Unterminierung von Friedensprozess in Kolumbien: USA fordern Auslieferung von FARC-Unterhändler
von Maria Müller, Montevideo
Einer der bekanntesten Vertreter der linken FARC-Partei, Jesus Santrich, wurde Anfang April in Kolumbien festgenommen. Er habe laut dem Generalstaatsanwalt Néstor Martínez "geplant", zehn Tonnen Kokain zu produzieren und in die USA zu schaffen. Nun soll er in die USA ausgeliefert werden. Sein Gesundheitszustand befindet sich nach 18 Tagen Hungerstreik in einer kritischen Phase.
Generalstaatsanwalt Néstor Martínez erklärte, dass das Bundesgericht von New York Anklage gegen Jesus Santrich erhoben habe. Beweise in Form von Dokumenten, Video-Filmen und elektronischen Daten seien vorhanden. Der Haftbefehl ist auf mehrere Personen ausgestellt, die alle an die Vereinigten Staaten ausgeliefert werden sollen.
Am Tag der Festnahme von Santrich sagte sein Anwalt: "Sie werden ihn nicht brechen können. Er besitzt eine große moralische Stärke. Es war ihm klar, dass dies kommen würde."
Der Anwalt kündigte an, dass Jesus Santrich gegen den kolumbianischen Präsidenten Juan Manuel Santos und den Staatsanwalt Néstor Martínez Anklagen wegen Amtsmissbrauch und Rechtsbeugung erheben werde. Auch auf internationaler Ebene wolle man juristische Schritte unternehmen. Sein Mandant habe erklärt, er sei unschuldig und werde bis zu seiner Freilassung im Hungerstreik bleiben. Er sei das Opfer einer juristischen Konstruktion.
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Die FARC-Partei bezeichnete die Verhaftung von Jesus Santrich als "illegal". Nach den Regeln des Friedensvertrages müssen sich alle Mitglieder der früheren Guerilla, die sich dem Friedensprozess verschrieben haben, einer Sonderjustiz unterstellen. Dort gelten Sonderregelungen, um das baldige Wiedereingliedern von angeklagten Guerilleros und Militärs in die Gesellschaft zu fördern. Das betrifft jedoch nur Delikte, die bis zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses begangen wurden.
Die angeblichen Pläne Santrichs im Zusammenhang mit einem Drogengeschäft seien späteren Datums und würden deshalb unter die Zuständigkeit der normalen Justiz fallen, so die Ankläger. Der Antrag seines Anwaltes auf Haftentlassung wurde vom obersten Gericht abgewiesen.
Kolumbiens Präsident Manuel Santos sagte, dass er Auslieferungen für Delikte, die vor dem Zeitpunkt des Friedensvertrages verübt wurden, nicht genehmigen werde. Doch bei solchen, die danach stattfanden, "werde ihm die Hand nicht zittern", um sie zu genehmigen. Erforderlich seien allerdings die üblichen justiziellen Verfahren für solche Fälle.
US-Gerichtsverfahren als Damokles-Schwert für Friedensprozess
Am 27. April besuchten der Abgesandte der Europäischen Union für den Friedensprozess in Kolumbien, Eamon Gilmore, zusammen mit zwei weiteren Europaabgeordneten Vertreter der FARC-Partei. Bei den Gesprächen ging es um die gegenwärtige Krise des Friedensprozesses, die Verhaftung von Jesus Santrich und um die rund 800 politischen Gefangenen aus der FARC, die noch immer nicht freigelassen sind. Die Europa-Vertreter versprachen, Santrich im Gefängnis zu besuchen.
Jesus Santrich ist mit dem Friedensprozess in Kolumbien zutiefst verbunden. Bereits unter dem früheren Präsident Pastrana hat er vergeblich versucht, Friedensgespräche in Gang zu setzen. Mit jahrelangen zähen Bemühungen in Havanna trug er entscheidend zu deren Erfolg bei. Nun hätte er einen Parlamentssitz im Kongress einnehmen sollen. Auch seine finanzielle Situation wäre dadurch gesichert. Er wusste, dass jede seiner Handlungen als politische Botschaft wirkt und auf die FARC-Partei zurückfällt. Warum sollte er das alles aufs Spiel setzen?
Hier zeichnet sich eine gefährliche Perspektive für die FARC-Leute ab. US-Gerichte können solche und ähnliche Anklagen in Zusammenarbeit mit der kolumbianischen Justiz erheben, um die Spitzen der früheren Guerilla und der heutigen FARC-Partei politisch und physisch auszuschalten. Damit wird dem Friedensprozess ein weiterer schwerer Schlag versetzt.
Präsident Santos hat bisher nur einen kleinen Bruchteil der Vereinbarungen umgesetzt. Die paramilitärischen Organisationen beherrschen heute den gesamten Kokainhandel Kolumbiens, den größten der Welt. Sie kontrollieren nach der Entwaffnung der FARC-Guerilla mehrere Departments Kolumbiens und wurden von Polizei und Militär nie systematisch bekämpft.
Die für die Umsetzung der Friedensvereinbarung bestimmten Millionenhilfen aus der EU werden über den Staatshaushalt in große Rüstungskäufe umgeleitet, anstatt sie ihrer Bestimmung zuzuführen. Bislang gab es aus Brüssel keine Proteste gegen diese Praxis.
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