Argentiniens Präsident ordnet Einsatz des Militärs im Landesinneren an
von Maria Müller
Argentiniens Präsident Mauricio Macri inszenierte vergangene Woche einen provokativen Auftritt, der zu einer symbolischen Drohung gegenüber der sozial mobilisierten Bevölkerung geriet. Auf dem Anwesen der berüchtigten Militäreinheit "Campo de Mayo" (Maifeld) trat er mit den Spitzen der Streitkräfte vor die Presse. Dort befanden sich während der Militärdiktatur (1976-1983) gleich drei Geheimgefängnisse, in denen verschleppte Bürger gefoltert und hingerichtet wurden. Die mit dem Auftritt des Präsidenten verbundene Symbolik dürfte sich jedem Argentinier erschließen.
Umringt von Generälen verkündete Macri eine Reihe von Reformen im Bereich der Streitkräfte. Die Umstrukturierung hat drei Schwerpunkte:
1. "Die globale und regionale Situation",
2. "Die strategische Position Argentiniens in der Verteidigung" und
3. "Prioritäten und Leitlinien für die Reform des Nationalen Verteidigungssystems (SDN)".
Nach dem bisherigen Militärgesetz Nr. 727 aus dem Jahr 2006 sind all jene Konzepte ausdrücklich verboten, die den Einsatz des Militärs auf Funktionen erweitern und /oder zu erweitern versuchen, die gemeinhin als "neue Bedrohungen" bekannt sind. Artikel 3 besagt, dass "das Nationale Verteidigungssystem Hypothesen, Annahmen und/oder Situationen im Bereich der inneren Sicherheit nicht in Betracht ziehen darf". Die Rolle der Streitkräfte wurde unter dem damaligen Präsidenten Néstor Kirchner ausschließlich auf die Landesverteidigung gegen äußere militärische Aggressionen festgelegt.
Terrorbekämpfung als Vorwand?
Der Sozialwissenschaftler Manuel Trufó vom Zentrum für juristische und soziale Studien (CELS) erläuterte, dass "eine der größten Errungenschaften der Demokratie Argentiniens die Trennung der Konzepte von Verteidigung und Sicherheit war. Damit wurde erreicht, dass sich das Militär der politischen Macht unterordnete".
Macri wirft nun diese grundlegenden Pfeiler der demokratischen Staatsraison über Bord. Die Streitkräfte sollen in strategischen Zonen des Landes konzentriert werden, wo sie zusammen mit der Polizei gegen das organisierte Verbrechen vorgehen sollen. Der Präsident will zusätzlich neue Militärbasen einrichten, andere hingegen schließen.
Als offizielle Begründung für die Reform, die im Parlament weder diskutiert noch abgestimmt wurde, werden gerade solche "neuen Bedrohungen" genannt, die laut bisherigen Militärgesetz keinen Einsatz der Streitkräfte erlaubten: der internationale Terrorismus, der Drogenhandel oder der Schmuggel. Man muss sich fragen: Terrorismus in Argentinien? Davon war bis jetzt nichts zu sehen. Trotzdem behaupten US-Militärs seit über 20 Jahren, dass es in der Grenzregion zwischen Argentinien, Brasilien und Paraguay eine Ruhe- und Rekrutierungszone für Milizen der Hisbollah (!) gäbe. Niemand hat je eine Spur davon gesehen.
Dafür soll nun eine schnelle Eingreiftruppe mit 10.000 Soldaten geschaffen werden, die an der nördlichen Landesgrenze stationiert wird. Sie soll die bisherige Grenzpolizei logistisch unterstützen. Bereits am 1. August werden 500 Soldaten in den Norden Argentiniens entsandt, wo sie in Gegenden mit einer besonders armen Bevölkerung eingesetzt werden sollen. Angeblich geht es dort um den Kampf gegen den Drogenhandel. Der hat in Argentinien allerdings bei weitem nicht die Dimension angenommen, die eine neue Militärdoktrin und die Einrichtung einer schnelle Einsatztruppe rechtfertigen würde.
Kritiker vermuten, es gehe in Wirklichkeit um eine Integration des argentinischen Militärs in die geopolitischen Vorgaben der USA für den südamerikanischen Kontinent.
Kritiker sehen in der neuen Militärdoktrin eine Reaktion auf die soziale Krise
Doch auch andere Sichtweisen machen die Runde, die die Angelegenheit in der wirtschaftlichen und politischen Krise des Landes verorten. Denn die argentinische Bevölkerung erlebt seit der Wiederwahl Macris einen Rekord an Massenmobilisierungen. Die Wirtschaftskrise verschärft sich, Macris Politik produzierte zigtausende von Arbeitslosen und eine hohe Inflation. Bislang ist keine Besserung in Sicht.
Seit 2017 fällt sein Ansehen in der Bevölkerung immer weiter in den Keller. Nach den neuesten Umfragen unterstützen nur noch 36 Prozent der Argentinier ihren Präsidenten.
Beobachter machen vor allem den Internationalen Währungsfond (IWF) und dessen eiserne Hand für die wachsende soziale Misere verantwortlich, nachdem Präsident Macri einen Kredit in Höhe von 50 Milliarden US-Dollar beantragt hatte. Wie üblich knüpfte der IWF die Kreditvergabe an ein sogenanntes Strukturanpassungsprogramm, das mit neoliberalen-antisozialen Maßnahmen einhergeht.
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Wenige Tage vor dem Auftritt von Präsident Macri in der Militäreinheit Campo de Mayo fand ein entscheidendes Ereignis statt. Die Präsidentin des IWF, Christine Lagarde,verkündete bei ihrem Besuch am 20. Juli in Buenos Aires, dass ihre Institution am 1. August ein Büro in der argentinischen Hauptstadt eröffnen werde.
Wirtschaftsexperten aus Washington werden dann vor Ort darüber wachen, dass das Land Zahlungen, Finanzpläne und wirtschaftliche Maßnahmen einhält, die als Bedingung für den Kredit vereinbart wurden. IWF-Chefin Lagarde erklärte dazu:
Wir werden die politische und finanzielle Situation Argentiniens analysieren um rechtzeitig festzustellen, ob mögliche Hindernisse dazu führen könnten, die Vereinbarungen nicht einzuhalten.
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