Wie der Iran und die Hisbollah-Miliz ihre Einflußspähre in Syrien ausbauen

Direkt an der Grenze zu Jordanien, wo mehr als 600.000 syrische Flüchtlinge in Städten wie Irbid und Zarqa oder im Camp Zaatari untergebracht sind, vollzieht sich eine allmähliche aber doch effektive Ausbreitung des militärischen Einflussbereiches des Iran sowie der libanesischen Hisbollah-Miliz.
Wie der Iran und die Hisbollah-Miliz ihre Einflußspähre in Syrien ausbauen

Im Laufe der letzten sechs Wochen haben vor allem Soldaten des Korps der Iranischen Revolutionsgarde und der Hisbollah eine wesentliche Rolle bei der seit langem erwarteten Offensive der syrischen Regierungstruppen in der südlichen Provinz Daraa gespielt.

Die südliche Provinz war zuvor die letzte Hochburg der so genannten "moderaten Opposition" – sofern man davon angesichts des Bündnisses zwischen Freier Syrischer Armee (FSA) und Al-Nusra tatsächlich sprechen kann.  Der "Islamische Staat" (IS) spielt dort noch keine Rolle und die Oppositionskräfte wurden vor allem via Amman von den Verbündeten auf internationaler Ebene mit Waffen versorgt. Eine der jüngsten Waffenlieferungen soll ihnen sogar ermöglicht haben, die zuvor von der syrischen Regierung und ihren Verbündeten gehaltene Stadt Bosra al-Sham zu erobern.

In der Gegend sind – was für den syrischen Bürgerkrieg nicht immer selbstverständlich war – die meisten Oppositionskämpfer tatsächlich aus der Gegend, während deren Gegner es oft nicht sind. Die Bodentruppen der syrischen Armee und der paramilitärischen Nationalen Verteidigungskräfte (NDF) verdanken dort ihre Schlagkraft vor allem den gut trainierten schiitischen Kämpfern, die vom Iran unterstützt werden und nicht selten auch von dort entsandt worden sind.

Die iranischen Milizen, so äußert sich der Sprecher der FSA-Südfront, Issam el-Rayyes, gegenüber "Foreign Policy", scheinen das Kampfgeschehen anzuführen. "Wir bringen ihnen viele Verluste bei, aber das stört sie nicht", erklärt der Sprecher. "Es ist klar, dass das nicht die syrische Armee ist. Diese Leute kämpfen für etwas, woran sie glauben."

Seiner Einschätzung nach verfüge die von den USA unterstützte Südfront in der Gegend über 2.500 Kampfsoldaten, die Regierung über 5.000. Nur einer von fünf Kämpfern der Gegenseite soll Syrer sein, die übrigen 4.000 schiitische Milizionäre aus dem Libanon, dem Irak, dem Iran, dem Jemen oder Afghanistan.

Der Iran wirbt um die ihm loyalen schiitischen Kämpfer vor allem mit dem Appell an die Pflicht zur Verteidigung der Sayyida Zainab Moschee in Damaskus, eines der heiligsten Schreine der Schiiten, vor sunnitischen Extremisten. "Wenn Ihr den Schrein nicht verteidigt, ist das das Ende der Schia", lautet die Parole.

Der Iran sieht zudem eine Notwendigkeit, die Rebellen zurückzudrängen, da diese von den USA, Jordanien und Israel unterstützt würden. Am 10. Februar begannen schiitische Milizen deshalb mit einer Offensive, die am 10. Februar begann, erst über die zuvor von den Rebellen gehaltenen Städte Deir al-Adas und Kafr Shams und dann westwärts in Richtung Quneitra. Nun versuchen die regierungsloyalen Kräfte, über die Westflanke der Provinz Daraa vorzustoßen bis zum Golan, wo bislang die israelische Armee und sunnitische Rebellen über ein Jahr lang in Stille koexistierten.

Die neue Frontlinie wurde nun und um die Stadt Kafr Nasij gezogen, 15 Meilen östlich der Golanhöhen. Es wird davon ausgegangen, dass die Regierungseinheiten in Richtung Mashara in der Provinz Quneitra vorrücken wollen und am Ende die auf dem Berggipfel gelegene Stadt Tal al-Hara erobern, um die Golangrenze zu kontrollieren und Versorgungslinien aus Jordanien abzuschneiden. Auch die von Damaskus und Teheran vermutete Versorgung der Rebellen aus Israel mit medizinischer Hilfe und militärischen Ratschlägen soll so unterbunden werden. Israel will offenbar eine Pufferzone am Golan schaffen, durch die die syrischen Regierungseinheiten in einem Respektabstand von der Grenze ferngehalten werden sollen. Exakt dies will das regierungstreue Bündnis nun verhindern.

Der israelische Angriff, durch den im Januar ein iranischer General und sechs Hisbollah-Kämpfer getötet wurden, hat die Entschlossenheit  der Pro-Assad-Allianz nur bestärkt.

Was die Bürgerkriegsparteien ebenfalls nun erleben, ist ein Rüstungswettlauf. Während die Südfront von den USA und einer Mannschaft aus westlichen und arabischen Militärberatern von Amman aus bewaffnet, finanziell unterstützt und trainiert wird, lässt sich auch der Iran die Förderung seiner Verbündeten im Süden Syriens viel kosten.

Dabei soll unter anderem eine Mannschaft von acht Hisbollah-Ausbildern nach Bosra al-Sham gekommen sein, um lokale schiitische Kämpfer zu trainieren, zu denen sich jüngst iranische und weitere ausländische Freiwillige gesellt hätten. Die Offensive soll von der lokalen Hisbollah-Niederlassung aus betrieben werden, es seien zahlreiche Waffen vorhanden und die Truppen würden stetig rotieren, wird ein lokaler Aktivisten von der Foreign Policy zitiert.

Insgesamt habe man es laut  Issam el-Rayyes mit einem vom Iran unterstützten schiitischen Projekt zu tun, das militärische, geopolitische und auch offen zutage tretende ideologische Elemente aufweist. Die Hisbollah hat einen großen Fußabdruck auf syrischem Boden hinterlassen, und es werden nun "Mini-Hisbollahs" aufgebaut werden. Milizen, die einer supranationalen Idee folgen, hätten weitgehend die Agenden der syrischen Armee übernommen heißt es auch von westlichen Analysten. Die syrische Armee würde bei weitem nicht über deren Schlagkraft und Motivation verfügen. Sogar der berühmte General der iranischen Revolutionsgarden und Kommandant der Al-Quds-Kräfte, Qassem Suleimani, soll den Einheiten an der Front in Syrien einen Besuch abgestattet haben, um die Moral der Truppe zu heben.

Die so genannten "moderaten Rebellen" befinden sich dadurch wieder einmal in der Defensive. Ihre Verluste sind in diesen Tagen größer geworden, das Halten von Stellungen schwieriger. Dass es dem Iran gelungen sei, den Krieg als Kampf zwischen Sunniten und Schiiten zu verkaufen, habe der Südfront geschadet, erklärt Sprecher Rayyes. "Für uns geht es um ausländische Kämpfer, nicht um sunnitisch oder schiitisch", so Rayyes. "Sie haben aber geschlossenen Rückhalt unter den Schiiten, wir hingegen nicht den unter den Sunniten."

 

 

Dieser Artikel erschien zuerst in modifizierter Form bei Eurasia-News.

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