Neue Studie: Reiche in Deutschland werden immer reicher  

Eine neue Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung kommt zu dem Ergebnis, dass sowohl die Armut wie auch der private Reichtum in Deutschland über die vergangenen zwei Jahrzehnte deutlich zugenommen haben.
Neue Studie: Reiche in Deutschland werden immer reicher  Quelle: Reuters © Denis Balibouse

Der Anteil der Personen, die als reich gelten, liegt heute um ein gutes Drittel höher als Anfang der 1990er Jahre. 1991 galten 5,6 Prozent aller Menschen in Deutschland wegen ihres verfügbaren Haushaltseinkommens als reich oder sehr reich. Zwanzig Jahre später lag diese Zahl bereits bei 8,1 Prozent. Dabei haben vor allem die Einkommen der sehr Reichen stärker zugelegt als im Durchschnitt der Gesellschaft.

"Die sehr Reichen setzen sich vom Rest der Bevölkerung regelrecht ab", schreibt die WSI-Verteilungsexpertin Dr. Dorothee Spannagel von der Universität Oldenburg.

Die Untersuchung basiert auf Daten aus dem sozio-ökonomischen Panel (SOEP), einer jährlichen Befragung in mehreren tausend Haushalten. Reich ist nach gängiger wissenschaftlicher Definition, wer in einem Haushalt lebt, der das Doppelte und mehr des mittleren verfügbaren Jahreseinkommens hat. Dieses beträgt rund 18.000 Euro pro Person. Für Alleinstehende gilt demnach: Eine Person, die netto, nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben und nach Anrechnung von staatlichen oder privaten Transfers, mindestens 36.000 Euro im Jahr als verfügbares Einkommen hat, gehört zur Gruppe der Reichen.

Als sehr reich wird bezeichnet, wer mindestens dreimal so viel wie üblich hat. Die Untergrenze für einen Alleinstehenden liegt hier folglich bei knapp 54.000 Euro. In Mehrpersonenhaushalten werden die Grenzen nach Erwachsenen und Kindern gewichtet und sind entsprechend höher.

Gemessen an den Einkommen von Konzernvorständen, Investmentbankern oder Spitzensportlern scheint die Schwelle recht niedrig gezogen zu sein. Tatsächlich gebe es ein Problem bei der wissenschaftlichen Erfassung von Millionären und Milliardären, so WSI-Forscherin Spannagel:

"Superreiche sind relativ selten und auf Diskretion bedacht, deshalb sind sie bei allen Befragungen unterrepräsentiert. Doch von einer gehobenen Lebenslage, mit der zahlreiche privilegierte Lebensbedingungen verbunden sind, lasse sich durchaus schon bei Personen sprechen, die jeden Monat mindestens doppelt so viel ausgeben können wie der Durchschnitt", betont die Wissenschaftlerin.

"Unsere Studie analysiert gewissermaßen den unteren Bereich des Reichtums in Deutschland. Darüber erfährt man schon eine Menge. Und die Ergebnisse legen nahe, dass die Superreichen sich noch deutlich stärker und schneller von der Mitte der Gesellschaft entfernen als die Personen, die in der Studie untersucht wurden."

Die Gruppe der Superreiche ist zwar sehr klein, doch ist sie im Verhältnis besonders stark gewachsen – von 0,9 Prozent aller Personen 1991 auf 1,9 Prozent im Jahr 2011. Gleichzeitig haben die sehr Reichen ihre mittleren Einkommen in diesem Zeitraum auch besonders deutlich steigern können: Preisbereinigt um über 20 Prozent.

Zum Vergleich, das mittlere Einkommen der Menschen unterhalb der Reichtumsgrenze stieg lediglich um vier Prozent.

Bei den sehr Reichen stammten mittlerweile rund 24 Prozent des Einkommens aus Vermögen, bei den Reichen waren es noch 12 Prozent. Bei Menschen mit mittleren Einkommen machen die Vermögenserträge dagegen nur acht und bei ärmeren lediglich vier Prozent aus.

Auffallend ist auch das anhaltende Ost-West Gefälle in der Reichtumsverteilung. Laut der Studie des WSI gibt es im Westen der Republik dreimal so viele Reiche wie im Osten. Im Westen gelten 9,4 Prozent der Bevölkerung als reich. In Ostdeutschland gehören im Vergleich lediglich 3,1 Prozent zu den Reichen.

Die Autoren der Studie kommen zu dem Schluss, dass die zunehmende Konzentration der Einkommen und Vermögen am oberen Ende der Hierarchie die Ungleichheit in Deutschland massiv vergrößert.

Dieser Prozess werde durch Erbschaften über Generationen hinweg reproduziert und verstärkt. Da Reiche und sehr Reiche nur einen relativ kleinen Teil ihrer Einkommen und Vermögen ausgeben, bremse die wachsende Ungleichheit auch das Wirtschaftswachstum. "Dies wird selbst vom Internationalen Währungsfonds wahrgenommen", betonen die Forscher. Gleichzeitig, warnen sie davor, dass die wachsende Polarisierung "den sozialen Frieden und die soziale Kohäsion" in der bundesdeutschen Gesellschaft nachhaltig gefährdet.

Der alte Büchner hat in seiner legendären Flugschrift den Weg vorgezeichnet: Friede den Hütten! Krieg den Palästen!

 

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