Wirtschaft

Banken: Die eigentliche Macht in der EU

Was der Ökonom Hans-Werner Sinn kürzlich in einem Kommentar andeutete, wirft ein bezeichnendes Licht auf den Zustand der vermeintlich so vorbildlichen "Demokratie" in der EU. Banken sollen 2010 die Absetzung von Berlusconi und Papandreou durchgesetzt haben.
Banken: Die eigentliche Macht in der EU

Heute, drei Jahre nach Verabschiedung des großen Euro-Rettungspakets ist Griechenland das Armenhaus Europas, mit insgesamt 2,5 Millionen Einwohnern unterhalb der offiziellen Armutsgrenze und weiteren 3,8 Millionen, die von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht sind. Insgesamt befinden sich damit fast 60 Prozent der Bevölkerung am unteren Ende der sozialen Skala – während es vor drei Jahren "erst" 34,6 Prozent waren.

Diese Entwicklung hatten nicht nur Eurokritiker in Deutschland, sondern auch die politischen Entscheidungsträger in Griechenland damals erahnt – und entsprechend wollte der damalige griechische Ministerpräsident Georgios Papandreou lieber erst das Volk befragen, ob ihm dieser Preis für den Verbleib Griechenlands in der Eurozone angemessen erscheint.

Ähnliche Überlegungen gab es in Italien unter dem damaligen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi. Er hatte ebenfalls über eine Abwertung oder einen Euro-Austritt nachgedacht.

"Dazu hatte er im Herbst 2011 bereits Sondierungsgespräche mit anderen Regierungen des Euro-Raums geführt", schrieb Sinn im Handelsblatt. "Er hatte sich mit dem griechischen Ministerpräsidenten Papandreou abgesprochen, der sein Volk mit einem Referendum faktisch vor die Wahl zwischen einem Austritt und einer harten Austeritätspolitik stellen wollte."

Wie auch Papandreou. Und wenig später waren beide nicht mehr im Amt. Der griechische Finanzminister Venizelos verkündete, nach einem Gespräch mit EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso  im November 2011, hinter dem Rücken des im Flugzeug schlafenden Regierungschefs,  die Absage des geplanten Referendums. Berlusconi trat zurück und begründete diesen Schritt mit den Worten: "Übergeordnete politische Interessen, aber auch das Interesse des Bankensystems, standen dem Austritt entgegen."

Sowohl in Griechenland als auch in Italien regierten anschließend "Expertenkabinette", deren primäre Aufgabe es war, die erforderlichen Weichenstellungen zu veranlassen, damit die Bankenrettung und der mit dem Euro-Rettungsschirm verbundene Umverteilungsmechanismus in Kraft gesetzt werden konnten. Auch die USA sollen vor Ort vertreten gewesen sein, als Berlusconi in Cannes unter Druck gesetzt wurde. Dies war auch von einer Aktion der Bank von Italien unterstützt worden, die kurzfristig ihr Anleiheportfolio zu Lasten italienischer Titel umgeschichtet hatte, um die Anleihe-Renditen für italienische Staatsanleihen kurzfristig auf mehr als sieben Prozent zu schrauben.

Auch angesichts der drohenden Pleite großer irischer Banken im Jahre 2010 sollen unverhüllte Drohungen und zweifelhafte Transaktionen im Spiel gewesen sein, um die Regierung zur Akzeptanz eines Rettungskredites zu bewegen. Wie es aussieht, gibt es in der EU eine fünfte Gewalt, nämlich die der Banken. Und im Zweifel sticht diese alle anderen aus.

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