Libyen vor neuem Bürgerkrieg - mit internationaler Beteiligung
Außerdem bombardierten Kampfflugzeuge unbekannter Herkunft am Montag ein Munitionsdepot südlich der Hauptstadt Tripolis. Ziel der Angriffe soll der libyschen Nachrichtenseite Al-Wasat zufolge ein Militärstützpunkt nahe der Stadt Garian gewesen sein, rund 70 Kilometer von Tripolis entfernt. Unklar sei, wer hinter den Luftangriffen stecke. Die Region steht unter der Kontrolle der "Islamisten".
Bereits Ende August sollen sich Berichten der New York Times zufolge innerhalb von nur sieben Tagen gleich zwei Mal ägyptische Einheiten und solche der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) an Luftschlägen gegen islamistische Rebellen südlich von Tripolis beteiligt haben, die ihrerseits versuchen, die Kontrolle über die Hauptstadt zu erlangen.
Spätestens seit den Wahlen zum Allgemeinen Nationalkongress im Juli 2012 dominierte die Islamische Front das politische Geschehen. Dabei positionierte sich die Muslimbruderschaft als treibende Kraft hinter der neuen Regierung in Tripolis. Trotz US-amerikanischer Bomben gegen Gaddafi formierte sich auf diese Weise auf dem nordafrikanischen Kontinent eine ernstzunehmende Gegenbewegung für sämtliche Bündnispartner der USA, darunter Israel, Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten, die sich vor dem Hintergrund der Erfolge der Muslimbrüder in Libyen und in Ägypten nunmehr bedroht fühlten.
Obwohl die Bruderschaft in westlichen Kreisen als konservativ gilt, ist sie lange nicht mit den puritanisch-autoritären Ansichten der Saudis, einem der engsten Alliierten der USA im Nahen Osten, vergleichbar. Und doch müssen die Golf-Monarchien auf Grund des massiven Einflussgewinns der Gruppe, die zumindest demokratische Urnengänge befürwortet und den Salafismus als Doktrin ablehnt, um ihre exponierte Stellung, die sie den USA und ihren Erdölexporten nach Europa zu verdanken haben, in der Region fürchten.
Insbesondere Saudi-Arabien betrachtet die Muslimbrüder, an denen sich die "islamistischen" Rebellen orientieren, als Feinde, man bevorzugt es, salafistische Kräfte im Inneren still zu halten, indem man diesen im Ausland Förderung und Hilfe angedeihen lässt und ihnen so eine Spielwiese eröffnet. Deshalb unterstützte Riad auch die Junta in Ägypten, die bei ihrem Vorgehen gegen die Muslimbrüder auf die Rückendeckung durch die Salafisten vertrauen konnte.
Sowohl Ägypten als auch die Emirate bestritten jedwede Beteiligung an einem Militäreinsatz ab. Ägypten warnt allerdings davor, dass "Islamisten" die gesamte Region immer stärker bedrohen. Im Jahre 2011 hatten westliche Einheiten, allen voran Frankreich, Luftangriffe gegen Ziele in Libyen geflogen, um Rebellen die Absetzung des später ermordeten langjährigen Staatschefs Muammar al-Gaddafi zu ermöglichen. Seit diesem Zeitpunkt kämpfen Milizen aus mehreren politischen Lagern erbittert um die Macht. Sie weigern sich, ihre Waffen abzugeben und erkennen die staatlichen Autoritäten nicht an.
Im Land gibt es zwei rivalisierende Parlamente und Regierungen. Das abgewählte Parlament - in dem die Muslimbrüder das Sagen hatten – beansprucht die Legislativrechte weiterhin für sich. Aus Sicherheitsgründen muss das Parlament in der ostlibyschen Stadt Tobruk tagen.
Ägypten in Angst vor "islamistischer" Machtübernahme
Der abtrünnige General Haftar will nach eigenen Angaben jedes Schiff bombardieren lassen, das sich ohne Genehmigung dem Hafen von Bengasi nähert. Ausgenommen seien nur Öltanker. Der zum Warlord in eigener Sache mutierte Haftar hat vor einigen Monaten die "Operation Würde" ausgerufen und geht seither vor allem gegen "islamistische" Kräfte vor. Damit trifft er nicht zuletzt den Nerv Ägyptens, wo es im Vorjahr einen Militärputsch gegen den gewählten Präsidenten Mohammad Mursi gegeben hatte, welcher der mittlerweile von Kairo als Terrororganisation eingestuften "Muslimbruderschaft" angehört.
Bereits am Montag war Augenzeugen zufolge südlich der libyschen Hauptstadt Tripolis bei einem Luftangriff ein Munitionslager in die Luft gesprengt worden, als Kampfflugzeuge unbekannter Herkunft einen Militärstützpunkt nahe der Stadt Garian bombardiert hatten.
Auch andere staatliche Institutionen stecken in Libyen in der Krise. So hat am Sonntag das Parlament in Tobruk den Direktor der Zentralbank des nordafrikanischen Landes entlassen. Wie die offizielle Nachrichtenagentur Lana meldete, stimmten 94 von 102 Abgeordneten für den Rauswurf von Al-Sedik al-Kabir. Er sei nicht im Parlament erschienen, um zu angeblichen Unregelmäßigkeiten Auskunft zu geben. Sein Stellvertreter Ali al-Habri soll die Führung des Instituts nun übernehmen, hieß es.
Al-Kabir soll sich, so berichtet die dpa, nach der Parlamentswahl im Juni geweigert haben, der Volksvertretung das ihr zustehende Budget zukommen zu lassen. Offenbar betrachtet er wie die Muslimbrüder, die es beherrscht hatten, immer noch das abgewählte Parlament als legitim.
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