen angeklagt und über 416 Millionen US-Dollar wieder aufgespürt. Doch die Mehrheit der Fälle wurde noch nicht vor Gericht verhandelt. Die Resignation der Bürger aufgrund der zahlreichen Skandale, in die Abgeordnete aller Parteien verwickelt sind, führt zu einem wachsenden Vertrauensverlust in das Parteiensystem.
Gerade im Fall der bekannten "Panama Papers" haben die Ermittlungen kaum zu gerichtlichen Ergebnissen geführt. Auch die Bestechungsgelder des brasilianischen Bauunternehmens Odebrecht führten zu keinen Verurteilungen, obwohl oder vielleicht gerade weil Abgeordnete aller Parteien in diese Skandale verwickelt sind.
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"Das Problem ist, dass die Staatsanwaltschaft nicht über die erforderlichen Mittel zum Abschluss von Verfahren verfügte und die Justizbehörden keine Urteile erlassen konnten", erklärte Anette Planells von der Anti-Korruptionsbewegung MOVIN gegenüber der spanischen Agentur EFE.
Der aktuelle Präsident Panamas, Juan Carlos Varela, dessen Amtszeit im Juli endet, versicherte bei der Übernahme seines Mandats im Jahr 2014, die Institutionen von den korrupten Seilschaften seines Vorgängers Martinelli zu "säubern".
Doch bald stand Varela selbst im Verdacht, "Schenkungen" von Odebrecht für seine Wahlkampagne entgegengenommen zu haben. In seiner Amtszeit kamen fast täglich illegale Geschäfte in allen Wirtschaftsbereichen ans Tageslicht, darunter in mehreren Ministerien. Doch auch das Parlament ist nicht mehr in der Lage, Korruptionsfälle glaubwürdig zu untersuchen, seitdem zahlreiche Abgeordnete angeklagt sind, insgesamt 400 Millionen US-Dollar aus der staatlichen Armenfürsorge für Wahlkampfkosten abgezweigt zu haben.
Das oberste Gericht gilt ebenfalls als unzuverlässig, seitdem es Urteile zugunsten von Großkonzernen ausgesprochen hat, die des Betrugs bei Infrastrukturprojekten beschuldigt wurden. Allerdings wurde der Vorgänger Varelas, Ex-Präsident Ricardo Martinelli, vor wenigen Monaten aus den USA nach Panama ausgeliefert, wohin er sich als "stets treuer Verbündeter" Washingtons geflüchtet hatte. Er steht nun wegen 20 Finanzdelikten und politischer Spionage vor Gericht. Ein Dutzend seiner Minister ist inhaftiert.
Niemals zuvor saß ein Ex-Präsident auf der Anklagebank. Das sind bedeutende Fortschritte. Doch es ist immer noch weit von dem entfernt, was die Bürger erwartet haben", so Anette Planells.
Auch Lina Vega von der Organisation "International Transparency" merkte dazu an: "Noch nie ist es vorgekommen, dass Beamte von scheidenden Regierungen aufgrund von Maßnahmen ihrer Nachfolger untersucht wurden. Es gab stets Abmachungen zwischen den Parteien, damit nichts geschieht." Immerhin hat Panamas Parlament im vergangenen Jahr ein Gesetz verabschiedet, das Korruption als ein Verbrechen einstuft. Eine späte Reaktion.
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