Der neue US-Präsident Joe Biden wird keinen Dialog mit der venezolanischen Regierung suchen. Dies betonte der Sprecher des US-Außenministeriums Ned Price bei einer Pressekonferenz. Jeder "direkte Kontakt" mit dem venezolanischen Präsidenten Niolás Maduro sei ausgeschlossen, die US-Regierung betrachte ihn als "Diktator".
Das Lateinamerika-Portal Amerika21 berichtet, dass Venezuelas Regierung ihrerseits schon nach dem Wahlsieg Bidens im November ihre Bereitschaft signalisiert habe, sich an einem Dialog "auf der Grundlage von Respekt und Zusammenarbeit" zu beteiligen und mit der neuen US-Regierung zu Vereinbarungen zu kommen.
Der Sprecher des US-Außenministeriums Price hingegen machte deutlich:
"Das vorrangige Ziel der Biden-Harris-Administration ist es, einen friedlichen, demokratischen Übergang in Venezuela durch freie und faire Präsidentschafts- und Parlamentswahlen zu unterstützen."
Price umriss damit erstmals die außenpolitische Haltung der Biden-Administration gegenüber Venezuela und bekräftigte Washingtons Unterstützung für den Oppositionspolitiker und selbst ernannten Interimspräsidenten Juan Guaidó:
"Die USA erkennen weiterhin die Nationalversammlung von 2015 als die letzte verbliebene demokratische Institution in Venezuela an und im Einklang damit die von der Nationalversammlung gewählte Person [...] als Interimspräsidenten von Venezuela."
Auf Guaidós schwindende internationale Unterstützung angesprochen und darauf, ob die Regierung Biden ihn wirklich für die geeignetste Person halte, um die Opposition des Landes anzuführen, wich Price aus und erklärte, die USA arbeiteten mit "Partnern und Verbündeten" wie der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) und der Lima-Gruppe zusammen.
Die Europäische Union hatte im Januar ihre Position zu Guaidó revidiert und erkennt ihn nicht mehr als "Übergangspräsidenten" an.
Die Äußerungen von Price zeigen auf, dass US-Präsident Biden nicht wesentlich von der Politik seines Vorgängers Donald Trump gegenüber Venezuela abweichen wird. Derzeit ist noch nicht klar, ob seine Regierung die von Trump verhängten, weitreichenden Sanktionen gegen die venezolanische Wirtschaft – vor allem gegen die Erdölindustrie – unverändert beibehalten wird. Laut dem Nachrichtenportal Venezuelaanalysis drängt vor allem der US-Ölkonzern Chevron darauf, das Embargo venezolanischen Erdöls aufzuheben, um den Handel mit dem staatlichen Erdöl-Unternehmen PDSVA wieder aufnehmen zu können.
Anfang Februar hatte das US-Finanzministerium eine Lizenz ausgestellt, die die gegen Venezuela verhängten Sanktionen für die meisten Transaktionen aufhebt, die für den Betrieb der Häfen und Flughäfen des Landes erforderlich sind. Dieser Schritt wurde von manchen Beobachtern als Anzeichen dafür gewertet, dass die Biden-Administration die Sanktionen lockern werde. Price äußerte jedoch keine Absicht der USA, die einseitigen Strafmaßnahmen zurückzunehmen. Er erklärte, sie würden weiterhin "Funktionäre und Kumpane des Regimes ins Visier nehmen, die in Korruption und Menschenrechtsverletzungen verwickelt sind".
Die US-Sanktionen gegen Venezuela haben verheerende Auswirkungen auf die Wirtschaft des Landes. Jüngst meldete der US-Rechnungshof (U.S. Government Accountability Office), dass die US-Sanktionen den Tod von zehntausenden Venezolanern verursacht haben könnte. Bereits 2019 kam eine Studie des Center for Economic and Policy Research zu dem Ergebnis, US-Sanktionen könnten im Zeitraum von 2017 bis 2018 den Tod von etwa 40.000 Menschen in Venezuela verursacht haben.
Die venezolanische Regierung unter Präsident Maduro hat deswegen eine Klage beim Internationalen Strafgerichtshof eingereicht und argumentiert, dass die US-Blockade ein "Verbrechen gegen die Menschheit" darstellt.
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