Der Rücktritt des brasilianischen Verteidigungsministers Fernando Azevedo e Silva und des Chefdiplomaten Ernesto Araújo wurde am Montagabend bekannt gegeben. Letzterer wurde kürzlich von den Vertretern der beiden Kammern des brasilianischen Nationalkongresses dafür scharf kritisiert, dass er gescheitert sei, den nötigen Impfstoffbestand für die mehr als 200 Millionen Einwohner Brasiliens zu sichern. Man warf ihm vor, durch sein Verhalten Brasilien auf der internationalen Bühne isoliert und das Land in eine schlechte Position gebracht zu haben, um Impfstoffe zu erwerben. So überwarf sich Araújo mit wichtigen Handelspartnern wie China – das Land, von dem Brasilien Arzneistoff für die Produktion von Corona-Impfstoff importiert.
In einem offenen Brief beschuldigten mehr als 300 Diplomaten des Landes Araújo am Samstag, dem internationalen Image Brasiliens einen "schweren Schaden" zugefügt zu haben. Zudem geriet der brasilianische Außenminister in der Vergangenheit wegen seiner Allianz mit der Regierung des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump verstärkt in die Kritik. Nach Ansicht von Kritikern ging diese nicht immer mit den gewünschten Zugeständnissen an Brasilien einher, während Brasilien in internationalen Institutionen, etwa der UNO, mit historischen Positionen brach.
Vor rund einer Woche war Bolsonaro selbst verstärkt unter Druck geraten, nachdem Brasilien erstmals mehr als 3.000 testpositive Corona-Sterbefälle innerhalb von 24 Stunden registrierte und die Marke von insgesamt 300.000 Todesfälle im Zusammenhang mit COVID-19 überschritt. Der Präsident der Abgeordnetenkammer, Arthur Lira, verschärfte den Ton – auch mit Blick auf ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten.
Mit den weltweit zweitmeisten Infektionsfällen nach den USA – mehr als 12,5 Millionen positiv Getestete – ist Brasilien beim Kampf gegen die Corona-Pandemie überfordert. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Associated Press entfällt mittlerweile jeder vierte Sterbefall im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion auf Brasilien. In den vergangenen Wochen verzeichnete das Land einen erneuten Anstieg von Infektionszahlen, doch Experten meinen, dass das Schlimmste noch bevorstehen könnte.
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