Lateinamerika

"Putsch ins Nirgendwo" – Weltweites Entsetzen über Vorfälle in Brasilien

Eine Woche nach dem Ende der Amtszeit des früheren brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro haben Anhänger des Ex-Militärs das Regierungsviertel in der Hauptstadt Brasília gestürmt. Die Reaktionen aus aller Welt fallen einhellig aus.
"Putsch ins Nirgendwo" – Weltweites Entsetzen über Vorfälle in BrasilienQuelle: AFP © Evaristo Sa

Am Sonntag stürmten Anhänger des früheren brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro das Regierungsviertel in der Hauptstadt Brasília.

Die Demonstranten drangen dabei in den Kongress, den Obersten Gerichtshof und den Regierungssitz Palácio do Planalto ein.

Medienberichten zufolge brachten Sicherheitskräfte die Gebäude nach mehreren Stunden wieder unter Kontrolle. Rund 200 Verdächtige wurden festgenommen.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat die Angriffe auf das Regierungsviertel in Brasília scharf verurteilt. Sie schrieb am Montagmorgen auf Twitter:

"Was in #Brasilia passierte, war ein feiger und gewalttätiger Angriff auf die Demokratie."

Deutschlands ganze Solidarität gelte dem brasilianischen Volk, seinen demokratischen Institutionen sowie dem aktuellen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nannte die Randale von Anhängern des Ex-Präsidenten Bolsonaro einen "Angriff auf die Demokratie".

Sie schrieb am Montag auf Twitter, ihre ganze Unterstützung gelte dem neuen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva, der frei und fair gewählt worden sei. Fast wortgleich äußerte sich EU-Ratschef Charles Michel.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell erklärte am Sonntagabend:

"Die EU verurteilt die antidemokratischen Akte der Gewalt, die am Sonntag, den 8. Januar, im Herzen des Regierungsviertels von Brasília stattgefunden haben."

Die EU sage Präsident Lula erneut ihre volle Unterstützung zu und gebe ihre Solidarität mit den demokratischen Institutionen zum Ausdruck, die bei diesem Angriff zum Ziel geworden seien. "Die brasilianische Demokratie wird über Gewalt und Extremismus siegen", hieß es weiter.

"Was in Brasilien passiert, kann uns nicht gleichgültig lassen"

Die politischen Führungskräfte Brasiliens, allen voran Ex-Präsident Bolsonaro, müssten "verantwortlich handeln und ihre Anhänger auffordern, nach Hause zu gehen", mahnte der EU-Außenbeauftragte. Der richtige Ort zur Lösung politischer Differenzen seien die demokratischen Institutionen Brasiliens und nicht die Gewalt in den Straßen.

Auch Staats- und Regierungschefs mehrerer EU-Länder stellten sich hinter Lula. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron twitterte am Abend auf Portugiesisch:

"Der Wille des brasilianischen Volkes und der demokratischen Institutionen muss respektiert werden!"

Lula könne auf die bedingungslose Unterstützung Frankreichs zählen. Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez forderte auf Twitter "eine sofortige Rückkehr zur demokratischen Normalität" in Brasilien. Auch die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni bekundete per Tweet Italiens "Solidarität mit den brasilianischen Institutionen" und betonte: "Was in Brasilien passiert, kann uns nicht gleichgültig lassen."

Russland: Ein "Putsch ins Nirgendwo"

Der stellvertretende Sprecher des russischen Föderationsrates Konstantin Kosatschew erklärte, die Präsidentschaftswahlen in Brasilien seien von der Weltgemeinschaft anerkannt worden, und die Unruhen im Land seien ein "Putsch ins Nirgendwo".

Er wünschte Brasilien die Wiederherstellung von Recht und Ordnung und dem designierten Präsidenten Lula "Vertrauen in ihre Richtigkeit und Konsequenz in ihrem Handeln".

Die Polizei hatte Pfefferspray, Tränengas und Blendgranaten gegen die Gewalttäter eingesetzt, konnte aber erst nach mehreren Stunden die besetzten Gebäude wieder unter Kontrolle bringen. Dutzende Verdächtige wurden festgenommen.

Auch außerhalb Europas verurteilten Staatschefs weltweit die Vorkommnisse in Brasilien. Hier eine Auswahl der Stimmen:

UN-Generalsekretär António Guterres:

"Ich verurteile den heutigen Angriff auf die demokratischen Institutionen Brasiliens. Der Wille des brasilianischen Volkes und die Institutionen des Landes müssen respektiert werden. Ich bin zuversichtlich, dass dies der Fall sein wird. Brasilien ist ein großes demokratisches Land."

US-Präsident Joe Biden:

"Ich verurteile den Angriff auf die Demokratie und auf die friedliche Machtübergabe in Brasilien. Die demokratischen Institutionen Brasiliens haben unsere volle Unterstützung, und der Wille des brasilianischen Volkes darf nicht untergraben werden. Ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit mit @LulaOficial."

Der mexikanische Präsident Andrés Manuel López Obrador:

"Der Putschversuch der brasilianischen Konservativen, der von der Führung der Oligarchen, ihren Wortführern und Fanatikern vorangetrieben wird, ist verwerflich und undemokratisch. Lula ist nicht allein, er hat die Unterstützung der fortschrittlichen Kräfte seines Landes, Mexikos, des amerikanischen Kontinents und der Welt."

Der Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten, Luis Almagro:

"Wir verurteilen den Angriff auf die Institutionen in Brasília, der eine verwerfliche Aktion und einen direkten Angriff auf die Demokratie darstellt. Diese Aktionen sind unentschuldbar und faschistisch."

Der chilenische Präsident Gabriel Boric:

"Die brasilianische Regierung hat unsere volle Unterstützung angesichts dieses feigen und abscheulichen Angriffs auf die Demokratie."

Der kolumbianische Präsident Gustavo Petro:

"Meine ganze Solidarität an @LulaOficial und das Volk von Brasilien. Der Faschismus hat beschlossen, einen Putsch zu inszenieren. ... Die OAS (Organisation Amerikanischer Staaten) muss sich dringend treffen, wenn sie als Institution weiterleben will."

Der argentinische Präsident Alberto Fernández:

"Ich möchte meine Ablehnung dessen zum Ausdruck bringen, was in Brasília geschieht. Meine und die bedingungslose Unterstützung des argentinischen Volkes für @LulaOficial angesichts des versuchten Staatsstreichs, dem er ausgesetzt ist."

Der venezolanische Präsident Nicolás Maduro:

"Wir lehnen die Gewalt, die von Bolsonaros neofaschistischen Gruppen ausgeht, die die demokratischen Institutionen Brasiliens angegriffen haben, kategorisch ab. Unsere Unterstützung für @LulaOficial und das brasilianische Volk, das sich sicherlich zur Verteidigung des Friedens und seines Präsidenten mobilisieren wird."

Der kubanische Präsident Miguel Díaz-Canel:

"Wir verurteilen energisch die gewalttätigen und undemokratischen Handlungen in Brasilien, die darauf abzielen, Chaos zu stiften und den Willen des Volkes zu missachten, der zur Wahl von Präsident Lula geführt hat."

Indiens Premierminister Narendra Modi:

"Sehr besorgt über die Nachrichten von Unruhen und Vandalismus gegen staatliche Institutionen in Brasília ... Demokratische Traditionen müssen von allen respektiert werden."

Bolsonaro distanziert sich

Bolsonaro hat den Angriff seiner Anhänger auf das Regierungsviertel in der Hauptstadt Brasília verurteilt. Er schrieb am Sonntag auf Twitter:

"Friedliche Demonstrationen sind Teil der Demokratie. Plünderungen und Überfälle auf öffentliche Gebäude, wie sie heute stattgefunden haben, fallen jedoch nicht darunter."

Und weiter:

"Während meiner gesamten Amtszeit habe ich mich stets an die Verfassung gehalten und die Gesetze, die Demokratie, die Transparenz und unsere heilige Freiheit geachtet und verteidigt."

Der neue Präsident Luiz Inácio Lula da Silva hatte erst vor einer Woche sein Amt angetreten. Er warf Bolsonaro vor, seine Anhänger aufgestachelt zu haben. Lula sagte:

"Sie nutzten die sonntägliche Stille, als wir noch dabei waren, die Regierung zu bilden, um zu tun, was sie taten. Es gibt mehrere Reden des ehemaligen Präsidenten, in denen er dies befürwortet. Dies liegt auch in seiner Verantwortung und in der Verantwortung der Parteien, die ihn unterstützt haben."

Bolsonaro verbat sich die Anschuldigungen. "Ich weise die Vorwürfe zurück, die der derzeitige Chef der brasilianischen Regierung ohne Beweise erhebt", schrieb er. Der Ex-Militär hatte mit seiner Familie Brasilien bereits zwei Tage vor dem Ende seiner Amtszeit verlassen und war in die USA gereist.

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