Unter Präsident Milei: Argentinien auf dem Weg zu einer NATO-Plattform
Von Maria Müller
Das ist kein Spaß. Argentiniens Präsident Javier Milei erklärte bei seinem Amtsantritt, dass seine strategischen Partner nunmehr die Vereinigten Staaten und Israel seien. Kein Zufall, dass er die Botschaft Argentiniens nach Jerusalem verlegen will, oder dass er kurz nach Amtsantritt zwei Hubschrauber an die Ukraine verschenkte. Seit dem Besuch von US-Generalin Laura Richardson am 5. April wird es Ernst: In eiligen Schritten verwandelt man Argentinien in eine NATO-Plattform in Südamerika.
In diesen Tagen bereiste der Verteidigungsminister Luis Petri Europa. Zuerst Kopenhagen, dann Brüssel. In Dänemark unterzeichnete er am 14. April einen Vertrag über den Kauf von 24 veralteten F-16 Bombern aus dänischen Beständen, in Brüssel geht es in einer "geheimen Sitzung" im NATO-Hauptquartier um die Sonder-Mitgliedschaft Argentiniens als "Globaler Partner" der NATO.
Die Besuche aus Washington waren noch nie so häufig wie heutzutage. Eine Woche vor der Abreise des Verteidigungsministers Luis Petri nach Europa kam auch noch Kevin Sullivan vorbei, Berater von US-Präsident Biden und seines Amtes stellvertretender Staatssekretär für die westliche Hemisphäre.
USA wollen die Magellanstraße, eine geostrategische Schiffspassage
Es ging um künftige US-Investitionen in Argentinien, und die Front gegen China. Doch vor allem drehten sich die Gespräche um die Argumente Argentiniens für den Sonderbeitritt zur NATO als "Globaler Partner". Das Hauptargument, um die übrigen NATO-Regierungen von diesem Neuzugang zu überzeugen, ist die geplante gemeinsame Marinebasis an der geostrategisch wichtigen Magellanstraße, die den Atlantik mit dem Pazifik verbindet. Sie kann den Panama-Kanal ersetzen – vor allem unter militärischen Gesichtspunkten, wie in einem möglichen Krieg gegen China. Zudem könnte Argentinien auf diese Weise auch in die von den USA geführte Marinestreitmacht im Südatlantik integriert werden.
Kurz vor seiner Abreise betonte Minister Petri, dass diese Entscheidung auf einer "Anweisung" des Präsidenten Milei beruhe, mit dem Ziel, die Streitkräfte "mit der westlichen, demokratischen und freien Welt zu versöhnen". Petri versicherte zudem, dass sich die Verhandlungen zur Eingliederung Argentiniens als Partner des Atlantischen Bündnisses auf einem "fortgeschrittenen Niveau" befänden. Gegenüber der Presse erklärte er:
"Die Entscheidung, dem globalen Partnerprogramm der NATO beizutreten, bedeutet, die Verteidigungskapazitäten des Landes durch die Fähigkeit zu gemeinsamen Militäroperationen zu verbessern, an den internationalen Sicherheitsdiskussion teilzunehmen, die Militärdoktrin zu modernisieren, Zugang zu Ausrüstung und Informationen zu erhalten, um die verschiedenen Herausforderungen, mit denen die Verteidigung im 21. Jahrhundert konfrontiert ist, multilateral anzugehen."
Beitrittsgesuch hinter dem Rücken des Parlaments
Der argentinische Verteidigungsminister muss bei seinem Besuch im Hauptquertier in Brüssel zuerst eine Absichtserklärung mit dem Wunsch Argentiniens vorlegen, der Organisation als globaler Partner beizutreten. Allerdings besteht eine vorgeschaltete Etappe, die nun in aller Eile "nachgeschaltet" wird. Der erste Schritt in den Formalitäten sei ein Antrag auf den "Individual Action Plan" ( IPAP) der sich an Länder richtet, die sowohl den politischen Willen als auch die Fähigkeiten haben, ihre Beziehungen zur NATO auszubauen.
Seit 1998, unter den Regierungen von Carlos Menem und Bill Clinton, hat das südamerikanische Land den Status eines Extra-NATO-Partners der USA inne. An diesem bilateralen Abkommen zwischen Washington und Buenos Aires in Sicherheits- und Verteidigungsfragen beteiligen sich – zumindest formal - die übrigen Mitglieder der Allianz nicht. Auch Brasilien und Kolumbien besitzen diesen Status. Doch der Rang eines "Globalen Partners" bedeutet eine weitere Stufe im Verhältnis zur NATO.
Was bedeutet die "Globale Partnerschaft" mit der NATO?
Länder mit dem Status der "Globalen Partnerschaft" sind Irak, Pakistan, die Mongolei, Südkorea, Japan, Australien, Neuseeland und Kolumbien. Afghanistan war bis Mitte 2021 ebenfalls Partner.
Die globalen Partner entwickeln die Zusammenarbeit mit der NATO in Bereichen von beiderseitigem Interesse und beteiligen sich aktiv an NATO-Operationen. Die aktuelle NATO-Strategie (Konzept 2022) betont die Bedeutung der Annäherung an Länder und Organisationen weltweit. Die globalen Partner haben seitdem den gleichen Zugang zu allen NATO-Partnerschaftsaktivitäten wie die formalen Partnerschaftsländer. Die NATO will im Rahmen fokussierter Anstrengungen gemeinsam mit den globalen Partnern einen substanziellen Beitrag zur internationalen Sicherheit und Stabilität leisten.
Eine der Leitlinien der Milei-Regierung: Hilfe für die Ukraine
Bereits im Januar verschenkte Milei zwei Hubschrauber MI-17 sowjetischer Bauart an die Ukraine. Einer davon wurde kurz danach von der russischen Luftwaffe getroffen. Cristina Kirchner hatte sie 2011 zur Bekämpfung von Waldbränden von Russland erhalten.
Milei erklärte wiederholt, er würde Waffenlieferungen an die Ukraine erwägen. Doch welche Waffen, und mit welchem Geld? Denn gleichzeitig beteuert er, es sei kein Geld für Gehaltserhöhungen bei Beförderungen von Militärs vorhanden. Obgleich die über 600 Millionen Dollar für 24 F-16 Bomber irgendwie bezahlt werden können… vielleicht handelt es sich dabei um die versprochenen Waffenlieferungen? Die USA haben nach der Kauf-Vereinbarung den Rabatt von 45 Millionen zurückgenommen.
Laut dem Portal POLITICO erklärte Javier Milei am achten März vor der Presse dazu:
"Die beiden Regierungen stehen in Kontakt miteinander, unser Verteidigungsminister steht in Kontakt mit den ukrainischen Behörden. Wir werden ihnen bei allem helfen, was wir können."
Europatournee nach Italien, Spanien, Deutschland und in die Ukraine
Javier Milei bestätigte seinen Wunsch, die Ukraine bei seiner Europatournee im Juni zu besuchen. Die Präsidentin Italiens Giorgia Meloni habe ihn zur Teilnahme am G7-Gipfel vom 13. und 15. Juni eingeladen.
Darüber hinaus bestätigte er, dass "ein Forum zur Verteidigung der Ukraine in Lateinamerika abgehalten wird." Er erklärte:
"Wir bereiten eine Rundreise durch Europa vor. Wir wollen dabei auch die Ukraine besuchen. Wir müssen zum G7-Gipfel reisen, ich danke Präsidentin (Giorgia) Meloni für die Einladung, ich muss auch nach Madrid, um den Juan de Mariana-Preis entgegenzunehmen, dann nach Deutschland, um die Ehrenmedaille zu empfangen."
Bei dieser Gelegenheit werde er ein Treffen mit dem deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz und seinem französischen Amtskollegen Emmanuel Macron arrangieren. Man sieht: das Polit-Theater läuft ganz nach Plan, "eins zu null" für Biden kurz vor den Wahlen.
Die argentinische Verfassung erfordert die Zustimmung des Kongresses
Der Kongress Argentiniens hat weitgehende Befugnisse bei Entscheidungen militärischer Art, mit Ausnahme von Waffenkäufen oder -verkäufen. Bisher hat Milei seine NATO- und Ukrainepläne nicht im Parlament zur Debatte gestellt, denn dort verfügt er nur über eine Minderheit und es ist abzuwarten, wie die Parlamentsmitglieder damit umgehen werden.
Allerdings bedeutet schon alleine das Beantragen einer "Globalen Partnerschaft" mit der NATO am Parlament vorbei ein regelrechtes Aushebeln der Demokratie unter direkter Beteiligung der USA. Mehr noch: Wie kann die NATO ein solches Ersuchen entgegennehmen, ohne dass die rechtsstaatlichen Prinzipen – als legale Voraussetzung – dabei respektiert wurden? Ohne Zweifel handelt es sich um einen der bekannten Tricks aus der Mottenkiste der US-Aussenpolitik… er heißt:
"Beeinflussung der öffentlichen Meinung und der Volksvertretungen durch bereits geschaffene, übermächtige Tatsachen."
Regelbasierte Ordnung mal wieder ohne Regeln
Wenn die Mehrheit der NATO-Staaten keine Probleme mit nationalen Gesetzen und dem souveränen Rechtsstaat anderer Länder hat – warum sollten sich argentinische Volksvertreter damit schwertun? Andererseits werden auch die NATO-Mitgliedsstaaten manipuliert. Denn der Widerstand im argentinischen Parlament wäre an die Öffentlichkeit gedrungen, ihre Zustimmung zu dem Beitrittsverfahren würde schlecht aussehn.
Vielleicht gibt uns der CIA-Chef William Burns darauf eine Antwort, als einer der zahlreichen Besucher aus den Reihen der US-Administration in Argentinien. Am 21. März kam Herr Burns an, mit einem schon traditionellen Konzept für die innere Repression im Koffer. Bei seinen Gesprächen forderte er geradezu, dass erneut Militärs zusammen mit der Polizei den Widerstand auf den Straßen bekämpfen sollten. Dazu gehören auch die Mapuche-Indigenen, die um ihr eigenes Land kämpfen.
Militärgewalt im Innern, zusammen mit der Polizei
Seitdem wirbt Verteidigungsminister Luis Petri für die Rückkehr zur Militärgewalt im Innern, so wie während der Diktatur im Argentinien der 1970er Jahre. Vor der Presse verkündete er die Neuheit bereits einen Tag nach Burns' Besuch. Er zog eine Parallele zwischen den Verbrechen in den 1970er Jahren und den Aufgaben, die sie heute erledigen müssten – falls der Kongress der Reform zustimme.
Das magische Stichwort heißt dabei wie immer: "Kampf gegen den Terrorismus", obgleich es in Argentinen bisher nirgendwo dergleichen gegeben hat.
Mit der von Petri vorangetriebenen Reform wird es den Streitkräften ermöglicht, Patrouillen durchzuführen, Personen und Fahrzeuge zu überprüfen, Einrichtungen zu kontrollieren und Verhaftungen auf frischer Tat durchzuführen. Petri im Originalton:
"Ihre Handlungen werden nicht strafbar sein, weil sie als dienstliche Pflichterfüllung gelten."
So beantwortete der Verteidigungsminister die Fragen nach der Verantwortlichkeit von Militärs. Denn gegenwärtig wurden 1.200 militärische Täter wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit in 300 Prozessen in Argentinien verurteilt, schreibt BBC in einem aktualisierten Bericht vom 24. März 2024.
Mehr zum Thema – Trump deutet bei Treffen mit Milei seinen MAGA-Wahlspruch um: "Machen Sie Argentinien wieder groß!"
Quellen:
https://www.pagina12.com.ar/723132-luis-petri-quiere-a-los-militares-actuando-en-seguridad-inte
https://actualidad.rt.com/actualidad/505474-milei-argentina-socio-global-otan
https://crp-infotec.de/nato-partnerschaften-und-kooperation/
https://www.tiemposur.com.ar/politica/arribo-nuevo-enviado-de-biden-a-la-argentina
https://www.pagina12.com.ar/722778-reunion-de-control
Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.