Lateinamerika

US-Feindbild Kuba: Fast 60 Jahre Blockade, Schikane und Einmischung – und kein Ende in Sicht

Ende der fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts stürmten kubanische Widerstandskämpfer Havanna und verjagten Diktator Fulgencio Batista. Im Handumdrehen machten sich die erfolgreichen Revolutionäre bei ihrem mächtigen Nachbarn im Norden unbeliebt. Seitdem wütet das US-Imperium gegen die Regierung der Karibikinsel. Mal offen, mal verdeckt, mal weniger, mal mehr.
US-Feindbild Kuba: Fast 60 Jahre Blockade, Schikane und Einmischung – und kein Ende in SichtQuelle: www.globallookpress.com © Global Look Press

von Flo Osrainik

In ihrem aktuellen UN-Bericht stellt die kubanische Regierung fest, dass die Vereinigten Staaten unter Donald Trump ihre Strategie zur Verschärfung des Boykotts und der Subversion gegen Kuba wieder aufgenommen haben. Alleine im Untersuchungszeitraum zwischen April 2017 und März 2018 sollen dem Inselstaat durch die US-Blockade Schäden von über 4,3 Milliarden US-Dollar im Gesundheitssektor, der Lebensmittelversorgung, in den Bereichen Bildung, Sport und Kultur oder in Wirtschaft, Handel und Finanzen entstanden sein. Und das Dokument liefert dafür zahlreiche Beispiele. In den insgesamt fast 60 Jahren einseitiger Sanktionen rechnet die Regierung in Havanna mit Gesamtschäden von mehr als 933,6 Milliarden US-Dollar.

Welle für Welle

Da bisherige Bemühungen des neoliberalen Nachbarn, die Insel einzunehmen, bis dahin beständig scheiterten, wird der Karibikstaat seit dem 16. Juni 2017 – als Trump ein Memorandum zur Erneuerung der Blockade gegen die Insel unterzeichnete – also wieder verstärkt unter Beschuss genommen. Und zwar auf allen Ebenen.

Die nicht legitimierten Einmischungen der US-Administrationen in innere Angelegenheiten souveräner Staaten oder das Aufstellen einseitiger Embargos gegenüber anderen Ländern dürfte als ein vermeintlich "natürliches Privileg des Stärkeren" und seiner Freunde gesetzt bleiben. Besonders unter Trump. Also wird weiter fleißig an der Kriminalisierung sämtlicher Bemühungen, eine multipolare Weltordnung durchzusetzen – in Form einer vetofreien UN vielleicht – oder an Sanktionen gegen Mitgliedsstaaten des imperialen Verbunds – etwa wegen diverser Angriffskriege oder der Besatzung und Unterdrückung anderer Völker – sowie an der Zerschlagung unbeugsamer Regierungen – wie eben jener in Kuba – gearbeitet.

Trotzdem gelingt es den Kubanern, etwa in den Bereichen Bildung und Gesundheitsversorgung oder bei der politischen Mitsprache, bis heute einen Standard zu sichern, den wohl nicht nur die meisten Menschen Lateinamerikas, sondern auch US-Bürger in großer Zahl gerne für sich in Anspruch nehmen würden. Und dann entsendet Havanna, unbeirrt vom Trend des globalen Militarismus, auch noch Ärzte anstatt Waffen in ferne Länder.

Es sei das "unfairste, heftigste und ausgedehnteste System einseitiger Sanktionen, das jemals gegen ein Land verhängt wurde" und behindere die wirtschaftliche, soziale und nachhaltige Entwicklung der Karibikinsel, wie es im UN-Bericht der Regierung um Miguel Díaz-Canel vom Juni 2018 weiter heißt. Und die "Verschärfung der Blockade gegen Kuba wurde von aggressiven, bedrohlichen, respektlosen Rhetoriken und Bedingungen begleitet, die von den höchsten Ebenen der US-Regierung kommen", was zu "größerem Misstrauen und Unsicherheit bei den amerikanischen Finanzinstitutionen, Unternehmen und Zulieferern"führt, da diese Bestrafungen für ihre Beziehungen zu Kuba fürchten würden. Außerdem zeigten die anhaltenden Schikanen und Drohungen noch immer die Verachtung der US-Behörden für die Souveränität anderer Staaten.

Aber nicht nur das. In vorauseilendem Gehorsam unterwerfen sich auch Banken aus der EU, wie die Deutsche Postbank AG oder die niederländische ING-Bank – selbst wenn es "nur" um Hilfszahlungen für Opfer von Naturkatastrophen geht – dem US-Diktat und ziehen es lieber vor, sich über die am 22. November 1996 erlassene Verordnung Nr. 2271/96 des Europäischen Rates hinwegzusetzen. Diese legt fest, dass die Regelungen der US-Blockade gegen Kuba "völkerrechtswidrig" und in der EU "illegal" sind. Für die Bundesregierung ist ein Verstoß gegen jene EU-Verordnung allerdings auch nur eine Lappalie. Vielmehr ist man, etwa mit der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung, schon fast traditionell daran interessiert, an einem Umsturz in Kuba mitzuwirken.

Mit allen Wassern gewaschen - die Reinversion von Humanismus

Die Blockade der USA verstoße gegen die Charta der Vereinten Nationen und des Völkerrechts und stellt ein Hindernis für die internationale Zusammenarbeit dar. Ziel der wirtschaftlichen Aggression und der Subversion in Kuba sei es folglich, "das vom kubanischen Volk frei gewählte wirtschaftliche, politische und soziale System zu zerstören", wie es über das US-Vorgehen in dem Bericht noch heißt. Doch die jahrzehntelange Dauerblockade gegen die Kubaner ist nur eine Sache.

Etwas anderes sind die diskreteren Umsturzbemühungen auf der Insel. Nicht nur, dass Ex-Präsident Fidel Castro nach kubanischer Zählung Ziel von 638 gescheiterten Mordanschlägen wurde, meist geplant und ausgeführt vom US-Auslandsgeheimdienst CIA. Auch unterließ Washington unter Barack Obama keinen Versuch, die kubanische Führung zu destabilisieren. Mithilfe von USAid, einer Entwicklungsbehörde mit Geheimdienstaufgaben – auch bekannt durch medienwirksam in Szene gesetzte weiße Reissäcke –, sollte ein Mob, nach Vorbild der arabischen Revolutionen, über den Twitter-Klon ZunZuneo mobilisiert werden. Das Weiße Haus meinte damals, dass ein geheimes Programm zum Aufbau eines gut getarnten "kubanischen Twitters", etwa um Aufstände zu schüren, schließlich eine "diskrete"Form der humanitären Hilfe sei. Gewalt schüren sei also besser als etwa Ärzte zu schicken, meinte Washington noch vor kurzem und dürfte damit ganz den Geschmack des militärisch-industriellen Komplexes treffen.

Nachdem der Plan unter Obama allerdings nicht so recht aufging – in Kuba verfolgt man noch immer ein zur US-Oligarchie alternatives Gesellschaftsmodell –, startete man mehr oder weniger nahtlos die nächste Subversion. So soll die US-Regierung seit zwei Jahren Facebook-Konten nutzen, die den Anschein erwecken, von Bewohnern Kubas zu sein, um Inhalte der US-Regierung zu verbreiten und auf der Insel Widerstand gegen die Regierung zu fördern. Was dem Facebook-Konzern bei angeblich nicht authentischen, angeblich russischen und angeblich iranischen Konten also rasch auffiel und zügig zu Sperrungen führte, fällt hier – und vermutlich genau so wenig, wenn es um israelische Aktivitäten in sozialen Netzwerken geht – ganz und gar nicht auf.

Und dann gibt es da ja auch noch das regierungseigene Büro für Rundfunk-Übertragungen nach Kuba, das sogenannte OCB, "Office of Cuba Broadcasting", das auch für die antikubanischen Sender Radio und TV-Martí zuständig ist", wie das Lateinamerikaportal amerika21 berichtet. Entsprechende Pläne des OCB für die Jahre 2018 und 2019 wären in dieser Angelegenheit übrigens in den Haushaltsdokumenten des Rundfunkdirektoriums, dem "U.S. Broadcasting Board of Governors" nachzulesen.

Nicht zu vernachlässigen sind auch die mysteriösen Vorfälle rund um die US-Botschaft in Havanna vor knapp zwei Jahren. Ohne Beweise vorzubringen, wurden der kubanischen Regierung heimliche und unheimliche "Angriffe mit Schallwellen", wie die New York Times schrieb, auf US-Personal unterstellt. US-Staatssekretär Rex Tillerson, der von "Gesundheitsattacken" sprach, meinte nur, man konnte nicht feststellen, wer schuld sei und Carlos Fernández de Cossío, US-Direktor des kubanischen Außenministeriums, fand die Art und Weise, wie die US-Regierung, die in dieser Sache Transparenz vermissen ließ, mit dem Thema umgegangen ist, beunruhigend. Jedenfalls wurde mal wieder kräftig am Image Kubas gekratzt.

Festung Havanna

Zusammenfassend gibt es in Sachen des Feindbildaufbaus von Kuba also nichts Neues aus der Kommandozentrale des Westens zu melden. Noch immer keine Anzeichen für einen Kurswechsel und auch keine Finten à la Obama, wie dieser im Interview mit der New York Times eingestand.

Die Blockade stellt, so der kubanische UN-Bericht, also noch immer "einen Verstoß gegen das Recht auf Frieden, Entwicklung und die freie Entscheidung souveräner Staaten dar", sei unverändert ein Akt einseitiger Aggression, eine Bedrohung für die Stabilität Kubas und würde durch die Reisebeschränkungen darüber hinaus sogar die "verfassungsmäßigen Rechte des amerikanischen Volkes" und die Souveränitätsrechte anderer Staaten verletzen. Aber nicht nur die überwältigende Mehrheit der Staatengemeinschaft verurteilt die Blockade – 191 Staaten lehnen die Blockade ab, während sich nur Israel und die Vereinigten Staaten in der UNO immerhin der Stimme gegen ihre eigene Regierung schlichtweg "enthielten". Auch viele Menschen in den USA würden ein Ende des ungerechten Embargos fordern, wenn sie könnten. Nur eben einige Chef-Transatlantiker ohne moralischen Kompass wollen das Ruder einfach nicht aus der Hand geben und scheinen fest entschlossen, weiterhin vor Kuba baden gehen zu wollen.

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