Kairo wendet sich Tripolis zu, um türkischem Einfluss Einhalt zu gebieten
Erstmals seit 2014 ist eine hochrangige Delegation aus Ägypten in die Hauptstadt des benachbarten Bürgerkriegslandes Libyen gereist. Zum ersten Mal traf Ägypten auch offiziell die Vertreter der Regierung der Nationalen Übereinkunft. Bisher standen sich beide Seiten eher feindlich gegenüber, denn Ägypten unterstützt den "abtrünnigen" General Chalifa Haftar, der auf der Seite des aus Tripolis in den Osten Libyens vertriebenen gewählten Parlaments steht. Die von den Vereinten Nationen anerkannte Regierung in Tripolis im Westen Libyens wird vordergründig von der Türkei unterstützt.
An den Treffen in Tripolis nahmen am Sonntag unter anderem Libyens Innenminister Fathi Baschagha, der den Muslimbrüdern nahesteht und dennoch im letzten November Ägypten besucht hatte, und der Geheimdienstchef Imad al-Trabulsi teil, wie das libysche Innenministerium mitteilte. Medienberichten zufolge reisten aus Ägypten ranghohe Vertreter aus dem Präsidialamt, dem Außenministerium und vom Geheimdienst an.
In Libyen ringen die Regierung von Ministerpräsident Fayiz as-Sarradsch mit Sitz in Tripolis und eine Gegenregierung im Osten des Landes um die Macht. Die Sarradsch-Regierung wird von der Türkei unterstützt, dagegen stehen Ägypten, Russland und die Vereinigten Arabischen Emirate hinter Haftar und dessen Verbündeten. Haftar hat nach seiner gescheiterten Offensive auf Tripolis aber an Einfluss verloren. Mit türkischer Hilfe wurde die Einnahme von Tripolis durch Haftar verhindert. Die Libysche Nationalarmee (LNA) wurde nach Sirte vertrieben.
Bei dem Treffen am Sonntag ging es nach Angaben aus Tripolis um Sicherheitsfragen und eine Stärkung der Zusammenarbeit. Die Teilnehmer hätten auch über die Einhaltung der im Oktober in Genf vereinbarten Waffenruhe gesprochen und den laufenden Dialog unter UN-Vermittlung zur Lösung des jahrelangen Konflikts. Die ägyptische Seite veröffentlichte keine Details zu dem Besuch.
Der Entschluss Ägyptens, sich dem Westen Libyens und gegenüber der Regierung der Nationalen Übereinkunft stärker zu öffnen, hängt auch mit dem wachsenden türkischen Einfluss in Libyen zusammen.
Erst am Tag zuvor hatte der türkische Verteidigungsminister Hulusi Akar die Truppen seines Landes in Libyen besucht und dabei scharfe Worte an Haftar gerichtet. Der "Kriegsverbrecher und Mörder" und seine Unterstützer seien im Fall eines versuchten Angriffs auf türkische Truppen ein legitimes Ziel, drohte Akar nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu. Einige Tage zuvor hatte das türkische Parlament ein Mandat zum Einsatz in Libyen um 18 Monate verlängert.
Nach der Vertreibung der LNA nach Sirte scheint auch Uneinigkeit zwischen den Regierungsmitgliedern in Tripolis zu bestehen. Diejenigen, die eine Beilegung der Streitigkeiten und eine Aussöhnung zwischen dem Westen und dem Osten Libyens und damit auch ein Ende des militärischen Einflusses der Türkei wollen, stehen denen gegenüber, die den Krieg bis zur Einnahme Sirtes und der Ölhäfen fortführen wollen.
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